Ora 07

GWM Ora 07: Fernöstliche Eleganz

Der Ora 07 ist auf der einen Seite ein luxuriöser Gran Tourismo, leistet sich aber auch einige Schwächen. Der Fahrbericht.

Keine Frage, der Ora 07 von Great Wall Motor (GWM) ist ein echter Hingucker. Nicht selten wurden wir während unserer Touren auf den Wagen angesprochen, mindestens drehten sich die Köpfe der Passanten. Mit seinem rundlichen Design sticht er sofort ins Auge. Vorn erinnert er ein wenig an Porsche, die Rückleuchten scheinen von Bentley inspiriert. Das coupéartige Heck mit der kleinen Ladeklappe wirkt zunächst fremdartig; mit der Zeit gewöhnt man sich aber an das Design. Und so mancher dürfte sich darüber freuen, mit dem Ora 07 aus der Masse herauszustechen.

Hier geht es zum Test-Tagebuch des Ora 07 GT AWD

Um es vorweg zu schicken: Wie andere Pkw mit chinesischer Provenienz auch, kommt der Ora 07 voll ausgestattet zum Kunden, und dies sollte man vor dem Preisvergleich beachten. Bei uns vorstellig wird dieser Tage die komplett ausgestattete GT-Version für 53.490 Euro brutto, zu der man lediglich zwei Farben als Extra draufsatteln kann, die jeweils 790 Euro Aufpreis kosten. Für den Pure mit kleinem Akku muss man 41.990 Euro hinblättern, aber auch diese Version ist bereits komplett ausgestattet.

Ora 07
Eigenständiges Heck-Design: GWM Ora 07. Fotos: Mag

Ora 07: Mutiges Design, schönes Ambiente

Wie erwähnt gibt es den GWM Ora 07 in zwei Varianten: mit einem 67 kWh großen Akku (64,3 kWh netto) und Vorderradantrieb mit 150 kW in den Ausstattungsstufen Pure und Pro sowie als Allradversion (GT) mit zwei Motoren, einer Gesamtleistung von 300 kW (408 PS) und einem 86 kWh (83,5 kWh) großen Akku. Mit dem kleinen Akku beträgt die WLTP-Reichweite 440, mit dem großen 520 Kilometer.

Doch zunächst zur Einrichtung: Wir waren beeindruckt von der hochwertigen Materialauswahl. Die braune Ledernachbildung sowie das farblich abgesetzte obere Armaturenbrett machen schon was her. Die Verarbeitung macht ebenfalls einen guten Eindruck. Die Sitze sind beheiz- und belüftbar, eine gute Sitzposition ist auch als großer Fahrer schnell gefunden. Die schwebende Brücke zwischen Fahrer- und Beifahrersitz wirkt edel; auf ihr sind Drehregler für Klimatisierung und Fahrmodi sowie einige wichtige Schalter platziert. Feine Lichtleisten durchziehen den Innenraum, die je nach Gefahrenpotenzial ihre Farbe zu Rot verändern und so etwa vor rückseitigem Verkehr beim Türöffnen warnen. Trotz der coupéartigen Bauform sitzen zwei Passagiere auch im Fond recht bequem mit ausreichend Bein- und Kopffreiheit. Für drei wird es recht eng.

Ora 07
Klassischer GT mit eigenständigem Design.

Klar ist auch: Aufgrund der Bauform gibt es im Ora 07 wenig Platz für Gepäck. Einen Frunk sucht man vergeblich, und der Kofferraum hinter der kleinen Klappe fast gerade mal 333 Liter – das ist Kleinwagengröße. Legt man die hinteren Sitzlehnen um, passen 1.045 Liter ins Auto. Die Zuladung liegt bei 350 Kilo; für den Zugbetrieb oder den Transport von Fahrrädern auf einer Anhängerkupplung ist der Ora nicht ausgelegt.

Kleiner Kofferraum, keine Anhängelast

Doch widmen wir uns der Technik. Die beiden permanenterregten Synchronmotoren mit ihren insgesamt 300 kW (408 PS) machen beim Druck aufs Pedal mächtig Alarm und schaffen den Sprint auf 100 km/h in 4,5 Sekunden. Benötigt man kurzfristig mehr Power lässt sich diese durch den Druck auf einen Knopf im Lenkrad aktivieren. Dabei entfaltet der Stromer seine Kraft nicht explosiv, sondern fein dosiert. Bei 180 km/h ist Schluss.

Ora 07
Der Innenraum ist wertig eingerichtet, die Ergonomie passt.

Je öfter wir den Ora gefahren haben, desto sympathischer wurde er uns: Sein ausgewogenes Fahrwerk, die hochwertige Ausstattung und die Lenkung bieten einigen Komfort, was Vielfahrern die Arbeit erleichtert, auf sportliche Piloten aber zu unverbindlich wirkt. Leider wird dieser gute Eindruck geschmälert durch die nervigen Assistenten. Ständig ertönen irgendwelche Warnungen oder Gepiepse (siehe auch den entsprechenden Eintrag im Test-Tagebuch). Mal ist es die Geschwindigkeit, mal die Warnung vor einem Schulbereich oder einer scharfen Kurve. Wer in Ruhe Musik oder ein Hörbuch genießen will, der ist im Ora falsch.

Während diese Warnungen nicht abstellbar sind, kann man immerhin das Euro-Klingeln (5 Doppeltöne) in einem Untermenü ausschalten, freilich muss man das nach jedem Start erneut erledigen. Auf eine Taste legen kann man diese Funktion nicht. Letztlich haben wir aber einen Weg gefunden, wenigstens die Sprachwarnungen abzuschalten – indem man die Navigationsstimme auf Minimum stellt.

