Mit dem Ora Funky Cat kommt ein Stromer aus China mit Premiumanspruch auf den Markt. Günstig ist der Kleine aber nicht. Erste Fahreindrücke.
Chinesische Autohersteller drängen verstärkt nach Europa. So auch Great Wall Motor, ein Unternehmen, das gleiche mehrere Automarken unter seinem Dach vereint. Dazu zählt in Deutschland auch Ora. Mit dem Ora Funky Cat rollt jetzt ein elektrisch angetriebener Mini an, der vor allem für Europa entwickelt wurde und für den in erster Linie europäische Zulieferer im Einsatz sind. Schon jetzt gibt es 150 Händler in Deutschland. Die haben ein derzeit kaum zu schlagendes Verkaufsargument. Die Lieferzeit liegt bei nur vier bis sechs Wochen.
Zunächst noch einmal zurück zur Namensgebung. Denn Ora Funky Cat ist nicht von ungefähr gewählt. Schon die drei Buchstaben Ora sollen für O wie offen für Neues, R wie Reliable (auf deutsch zuverlässig) und A wie Alternative oder auch Anders stehen. Cat, also die Katze, gilt in China als Symbol für einen Begleiter. Und Funky, also abgefahren, flippig oder auch ungewöhnlich, steht für die Optik des 4,24 Meter langen, 1,83 Meter breiten und 1,60 Meter hohen Kleinwagens.
Im Gespräch mit dem Schatzi
Hier sind die Kulleraugen, die weichen Rundungen der Karosserie sowie die interessante – meist aufpreispflichtige – Farbpalette zu beachten. Doch das allein reicht Ora nicht. Der deutsche Importeur weist nachdrücklich auf den Premiumanspruch des Funky Cat hin. Und der zeigt sich bei den wertigen Materialien im Innenraum, vor allem aber bei den Möglichkeiten, die die Sprachbedienung bietet. Nach dem kurzen Aufruf „Hey, Ora“ antwortet das System zunächst mit „Ja, bitte“. Nach der Ansage, „Den Kofferraum bitte öffnen“, schwenkt tatsächlich die Heckklappe wie von Zauberhand nach oben. Das gibt es nicht einmal im Mercedes. Ja, sogar die Fenster fahren auf Zuruf hoch oder runter (es gibt natürlich auch Schalter in den Türen), die Klimaanlage reagiert mit Ein-Grad-Sprüngen auf „Mir ist kalt“ oder „Mir ist zu warm“, Audioanlage und Navigationssystem hören ebenfalls auf die Stimme von Frau oder Mann am Steuer und auch des jeweiligen Mitfahrers.
Mit dem sollte das Gespräch aber nicht zu intensiv geführt werden, vor allem wenn der Blick dabei nicht konsequent auf die Straße gerichtet ist und die Ablenkung erkannt wird. „Sie sind geistesabwesend. Bitte konzentrieren Sie sich aufs Fahren“, tönt es dann in einem relativ rabiaten Ton aus den Lautsprechern. Die recht auffällig an der A-Säule platzierte Kamera hat dafür das entsprechende Signal gegeben. Die im Funky Cat installierte künstliche Intelligenz taucht auf dem Screen in Form einer kleinen Figur auf. Die lässt sich sogar mit einem Namen versehen, sprich programmieren. So kommt schließlich je nach Wunsch oder Phantasie ein Gespräch mit Schatzi, Mausi, Heinz oder Henriette zustande. Denn natürlich weiß das System auch, wie das Wetter am nächsten Tag wird, wo der nächste Chinese ist oder wie viele Einwohner beispielsweise Lissabon hat. Natürlich lernt das System zudem tagtäglich dazu, lernt die Fahrer besser kennen – und wird vertraulicher. Statt „Ja, bitte?“ kommt dann schon mal die Antwort „Was ist los?“ Hier wäre es allerdings nett, wenn der Tonfall ein wenig freundlicher ausfallen würde. Doch das lässt sich sicherlich mit einem Update over the air ändern. Dafür ist die Katze selbstverständlich bereit.
16,6 kWh auf 100 Kilometer
Bereit zum Fahren ist der Ora ohne Startknopf. Der Schlüssel im Fahrzeug reicht aus. Wird der Getriebewahlschalter auf der Mittelkonsole auf D gedreht, kann’s losgehen. Und das, wie üblich bei einem E-Auto, mit starkem Antritt. Die 126 kW (171 PS) bei einem maximalen Drehmoment von 250 Newtonmetern reichen für den etwa 1,6 Tonnen schweren Funky Cat absolut aus. Weitaus beeindruckender indessen sind die Abstimmung des Fahrwerks und der Lenkung. Hier wird deutlich, dass Europa der Markt ist, den Ora ansprechen will. Der über die Vorderachse angetriebene Wagen fegt auf den 18-Zoll-Alufelgen mit serienmäßigen 215/50-Reifen sicher um die Ecken, bleibt immer in der vorgegebenen Spur und die Lenkung gibt eine gute Rückmeldung. Wirklich flott war der kleine Chinese auf der Testfahrt jedoch nur kurzfristig zu bewegen. Das überwiegend gemäßigte Tempo zwischen 50 und 70 Kilometern pro Stunde durch Ortschaften und auf Landstraßen sowie ein kurzes Autobahnstück mit maximal Tempo 110 hatte bei Außentemperaturen von plus 18 Grad einen Verbrauch von 16,6 kWh für die 100-Kilometer-Distanz zur Folge. Das entspricht fast exakt dem WLTP-Wert. Damit ist dann sogar die angegebene Reichweite von 420 Kilometern für die große Batterie mit einer Kapazität von 59,3 kWh (netto) möglich. Alternativ steht für den Funky Cat ein Akku mit 45,4 kWh zur Verfügung, der laut Hersteller Energie für 310 Kilometer bereit hält.
