Die Automesse in Shanghai zeigt es eindrucksvoll: China fährt an die Spitze. VW bleibt auf der Strecke.
Im Rennen um die Elektrifizierung unserer Mobilität könnte sogar der VW-Konzern leicht unter die Räder kommen. VWs China-Absatz ist im ersten Quartal 2023 um etwa 30 Prozent eingebrochen. Derzeit werden Autos auf Halde produziert.
Und daran ist noch nicht einmal die neue chinesische Abgasnorm schuld, da diese erst vom 1. Juli an sehr strenge Grenzwerte vorsieht. Diese neue Regelung jedoch wird die Situation vor allem für deutsche und japanische Autohersteller noch einmal dramatisch verschärfen. Denn kaum ein Auto mit Verbrennungsmotor kann die Norm, die sich rein an den Vorgaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) orientiert, einhalten. Vergeblich waren die Versuche der einstigen Bundeskanzlerin Angela Merkel und des damaligen Wirtschaftsministers Sigmar Gabriel, diese Norm verhandeln zu wollen.
Nichts anzubieten
So folgt jetzt das, was folgen muss: Die deutsche Autoindustrie gerät ins Schlingern. Berücksichtigen wir das entschlossene Vorhaben der USA, noch stärker auf Elektrifizierung und Erneuerbare Energien zu setzen, dürften deutsche Autohersteller bald auch in Übersee mit massiven Absatzproblemen zu kämpfen haben.
Aber zurück nach China – dem größten Automarkt der Welt und für deutsche Hersteller dem wichtigsten. An Elektromodellen haben sie in Fernost allerdings wenig anzubieten. Unter den zehn meistverkauften E-Autos in China ist kein einziges deutsches Modell. Stattdessen dominieren einheimische Marken wie BYD aus Shenzen. BYD verkauft inzwischen mehr Elektroautos als VW.
Da mag der Firmenname – Build Your Dreams – in den Ohren deutscher Autoproduzenten wie Spott klingen. Vor allem bei den Kleinwagen können die Europäer preislich nicht mithalten. Und bei den großen nicht schnell genug liefern. Da kommen fast alle Batterien und deren Komponenten aus China. Auch bei der Software können deutsche Autobauer selten Kompetenzen beweisen – so sucht VW jetzt Kooperationspartner.
Abgehängt
Beim Ausbau der Erneuerbaren Energien sieht es ähnlich aus. Der hohe Rang deutscher Hersteller ist Geschichte. Inzwischen hängen wir komplett von der Technologieführerschaft der Chinesen ab, die längst in andere Dimensionen vorgestoßen sind. Ein Beispiel: Die EU will bis zum Jahr 2025 insgesamt 30 Gigawatt (GW) an Produktionskapazitäten aus Photovoltaik (PV) aufbauen. Doch schon allein die chinesische Firma Longi, der größte PV-Hersteller der Welt, plant bis 2024 eine 20-GW-Modulfabrik. In gerade mal einem Jahr. Nach einer Analyse von Goldman Sachs wird die installierte Leistung an Wind- und Solarkraft bis zum Jahr 2030 bei etwa 3,3 Terawatt (TW) liegen, was eine Verdreifachung des chinesischen Regierungsziels von 1,2 TW wäre. Würde diese Entwicklung fortgesetzt, wäre das Land im Jahr 2060 energieautark.
Klimaziele in Gefahr
Deutschland ist hiervon weit entfernt. Angenommen, die EU beschließt Einfuhrzölle für chinesische Waren – was diskutiert wird –, können weder Deutschland noch die EU ihre selbst gesteckten Klimaziele erreichen.
Gar keine Frage: Wir können von China lernen. In unserem Land gibt es eine Menge nachzuholen, wenn es nicht weltweit abgehängt werden will.
Leider ist diese Botschaft noch nicht überall angekommen.
Peter Schmitt
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