Der Fiat 600e ist der große Bruder des Stadtflitzers 500e und taugt auch für längere Touren. Dank seiner Sparsamkeit. Fahrbericht.
Wem der Fiat 500e zu klein ist – etwa wenn mehr als zwei Personen transportiert werden sollen -, der sollte mal einen Blick auf den 600e werfen. Er greift das beliebte Design des Neo-Klassikers auf und bietet eben das, was man beim 500e vermisst: Platz. Etwas mehr Platz zumindest.
Hier geht es zum Test-Tagebuch des Fiat 600e
Wir haben den 600e einige Tage unter die Lupe genommen und konstatieren: Er bietet nicht nur mehr Raum, sondern er taugt auch für längere Touren. Denn er greift auf das bekannte Stellantis-Package zurück: den Motor mit 115 kW, den 54 kWh (netto 50,8 kWh) großen Akku, die 11 kW am AC-Lader und die 100-kW-Ladeleistung am Schnelllader. Bei moderatem Verbrauch lässt sich damit gut reisen. Doch dazu später mehr.
Werfen wir ein Blick in Innere. Einen guten Eindruck machen die Sitze, die in der Top-Ausstattungslinie mit einer Massagefunktion ausgestattet sind. Sie geben guten Halt und lassen sich variabel einstellen. Hinten ist Platz für fünf Personen, aber nur theoretisch, denn die mittlere wird doch arg eingequetscht. Auch die Passagiere auf den Außensitzen sollten nicht allzu lange Beine haben. Der Laderaum fasst 360 bis 1.231 Liter und ist gut beladbar; eine Anhängerkupplung darf nicht verbaut werden, auch nicht als Träger für Fahrräder. Das ist schade.
Fiat 600e: Man fühlt sich gleich wohl
Auf jeden Fall fühlt man sich schnell wohl im 600e, findet eine gute Sitzposition und die leichtgängige Lenkung erleichtert das Steuern durch die Stadt und in Parklücken. Einziges Manko im Testwagen: Der Sprachassistent verweigerte die Zusammenarbeit wegen eines abgelaufenen Abos. Nun denn: Es gibt ja noch das Smartphone und Google. Erfreulich ist auch: Es gibt keine nervigen Warntöne. Glücklicherweise wurde der 600e zu einer Zeit homologiert, die die akustischen Tempowarnungen noch nicht einforderte, so dass der Fiat ohne nervende Klingeltöne auskommt. Es sei denn, man fährt unangeschnallt los – dann gibt’s was auf die Ohren.
Ein 12,5 Zoll großer Mittelmonitor liefert alle notwendigen Infos und ordnet dessen Funktionen übersichtlich an. Zudem gibt es viele Tasten für die direkte Ansteuerung der Klimatisierung sowie die Tasten für die Fahrstufen, wie sie schon vom 500er bekannt sind. Aus anderen Stellantis-Modellen bekannt ist der einstufige Rekuperationsmodus, der nach jedem Start eingeschaltet werden muss. Er bremst das Auto nicht bis zum Stand ab
Und mit diesem Item wenden wir uns der technischen Seite des Kandidaten zu. Und dem Verbrauch. Und der kann sich sehen lassen. Auf unserer 100 Kilometer langen Testrunde über Landstraße und Autobahn sowie ein wenig Stadt genehmigte sich der 600e im Schnitt und laut Bordcomputer 16,2 kWh. Im Laufe der Testzeit sank dieser im Alltagsbetrieb sogar auf 15,6 kWh ab, was sicherlich auch an den wärmeren Temperaturen Anfang Mai lag. Unter dem Strich und mit Ladeverlusten errechneten wir einen Schnitt von 17,1 kWh je 100 Kilometer.
Einstellbar sind drei Fahrstufen: Normal, Sport und Eco, wobei der 600e nur im Sportmodus die volle Leistung zur Verfügung stellt. Wir waren meist im Eco-Modus unterwegs, was für den Alltag durchaus genügt – und wobei man mit eben jenen niedrigen Verbräuchen belohnt wird.
Gute Ladekurve am Schnelllader
Ein ebenso positives Bild ergab sich beim Laden an der Schnellladesäule. Eine Akku-Vorwärmung gibt es im 600e zwar nicht; wir waren zuvor aber mehr als 30 Minuten unterwegs, so dass der Akku bei 14 Grad Außentemperatur Zeit hatte, ein wenig aufzuwärmen.