Die Ladeleistung – der Anschluss ist auf der Fahrerseite vorne links – liegt an der Wallbox bei elf kW (3-phasig). Ist der Akku komplett leer und soll auf 100 Prozent gebracht werden, dauert es bei der kleinen Batterie 5,5, bei der großen Version 6,5 Stunden. Schnellladen (CCS) erfolgt mit eher sehr dürftigen 64 kW. Das passt irgendwie nicht zu dem sonst technisch auf hohem Niveau stehenden Funky Cat. Von 15 auf 80 Prozent müssen laut Ora immerhin 43 beziehungsweise 48 Minuten kalkuliert werden.
Schwache CCS-Leistung
Diese Wartezeit lässt sich im Wagen aber bestens aushalten. Denn bei den Materialien haben die Designer auf Wertigkeit geachtet. Das gilt für die Optik und die Haptik. Der übersichtliche Cockpit-Screen misst wie der der für das Infotainmentsystem 10,25 Zoll. Darunter liegt eine Leiste mit Kippschaltern, die sehr an die im Mini erinnern. Ein erstes Zeichen vielleicht – denn der neue E-Mini in China auf Basis des Ora Funky Cat entwickelt. Die Sitze der Katze sind bequem und ordentlich gepolstert, wobei die Beinauflage für größer gewachsene Personen allerdings etwas kurz ausgefallen ist. Selbst auf der Rückbank ist ausreichend Platz für die Beine vorhanden. Der Kofferraum jedoch ist mit 228 Litern eher klein geraten. Werden die hinteren Lehnen vorgeklappt, wächst das Ladevolumen mit einer Stufe auf dem Boden auf 858 Liter. Apropos Stufe. Eine recht hohe Kante muss beim Be- und Entladen ebenfalls überwunden werden, um Ladegut zu bewegen.
Keine Anhängelast
Den Premiumanspruch des Funky Cat macht Ora auch bei der Serienausstattung und dementsprechend der Preisgestaltung deutlich. Schon in der Basisversion 300 mit der kleinen Batterie zum Preis von 38.990 Euro (ohne Abzug der Förderung) sind die Sitze mit veganem Material bezogen, es gibt Klimaautomatik, LED-Scheinwerfer, Navigationssystem, den Sprachassistenten, eine Gesichtserkennung, eine 360-Grad-Rundumkamera und eine Vielzahl von Assistenten. Wir waren mit dem großen Akku und der Ausstattungsversion 400 Pro+ zum Preis von 47.490 Euro unterwegs. Dann bleiben kaum noch Wünsche offen. Unter anderem sind dann elektrisch verstellbarer Fahrer- und Beifahrersitz, induktive Smartphone-Ladeschale, beheizbares Lenkrad, getönte hintere Seitenscheiben, Panorama-Glasschiebedach und Wärmepumpe vorhanden. Eine Anhängerkupplung kann nicht angebaut werden.
Für einen elektrischen Kleinwagen ist das eine Menge an Luxus, der aber auch nicht gerade zum Sparpreis zu haben ist. Premium halt.
Ora Funky Cat 300 GWM – Technische Daten:
Fünftüriger Kleinwagen mit fünf Sitzen, Länge: 4,23 m, Breite ohne Außenspiegel 1.83 m, Höhe: 1,60 Meter. Radstand: 2,65 m, Kofferraum-Volumen: 228 bzw. 858 Liter. Leergewicht. 1.615 kg, Zuladung: 355 kg, Anhängelast: keine.
Elektromotor mit 126 kW/171 PS, maximales Drehmoment 250 Nm, Frontantrieb, Batterie-Kapazität brutto 47,8 kWh (Ora 400 63,1 kWh), Ladeleistung AC 11 kW, Ladeleistung DC 64 kW bzw. 67 kW, Ladedauer AC 5,5 Std. bzw. 6,5 Std, Ladedauer DC 43 bzw. 48 min. Reichweite: 310 bzw. 420 km. Vmax: 160 km/h. 0 – 100 km/h: 8,2 sec. Verbrauch nach WLTP: 16,7 kWh//100 km. CO2-Emission: 0 g/km, Effizienzklasse: A+++.
Preis: ab 38.990 Euro (Ora 400 mit größerer Batterie ab 44.490 Euro).
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