Im Testzeitraum von 14 Tagen fallen uns an einem Auto viele Kleinigkeiten auf. Das Test-Tagebuch fasst diese zusammen. Der Kandidat: Renault Megane E-Tech EV60.
29.04.2023: Der Renault Megane ist seit vielen Jahren der direkte Konkurrent in der Kompaktklasse. Im rein elektrischen Markt tritt er mit dem Zusatz E-Tech aber seit geraumer Zeit eher gegen den ID.3 an; Zeit also, einen intensiveren Blick auf den eleganten Franzosen zu werfen. Denn elegant ist er wirklich: Sein Design wirkt wie aus einem Guss, kombiniert runde und gerade Formen beispielhaft, und gerade in der Sonderfarbe „DeZir Rot“ (950 Euro) mit schwarzem Dach (400 Euro) ist er ein echter Hingucker. Wir wundern uns, dass wir ihn im Verkehrsgewühl noch nicht öfter wahrgenommen haben.
Denn die Farbe und das gelungene Außendesign ist nicht der einzige Trumpf des Megane E-Tech. Schon auf den ersten Metern macht sich das sehr gut abgestimmte Fahrwerk bemerkbar. Es hält den gut 1.700 Kilo schweren Kompakten wunderbar in der Spur, und vor allem in Kurven fährt der Megane wie auf Schienen. Es gibt eine tolle Rückmeldung und federt dennoch komfortabel ab. Damit ist Renault ein schöner Spagat zwischen Sportlichkeit und Komfort gelungen – Hut ab.
Tolles Fahrwerk
Doch verschieben wir detailliertere Betrachtungen auf die kommenden Einträge und wenden uns den Basics zu. Wir fahren den Megane E-Tech EV60 220hp im Ausstattungsniveau Techno für einen Preis von 44.700 Euro brutto. Dafür gibt es eine netto 60 kWh große Batterie und einen 160 kW/218 PS starken fremderregten Synchronmotor an der Vorderachse. Der Lader schafft – Renault-typisch – 22 kW an der AC-Säule und laut Hersteller bis zu 130 kW an der HPC-Säule.
Hinzu kommt das „Augmented Vision & Advanced Driving Paket“ mit Rückfahr-Notbremsassistent, Querverkehrswarner, adaptivem Tempomat, 3D-Kamera und verschiedenen anderen Nettigkeiten für 2.600 Euro sowie das Infotainmentsystem von Harman-Kardon mit Android Auto und Apple Carplay für 850 Euro. Auch die Wärmepumpe muss man mit 1.100 Euro extra bezahlen. Unter dem Strich stehen 50.800 Euro brutto, wovon die Förderung noch abgezogen werden kann.
So weit heute, und es sei vorausgeschickt: Auch der Innenraum macht was her. Doch dazu nächstes Mal.
02.05.2023: Das lange Wochenende rund um den 1. Mai bot uns Gelegenheit, im Megane E-Tech etwas heimischer zu werden. Und wirklich: Auch das Interieur kann sich sehen und fühlen lassen. Zwar gibt es kein Glasdach, doch auf den vorderen Sitzen gibt es in alle Richtungen genug Raum. Die Materialien machen einen hochwertigen Eindruck, bestehen aus Stoff oder geschäumtem Kunststoff. Lediglich an den weniger sichtbaren Stellen kommt Hartplastik zum Einsatz. Besonders edel fällt die LED-Lichtleiste aus, die sich durch den Innenraum zieht. Auch gibt es genügend Ablageflächen sowie ein großes Staufach zwischen den Sitzen.
Weniger üppig geht es im Fond zu. E-Auto-untypisch bietet der Megane E-Tech hier weniger Platz an, dennoch können zwei Erwachsene es dort gut aushalten. Zu dritt wird es arg eng. Für Stirnrunzeln sorgt der Laderaum, der laut Datenblatt 389 Liter Stauraum anbietet, doch die hohe Ladekante macht Be- und Entladen zur Zumutung. Unter dem tiefen Ladeboden findet sich sogar noch ein Staufach für die Kabel. Legt man die Rücksitzlehnen um, entsteht Platz für 1.245 Liter Ladegut, allerdings ist die Fläche nicht eben.