Wir starteten den Ladevorgang bei einem Rest-SoC von 15 Prozent, und wie man auf dem Foto erkennen kann, schaffte der Fiat die maximalen 100 kW recht souverän und in einem zweimaligen Peak. Danach ging es stufenweise bergab bis 91 Prozent SoC, wobei die Ladeleistung ab 80 Prozent überproportional nachlässt. Dennoch kann man mit der Ladeperformance durchaus zufrieden sein. Die Ladung von 15 auf 80 Prozent SoC schaffte er in 29 Minuten. Man kann mit dem 600e also durchaus die eine oder andere längere Strecke in Angriff nehmen.
Dennoch leistet sich die Lade-Software einen kleinen Lapsus bezüglich des Alltagsbetriebes: Denn es fehlt – ebenso wie im Astra Elektro – eine Ladebegrenzung. Auch eine EV-Routenplanung sucht man vergebens: Auf der Langstrecke werden nur die an der Autobahn befindlichen Säulen angezeigt.
Keine Ladebegrenzung
Eher ernüchternd ist indes der Preis. In der Basisvariante Red kostet der 600e brutto 36.490 Euro. Hierin enthalten sind bereits nette Items wie Android Auto und Apple CarPlay sowie LED-Licht, 11-kW- und 100-kW-DC-Lader sowie ein Ladekabel. Die zweite, höherwertige Ausstattung heißt La Prima und kostet gleich 6.000 Euro mehr. Integriert sind dann die 18-Zoll-Aluminiumfelgen, das Navigationssystem und ein Massagesitz für den Fahrer. Der Innenraum ist hochwertiger gestaltet, die Sitze sind mit Kunstleder bespannt, der Fiat-Schriftzug ist mit Kontrastnähten aufgebracht.
Beachtlich aber ist der Abstand zum Verbrenner, der mit dem 1,2-Liter-Motor in der Basis 23.490 Euro kostet und damit 13.000 Euro weniger. Das ist eine Hausnummer und veranschaulicht, warum sich viele Verbraucher/innen derzeit mit der Elektromobilität schwertun – insbesondere im Kleinwagenbereich. Bei dem Preisunterschied dürfte der Stromer es schwer haben, in den Gesamtkosten mit dem Hybrid-Modell mitzuhalten. Leider wagt der ADAC zu diesen beiden Modellen keine Berechnung.
Fazit: Der Fiat 600e ist ein Kleinwagen, zu dem man schnell Vertrauen fasst. Der mehr Platz als der kleine Bruder bietet und mit dem man auch mal längere Touren absolvieren kann. Der Verbrauch kann sich sehen lassen, somit geht auch die Reichweite in Ordnung. Stellantis sollte aber schleunigst eine Ladebegrenzung nachrüsten – und eine Anhänge-/Stützlast. Titelfoto: Fiat
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Fiat 600e – Technische Daten:
Fünftüriger Kompaktwagen mit Frontantrieb; Länge: 5,06 Meter, Breite: 1,90 (ohne Außenspiegel), Höhe: 1,51 Meter, Radstand: 2,99 Meter, Kofferraumvolumen: 490 Liter, Zuladung: 610 Kilogramm, Anhängelast: 1.500/1.500 kg (gebr./ungebr.), Dachlast: 75 kg, Stützlast: 75 kg, kein Frunk.
Permanenterregter Synchronmotor mit 115 kW/156 PS, max. Drehmoment 250 Nm, Automatikgetriebe, Lithium-Ionen Batterie mit 54 kWh., nutzbar 50,8 kWh, 0-100 km/h: 9,0 sek., Vmax: 150 km/h, max. Reichweite 409 km (WLTP, kombiniert), max. Ladeleistung 100 kW.
Messwerte: Max. Ladeleistung 11 kW AC, 99,1 kW DC, Ladeleistung (Durchschnitt) 59 kW, Ladezeit von 15 auf 80 % SoC: 29 Minuten.
Verbrauch: 15,1 kWh (WLTP), Testverbrauch: 17,1 kWh (Winter) inkl. Ladeverlusten, Testrunde (100 km): 16,2 kWh, Alltagsverbrauch 15,6 kWh, Reichweite: ca. 300 km.
Preis: ab 36.490 Euro, Testwagenpreis: 42.490 Euro.
Sehr sparsam
Übersichtliche Bedienung
Langstreckentauglich
Gute Ladeleistung
Keine Klingeltöne
Ausgewogenes Fahrwerk
Komplette Ausstattung (La Prima)
Hoher Preis
Kein Frunk
Keine Anhängelast/Stützlast
Keine Ladebegrenzung
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