Ford wird zur E-Auto-Marke. Doch das geht langsamer als gedacht. Foto: Ford

Ford wagt schwierigen Spagat

Ford wird zur E-Auto-Marke. Doch das geht langsamer als gedacht.  

Sportliche Beschleunigung, ruhiges und entspanntes Fahren. Diese Eigenschaften bieten alle E-Autos – egal von welchem Hersteller. Sich als Autohersteller beim E-Antrieb vom Wettbewerb zu differenzieren, ist schwer. Das gilt insbesondere, wenn in zwei Modellen wichtige Bauteile wie Fahrwerk und Batterie vom Mitbewerber Volkswagen stammen.

Ford will mit praktischen Dingen punkten. Der Mustang Mach E integriert ein rot leuchtendes Zahlenfeld in den Rahmen der Fahrertür. Mit einer fünfstelligen Kombination öffnet man das E-Auto. Das ist praktisch, wenn man zum Joggen oder an den Strand weder Autoschlüssel noch Smartphone mitnehmen möchte. Beim Ford Explorer kann man den Bildschirm etwas hochschieben, darunter öffnet sich ein Fach für wertvolle Dinge. Schiebt man den Bildschirm zurück und verschließt das Auto, ist auch das Fach verriegelt.

Ford ist spät dran

In Sachen Elektromobilität zählt Ford nicht zu den Pionieren. Während Henry Ford 1913 mit dem Fließband den Grundstein der Serienfertigung für Autos schuf, war der US-Konzern beim E-Auto spät dran. 2021 kam mit dem Ford Mustang Mach E das erste Modell auf den deutschen Markt – acht Jahre nach Teslas Model S. Dabei vollzog Ford-CEO Jim Farley im vergangenen Jahr eine progressive Aufspaltung des Konzerns in drei Bereiche. Ford Blue verantwortet das Geschäft mit klassischen Pkw.

Ford Pro bedient Gewerbekunden mit Nutzfahrzeugen. Ford Model E kümmert sich um Zukunftshemen wie E-Autos sowie automatisiertes Fahren. Allerdings kostet der letzte Bereich bislang nur Geld. Für das zweite Quartal 2024 verzeichnet Model E einen Verlust in Höhe von 1,1 Milliarden Dollar. Bei weltweit 26.000 verkauften E-Autos legt Ford rechnerisch rund 44.000 Dollar pro Fahrzeug obendrauf.

Zahlen sprechen für sich

In Deutschland bietet Ford bislang zwei elektrisch betriebenen Modelle an. Das Kraftfahrtbundesamt (KBA) verzeichnet für die vier Jahre seit Marktstart 14.111 Zulassungen bei Mustang Mach E. Volkswagen bringt es allein im laufenden Jahr auf über 15.000 Zulassungen beim allerdings auch deutlich günstigeren ID.4/5. Das zweite Modell, der Ford Explorer, kommt in den ersten beiden Monaten auf 1.067 Zulassungen. Der dritte im Bunde ist der Ford Capri. Die Produktion ist Ende September in Köln gestartet, doch erste Verkäufe dürfte das KBA erst zum Jahresende registrieren.

Neben den drei Elektroautos findet man auf der deutschen Internetseite von Ford lediglich drei Pkw-Modelle mit Verbrennungsmotor oder Hybrid-Antrieb. Das sind Kuga, Puma und Focus. Letzterer wird nur noch bis Ende 2025 angeboten. Das Pkw-Angebot wurde in den vergangenen Jahren stark ausgedünnt. Die Einsteigermodelle Ka und Fiesta, die Vans S-Max und Galaxy sowie die Limousine Mondeo sind nicht mehr im Angebot.

Modelle eingestellt

„Insgesamt ist der Absatz in diesen Fahrzeugsegmenten geschrumpft, so dass wir uns für ein Auslaufen der Modelle entschieden haben“, sagt Andre Winkler, verantwortlich für die Ford-Produktstrategie in der Dach-Region. Zeitgleich wollte man die Lücke mit E-Autos schließen.

Doch beim Explorer kam es zu Verzögerungen. Statt im zweiten Halbjahr 2023 kam er im August 2024 auf den Markt. Die Verantwortlichen in den USA wollten die Umsetzung einer neuen Brandschutzvorschrift für Batterien abwarten. Es dauerte einige Monate, bis Lieferant Volkswagen das leisten konnte.

Kleineres Portfolio

Das kleinere Portfolio zeigt Auswirkungen auf den Absatz. Laut europäischem Herstellerverband ACEA lag der Rückgang für Ford im laufenden Jahr bis Ende August bei 18 Prozent im Vergleich zum Vorjahrszeitraum. In Deutschland gingen die Zulassungen der Marke bis Ende September um 16 Prozent im Jahresvergleich zurück.

Das Electric Vehicle Center in Köln ist für jährlich 250.000 Elektroautos eingerichtet. Das Unternehmen hat zwei Milliarden Euro in die Modernisierung der Fertigungsstraße investiert. Hier laufen die beiden Modelle Explorer und Capri vom Band. Beide basieren auf der MEB-Plattform, die Volkswagen zuliefert. Als nächstes steht die Elektrifizierung des Pumas an. Der wird als Puma Gen E im rumänischen Werk in Craiova vom Band laufen. Das Werk betreibt Ford zusammen mit der türkischen Koc Holding. Der elektrische Puma soll die Plattform vom E-Transit Courier nutzen. Die wird in dem rumänischen Werk auch für den E-Tourneo Courier verwendet.

Eigene Plattform fehlt

Was fehlt ist eine eigenständige E-Plattform. An der arbeitet unter dem Namen „Skunk Works“ ein Team im kalifornischen Long Beach. Man habe bewusst einen Standort weit entfernt von der Zentrale in Dearborn bei Detroit gewählt, ließ Jim Farley am Rande der Bilanzpressekonferenz zu Jahresbeginn durchblicken. Die Plattform werde in erster Linie für SUV und Pickups konzipiert. Vor allem letztere sind hauptsächlich in den USA beliebt. Der heutige CEO leitete zwar zwei Jahre lang Ford of Europe, doch die aktuellen Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: 98 Prozent des Gewinns erwirtschaftet Ford in Nordamerika.

Und schon länger hat man den Eindruck, es gäbe Verständigungsschwierigkeiten zwischen den USA und Deutschland. Das fängt bei der Namenswahl für das erste E-Auto an. Mit dem Zusatz Mach E beim Mustang spielt der Hersteller auf die Version Mach 1 von 1968 an. Die Mach-Zahl beschreibt Geschwindigkeit im Verhältnis zum Schall. Die Eins steht somit für Schallgeschwindigkeit. Mach E ist ein Wortspiel, das im Deutschen nicht auf Anhieb verstanden wird. Beim Modellnamen Mustang hatten viele den Sportwagen von 1964 vor Augen. Ein Auto mit langer Haube und kurzem Heck sowie galoppierendem Mustang an der Front.

Pony Cars=leichte Autos

Das Logo wurde zum Namensgeber der Fahrzeugkategorie Pony Cars. Die beschreibt leichte, sportliche Autos für eine junge Käuferschicht. Damit hat der gleichnamige elektrische SUV nichts gemein. Ford erstaunt Beobachter beim elektrischen Capri erneut. Bei der Seitenansicht fühlen sich viele an den Polestar 2 erinnert. Mit dem Sportwagen, den die CI5-Agenten Bodie und Doyle in der britischen TV-Serie „Die Profis“ in den 1980er Jahren durch London steuerten, hat das E-Auto wenig Gemeinsamkeiten.  Dirk Kunde/SP-X

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