Auf der rechten Seite finden sich hinter dem Lenkrad gleich drei Bedienstöcke: Fahrstufenwahlhebel, Scheibenwischer und die Radiobedienung. Daran muss man sich ein wenig gewöhnen. Am Lenkrad selber ist die linke Seite vom Tempomaten und die rechte vom Bordcomputer belegt. Ebenfalls platziert wurde dort eine große runde Taste, über die sich die Fahrstufen Eco, Comfort, Sport und Persönlich aktivieren lassen, wobei Eco eine sehr defensive Fahrweise bedingt und etwa bei 100 Kilometer abregelt. Bei Sport hingegen zeigt der Megane, was in ihm steckt.
Bevor wir im nächsten Eintrag zum Laden kommen, hier noch ein Wert zum bisherigen Verbrauch. Im Comfort-Modus weist der Bordcomputer bislang 16,8 kW je 100 Kilometer aus. Das geht in Ordnung.
05.05.2023: Wir waren laden. Beim Renault Megane E-Tech EV60 wird die Akku-Vorwärmung automatisch über die Navigation aktiviert, und da Google dafür verantwortlich war, fand sich diesmal auch „unsere“ Aral-Pulse-Ladesäule in der Karte. Dort kamen wir nach einer Fahrzeit von rund 30 Minuten bei 14 Grad Außentemperatur und einer Rest-SoC von 10 Prozent an.
Die Verbindung zur Säule klappte diesmal problemlos, und nach zwei Minuten erreichte der Megane einen Ladestrom von 120 kW, was auch das Maximum war. Denn danach fiel die Ladeleistung schnell auf 104 kW (5 Minuten) und dann gleichmäßig weiter bis 46 kW bei 80 Prozent Ladestand (siehe Chart). So brauchte der Megane E-Tech 37 Minuten von 10 bis 80 Prozent SoC. Danach fiel die Ladeleistung gleichmäßig weiter ab bis 23 kW nach 50 Minuten.
Ebenso wie der von uns zuletzt getestete Nissan Ariya schafft der Lade an der AC-Säule serienmäßig 22 kW, so dass man ihn auch dort relativ schnell laden kann – für den städtischen Bereich sicher ein Vorteil. Und wir mögen E-Autos, die direkt an der Ladedose einen kleinen Schalter besitzen, um den Stecker zu entriegeln. Das erspart nerviges Hervorkramen des Schlüssels.
08.05.2023: Werfen wir abschließend noch einen Blick auf die Assistenten und das Infotainment. Sicherheitsassistenten sind reichlich vorhanden: Wichtigster Begleiter vor allem auf längeren Strecken ist der adaptive Tempomat, der die Geschwindigkeit vorausschauend regeln kann. Dazu nutzt er hinterlegtes Kartenmaterial, liest Kennzeichen und misst den Abstand zum Vordermann. In Kooperation mit dem Spurhalteassistenten hält er das Auto wunderbar mittig in der Spur ohne ständige Korrekturen. Übrigens: Der Mégane gibt den Abstand zum Vordermann in Sekunden an und unterlegt den Hinweis gegebenenfalls mit Warnfarben.
Das vorinstallierte Google Maps im Auto kann alles, was die Smartphone-Version kann und zusätzlich E-Auto-Spezifisches: Eine hervorragende dynamische Routen- und Ladeplanung zum Beispiel, bei der sich die einbezogenen Ladestationen nach Ladekarte filtern lassen. Dann wird es allerdings etwas unübersichtlich: Wann welches System aktiv ist, ist auf den ersten Blick nicht eindeutig. Anderen Modellen in der Klasse überlegen ist der Sprachassistent, der auch andere Befehle erkennt wie „Bitte etwas wärmer“ – auch ein Vorteil von Google.
Ein Head-Up-Display gibt es übrigens nicht, in den höheren Ausstattungen kann man aber einen digitalen Innenspiegel ordern, der seine Bildinformationen von einer Kamera am Heck bezieht – doch das finden wir überaus gewöhnungsbedürftig. Wichtig auch: An den Haken nehmen darf der Megane E-Tech sowohl gebremst als auch ungebremst 900 Kilo; Stütz- und Dachlast betragen 80 Kilo – und sticht damit den Konkurrenten VW ID.3 aus, der ohne Anhängerkupplung auskommen muss.
Die Schlussbetrachtung mit den wichtigsten Daten sowie die Verbräuche folgen in den nächsten Tagen.
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