Nervöse Spurhalte-Assistenten

Ora 07
Das Euro-Klingeln kann man abstellen im Ora 07. Anderes nicht.

Reichlich nervös reagiert der Spurhalteassistent, der doch vernehmlich in das Lenkrad greift, wenn man auch nur ein wenig den Rändern der Fahrspur zu nahe kommt. Ihn kann man zwar abschalten – und das dauerhaft. Das heißt aber nicht, dass es keine Lenkkorrektur mehr gibt, denn der Ora besitzt ein zweites Feature namens „Spurhalte-Notwarner“, der vor einem vermeintlichen Verlassen der Spur aktiv wird und auch im Normalbetrieb immer mal wieder mitlenkt. Diesen kann man nur für die Fahrt deaktivieren. Indes: Mit dem nächsten Software-Update will GWM diese Assistenten neu auszubalancieren.

Doch wie sieht es mit dem Laden aus – im Winter? Im Ora 07 wird die Akku-Vorwärmung völlig automatisch geregelt – je nach Witterung und Temperatur, so dass wir mit gut temperierter Batterie nach 30 Minuten Fahrt am EnBW-Lader ankamen. Die Ladedose liegt übrigens vorne rechts, was das Bordsteinladen erleichtert.

Ora 07
Auf der Testrunde konsumierte der Ora 07 20,5 kWh im Schnitt.

Laut Hersteller soll die Ladeleistung bei maximal 88 kW liegen, nicht eben viel. Doch schnell zeigte sich, dass der Ora 07 diese Leistung auch erreicht – und sie mit Unterbrechungen auch einige Zeit halten kann (siehe Ladekurve). Letztlich dauerte der Ladevorgang von 15 auf 80 Prozent SoC aber 44 Minuten. Das ist durchaus ausbaufähig, auch wenn die Temperaturen beim Laden nur 5 Grad betrugen. Die durchschnittliche Ladeleistung lag bei 63,3 kW. Damit ist er übrigens nicht viel langsamer als der zuletzt von uns getestete Renault Scenic E-Tech, der 42 Minuten für die Ladung benötigte und einen Schnitt von 77 kW erreichte.

Gute Ladeplanung, langsames Laden

Immerhin besitzt der Ora eine EV-Ladeplanung, die auf langen Strecken die passenden Lademöglichkeiten eruiert. Und gut gefallen hat uns auch, dass Charly (die Bord-KI) per Sprachbefehl passende Ladesäulen findet, etwa: „Hey Charlie, finde eine EnBW-Ladesäule in XY“. Das macht er wirklich gut. An AC-Säulen lädt der Ora 07 übrigens mit maximal 11 kW; eine 22-kW-Option gibt es nicht.

Ora 07
Die Ladekurve des Ora 07. Foto: Mag

Auch der Blick auf die Reichweite wird durch den Winter getrübt. Von den angegebenen 520 Kilometern war unser Testwagen mit 380 angezeigten Kilometern weit entfernt. Und dass wir die WLTP-Verbrauchsangabe von 17,5 kWh bei Temperaturen um den Gefrierpunkt nicht erreichen würden, war auch klar. So absolvierten wir unsere 100-Kilometer-Verbrauchsrunde mit 20,5 kWh, und der Alltagsverbrauch mit vielen Kurzstrecken lag bei knapp 22 kWh. Mit Ladeverlusten kamen wir auf einen (Winter-)Wert von 25,8 kWh.

Fazit: Der Ora 07 macht einiges richtig gut, leistet sich aber teils überraschende Schwächen, wie etwa bei der Ladeleistung. Zudem eignet er sich nicht für Transportaufgaben, was auch dem Fahrzeugkonzept geschuldet ist. Auf jeden Fall sollte GWM bei den Assistenten und den Warnungen nachbessern. Titelfoto: Ora

Lesen Sie hier den Fahrbericht zum Ora 03.

GWM Ora 07 GT AWD – Technische Daten:

Viertüriges, fünfsitziges SUV der Mittelklasse; Länge: 4,87 m, Breite: 1,86 m, Höhe: 1,50 Meter. Radstand: 2,87 m, Kofferraum-Volumen: 333 – 1.045 Liter, Anhängelast: keine, Dachlast: keine, Stützlast: keine, Frunk: keiner.

Zwei permanenterregte Synchronmotoren mit 300 kW/408 PS, max. Drehmoment 680 Nm, Automatikgetriebe, Lithium-Ionen Batterie mit 86 kWh (83,5 kWh netto), 0-100 km/h: 4,5 sek., Vmax: 180 km/h, max. Reichweite 520 km (WLTP), max. Ladeleistung 88 kW.

Messwerte (Winter): Max. Ladeleistung 11 kW AC, 88,1 kW DC, Ladeleistung (Durchschnitt) 63,4 kW, Ladezeit von 15 auf 80 % SoC: 44 Minuten.

Verbrauch: 17,5 kWh (WLTP), Testverbrauch (inkl. Ladeverlusten): 25,8 kWh (Winter), Testrunde (100 km): 20,5 kWh, Alltagsverbrauch 21,9 kWh, Reichweite: ca. 350 km.

Preis: ab 53.490 Euro, Testwagenpreis: 54,280 Euro.

Hochwertiger Innenraum

Schneller Rechner

EV-Routenplanung

Allradantrieb

Wärmepumpe

Akku-Temperierung

Kein Frunk

DC-Laden langsam

Nervöse Assistenten

Viele Warnungen

Kleiner Kofferraum

Keine Anhängelast

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