Kabelklau

Das Problem mit dem Kabelklau

Kabelklau: Der Diebstahl von Ladekabeln an HPC-Ladestationen nimmt seit Jahren zu. Fast alle Anbieter sind betroffen.

Mit dem rapiden Anstieg der Elektromobilität hat auch die Ladeinfrastruktur eine immense Entwicklung durchlaufen. High-Power-Charging (HPC)-Ladestationen, die schnelles Laden mit Leistungen von 300 kW oder mehr ermöglichen, spielen dabei eine entscheidende Rolle. Doch gerade diese Ladepunkte werden zunehmend Ziel von Diebstählen und Vandalismus, insbesondere von Ladekabeln.

Die fest installierten Kabel an HPC-Ladestationen sind wohl aufgrund ihrer Materialzusammensetzung besonders attraktiv. Sie bestehen oft aus dicken Kupferadern, die den hohen Stromfluss ermöglichen. Der Wert des Kupfers, ein begehrter Rohstoff, ist auf dem Weltmarkt seit Jahren stabil hoch. Das macht diese Kabel zu einem lukrativen Ziel für Diebe, die die Materialien weiterverkaufen oder für illegale Zwecke nutzen.

Ein weiterer Faktor ist die eingeschränkte Überwachung vieler Ladestandorte. Insbesondere in ländlichen Gegenden oder schlecht beleuchteten Bereichen sind Ladestationen anfällig für Diebstähle. Darüber hinaus sind fest installierte Kabel oft einfacher zugänglich, da sie nicht von Nutzern entfernt werden können und rund um die Uhr an der Ladestation verbleiben.

Kabelklau: Kein regionales Problem

So berichtet der Branchendienst „electrive.net“ sei der Kabelklau kein regionales Problem. Zwar gehe es aktuell noch nicht um hunderte betroffene Standorte, doch zum Beispiel EnBW spricht von Vorfällen in den vergangenen Monaten in der Pfalz, dem Ruhrgebiet, in Thüringen und Sachsen. EWE Go nennt Düsseldorf und Leipzig als Schwerpunktregionen. Kaum betroffen seien Aral Pulse und Shell Recharge. Das könnte daran liegen, dass beide Anbieter ihre Ladesäulen primär an gut ausgeleuchteten Tankstellen mit Videoüberwachung installiert haben.

Der Diebstahl von fest installierten Kabeln an HPC-Ladestationen hat weitreichende Konsequenzen. Betreiber von Ladestationen müssen hohe Kosten für die Reparatur und den Austausch gestohlener Kabel tragen; man spricht von etwa 7.000 Euro. Darüber hinaus entstehen durch die zeitweilige Stilllegung von Ladestationen erhebliche Einnahmeverluste. Nutzer hingegen stehen vor dem Problem, dass sie geplante Ladevorgänge nicht durchführen können, was insbesondere auf Langstreckenfahrten zu erheblichen Verzögerungen führen kann.

Wie können Ladestationen geschützt werden?

Um den Kabelklau zu verhindern, sind verschiedene Maßnahmen erforderlich. Diese umfassen sowohl technische Innovationen als auch organisatorische und rechtliche Ansätze.

  1. Mechanische Sicherheitsmaßnahmen:
    • Die Kabel könnten mit robusten Schutzvorrichtungen wie Metallhülsen oder speziellen Ummantelungen versehen werden, die das Durchtrennen erschweren.
    • Sichere Befestigungen an der Ladestation, die nur mit speziellen Werkzeugen entfernt werden können, könnten Diebe abschrecken.
  2. Elektronische Überwachung:
    • Viele moderne Ladestationen sind bereits mit Überwachungskameras ausgestattet. Eine Integration von Bewegungsmeldern und Alarmsystemen könnte Manipulationsversuche frühzeitig erkennen und melden.
    • GPS-Tracker in den Kabeln könnten bei Diebstahl helfen, die entwendeten Teile schnell zu lokalisieren.
  3. Intelligente Verriegelungssysteme:
    • Systeme, die die Kabel sowohl am Fahrzeug als auch an der Ladestation automatisch verriegeln, könnten den Diebstahl deutlich erschweren.
    • Elektronische Verriegelungen, die erst nach Authentifizierung durch den Nutzer gelöst werden, könnten ebenfalls eine Lösung sein.
  4. Standortwahl und Beleuchtung:
    • Eine strategische Platzierung von Ladestationen an gut sichtbaren, beleuchteten und überwachten Orten kann die Wahrscheinlichkeit von Diebstählen verringern.
    • Integrierte Beleuchtungssysteme, die Bewegungen erkennen und das Gelände ausleuchten, könnten abschreckend wirken.

