Euro 7 dürfte dem Diesel das "Leben" noch schwerer machen. Foto: Bosch

DUH: HVO100 ist Umweltskandal

Bei Verwendung des Dieselkraftstoffs HVO100 entstehen laut DUH mehr Stickoxide als bei normalem Diesel.

Auch eine zweite Abgas-Messreihe der Deutschen Umwelthilfe (DUH) an Euro-5-Diesel-Pkw bestätigt deutlich erhöhte Stickoxid-Emissionen im realen Straßenbetrieb bei Nutzung des am 29. Mai eingeführten Dieselkraftstoffs HVO100. Nach Ansicht der DUH lagen dem Verkehrsministerium bereits im Herbst 2023 alarmierende Abgasmessungen von Diesel-Fahrzeugen mit erhöhten Stickoxid- und stark erhöhten Partikelwerten vor – die Umwelthilfe reichte deshalb hierzu eine Klage gegen Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) zur Herausgabe vorliegender Abgasmessungen beim Verwaltungsgericht Berlin ein. Offenbar handle es sich bei HVO100, so die DUH, um einen Kraftstoff, der zu Teilen aus klimaschädlichem Palmöl bestehe.

Das Emissions-Kontroll-Institut der DUH kam bei seinen Messungen zu dem Ergebnis, dass es zu 17 Prozent höheren NOx-Emissionen gegenüber der Verwendung normalen Dieselkraftstoffs kam. Die DUH sieht damit erneut die Behauptung des Verkehrsministers widerlegt, mit dem neuen Dieselkraftstoff HVO100 könne die „lokale Umweltbelastung in Städten und Kommunen“ reduziert werden.

Das Urteil von DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch fällt deutlich aus: „Der Skandal-Kraftstoff HVO100 senkt weder die Schadstoffbelastung in unseren Städten noch verhindert der Kraftstoff eine kurzfristige Stilllegung von 8 Millionen Dieselfahrzeugen oder alternativ deren technische Nachrüstung.“

HVO100 im Straßenbetrieb getestet

Neben Vergleichsmessungen an einem bereits gemessenen VW Touareg 3.0 TDI wurden neue Messungen im realen Fahrbetrieb an einem Mercedes E 220 CDI sowohl mit konventionellem Dieselkraftstoff als auch mit HVO100 durchgeführt: Lagen die Stickoxidemissionen mit konventionellem Dieselkraftstoff bereits bei durchschnittlich 518 mg NOx/km, stiegen sie mit HVO100 um 17 Prozent auf 605 mg NOx/km an. Damit emittiert der Euro-5-Diesel-Pkw das 3,4-fache des erlaubten Grenzwertes von 180 mg NOx/km. Auch bei den klimaschädlichen CO2-Emissionen, die bei der Verbrennung der Kraftstoffe entstehen, konnte keine Minderung durch den Kraftstoff HVO100 festgestellt werden.

Axel Friedrich, Leiter des Emissions-Kontroll-Instituts der DUH: Anstatt Messprotokolle herauszugeben, die die Aussagen des Verkehrsministeriums belegen würden, versucht das Ministerium, die Messungen des Emissions-Kontroll-Instituts zu diskreditieren. Unsere Messungen an den beiden Fahrzeugen belegen die Erhöhung der Stickoxid-Emissionen durch den Einsatz von HVO100. Der detaillierte Messbericht mit den Ergebnissen der Einzelmessungen lässt keinen Zweifel. Absurd ist schließlich die Behauptung des Ministeriums, das von der DUH verwendete Messverfahren realer Straßenmessungen liefere keine ‚reproduzierbaren Messergebnisse‘.“

Klimaschädliches Palmöl verwendet?

Die Kritik des Verkehrsministeriums sei umso unverständlicher, als die Messung auf der Straße für die Zulassung und Überprüfung von Pkw auch im Geschäftsbereich von Wissings Ministerium verwendet werde. Neben hohen Luftschadstoff-Emissionen bedeutet der Einsatz von HVO100 massive Importabhängigkeiten und Betrugsrisiken. 99,9 Prozent der Ausgangsstoffe für HVO100 stammten nicht aus Deutschland, stattdessen würden in großen Mengen aus Asien importierte angebliche Abfall-Pflanzenöle eingesetzt, bei denen es sich wahrscheinlich mindestens teilweise um umdeklariertes klimaschädliches Palmöl handelt.

Acht Millionen Diesel stilllegen?

DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch sagt: „Die von FDP-Verkehrsminister Wissing eingestandene, unmittelbar bevorstehende Stilllegung von 8 Millionen Dieselfahrzeugen ist das Ergebnis der von uns erstrittenen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes und nationaler Gerichte. Da helfen auch keine Schreiben an die EU oder angebliche Wunderkraftstoffe, sondern nur eine Anordnung des Kraftfahrt-Bundesamtes zur Nachrüstung einer funktionierenden Abgasanlage. Der Lobbyskandal-Kraftstoff HVO100 senkt weder die Schadstoffbelastung in unseren Städten noch ist er eine Lösung für den Klimaschutz im Verkehr. Ich bin fassungslos, wie FDP-Minister Wissing mit der Ölwirtschaft und deren Anti-Klimaschutz-Lobbyisten Michael Haberland zusammenarbeitet.“

DUH: Ministerium unterschlägt Messergebnisse

Ein Umweltskandal werde daraus, weil das Ministerium bereits im Jahr 2023 in einem eigenen Forschungsprojekt Abgasmessungen im realen Straßenbetrieb habe durchführen lassen, bei denen offensichtlich erhöhte Stickoxid- und Feinstaubemissionen an mehreren Fahrzeugen festgestellt worden seien. Entgegen der gesetzlichen Verpflichtung zur Veröffentlichung halte das Ministerium diese Untersuchungsergebnisse unter Verschluss, behauptet Resch. „HVO100 dient einzig und allein der Verbrenner-Lobby, die Lüge vom umweltverträglichen Verbrennungsmotor aufrechtzuerhalten und den dringend nötigen und längst beschlossenen Verbrenner-Ausstieg wieder zu kippen“, so Resch.

Volker Wissing müsse aufhören, HVO100 mit falschen Behauptungen zu bewerben und stattdessen endlich wirksame Maßnahmen für die Saubere Luft und das Klima ergreifen. Neben der Hardware-Nachrüstung der immer noch acht Millionen auf deutschen Straßen fahrenden Dieselfahrzeuge mit bis zu 40-fach erhöhten Abgaswerten heiße das auch: Er müsse jetzt endlich eine echte Mobilitätswende vorantreiben.

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