In den letzten Tagen wurden zudem zwei spannende Lösungen für den Schutz gegen Kabeldiebstahl vorgestellt: Der US-Ladestationsanbieter ChargePoint hat ein schnittfestes Ladekabel sowie ein Alarmsystem zur Erhöhung der Sicherheit von Ladestationen vorgestellt. Und auch der britische Anbieter Evolt Charging bietet neuerdings ein Alarmsystem für Ladestationen an, das bei einer Entfernung des Ladekabels einen lauten Alarm auslöst und eine Benachrichtigung an den Betreiber sendet.

Herausforderungen bei der Umsetzung

Obwohl es zahlreiche Ansätze zur Sicherung von HPC-Ladestationen gibt, stehen Betreiber vor mehreren Herausforderungen:

  1. Kosten:
    • Die Implementierung von Sicherheitsmaßnahmen ist mit erheblichen Investitionen verbunden. Besonders Betreiber kleinerer Ladeparks könnten Schwierigkeiten haben, die finanziellen Mittel aufzubringen.
  2. Technische Komplexität:
    • Hochentwickelte Sicherheitssysteme können anfällig für Störungen sein und die Verfügbarkeit der Ladestationen beeinträchtigen.
  3. Rechtliche Rahmenbedingungen:
    • In vielen Ländern sind Datenschutz- und Überwachungsrichtlinien streng geregelt, was den Einsatz von Kameras und Tracking-Technologien einschränken könnte.

Versicherungen könnten eine zentrale Rolle spielen, um die finanziellen Risiken durch Kabeldiebstahl zu minimieren. Viele Versicherer bieten bereits spezielle Policen für Ladeinfrastruktur an, die Diebstahl und Vandalismus abdecken. Betreiber sollten prüfen, ob ihre Versicherungen solche Szenarien einschließen und ob der Schutz ausreicht. Zudem könnten Partnerschaften zwischen Ladeinfrastruktur-Betreibern und lokalen Behörden oder Sicherheitsfirmen dabei helfen, Diebstähle zu verhindern. Beispielsweise könnten regelmäßige Patrouillen oder die Zusammenarbeit mit Anwohnern die Sicherheit an Ladestationen erhöhen.

Ein Blick auf internationale Praktiken zeigt, dass es verschiedene kreative Ansätze gibt, um den Diebstahl von fest installierten Kabeln zu reduzieren. In den USA setzen einige Betreiber auf den Einsatz von Dummy-Kabeln, die wie echte Ladekabel aussehen, jedoch keinen materiellen Wert haben. Diese Strategie zielt darauf ab, potenzielle Diebe zu täuschen und von echten Kabeln abzulenken. In Japan wurden Ladestationen mit automatischen Rolltoren ausgestattet, die sich nur öffnen, wenn ein Fahrzeug autorisiert ist. Dadurch sind die Kabel außerhalb der Betriebszeiten vollständig geschützt.

Innovation in der Materialforschung

Eine vielversprechende Perspektive ist die Entwicklung neuer Materialien für Ladekabel, die weniger attraktiv für Diebe sind. Wissenschaftler arbeiten bereits an Alternativen zu Kupfer, etwa Aluminiumlegierungen, die ähnliche Leitfähigkeit bieten, jedoch weniger wertvoll sind. Solche Materialien könnten die Attraktivität von Kabeln für Diebe erheblich verringern. Zudem könnten in Zukunft kabellose Ladesysteme wie induktive Ladetechnologien eine Lösung sein. Da diese Systeme ohne sichtbare Kabel auskommen, entfällt das Risiko eines Kabelklau vollständig.

Neben technischen und rechtlichen Maßnahmen spielt die gesellschaftliche Sensibilisierung eine entscheidende Rolle. Durch Aufklärungskampagnen könnten Nutzer und die breite Öffentlichkeit auf die Bedeutung des Schutzes der Ladeinfrastruktur aufmerksam gemacht werden. Eine stärkere Beteiligung der Gemeinschaft könnte dazu beitragen, ein Umfeld zu schaffen, in dem Diebstahl weniger toleriert wird. Titelfoto: KI-generiert

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