Der Volvo EX90 bietet Platz, Komfort und sieben Sitze. Günstig ist das alles nicht, und auch der Verbrauch lässt aufhorchen.
Der Volvo EX90 hat den Weg über den großen Teich absolviert. Und die ist notwendig, da der Wagen im US-Bundesstaat South Carolina gebaut wird. Dort wirkt das Flaggschiff der Marke im Gegensatz zu europäischen Straßenverhältnissen – vor allem in den Städten – auch keinesfalls riesig.
Dabei ist der EX90 mit einer Länge von 5,04 Metern, einer Breite mit Außenspiegeln von 2,11 Metern und einer Höhe von 1,74 Metern schon ein mächtiges Gefährt. Doch unterwegs mit dem SUV geraten die stattlichen Außenmaße ebenso wie das Gewicht von 2,8 Tonnen allerdings ganz schnell in Vergessenheit. Es ist schon erstaunlich, mit welcher Leichtigkeit sich der Wagen, in diesem Fall der Twin Motor AWD, bewegen lässt. Sowohl Wendemanöver als auch auf den ersten Blick enge Durchfahrten in der Hamburger Innenstadt absolviert der EX90 leicht und locker.

Kopfzerbrechen bereitet allerdings relativ schnell der Verbrauch. Denn anders als in South Carolina sind die Temperaturen in Deutschland eher kühl. Vor allem um diese Jahreszeit. Wobei sechs Grad plus noch immer keine Tiefkühl-Gefühle auslösen. Doch trotz wirklich ruhiger Fahrt in der Stadt, über Landstraßen und ganz kurzen Autobahnstücken mit maximal Tempo 120 zeigte der Bordcomputer nach der knapp zweistündigen Testfahrt einen Durchschnittsverbrauch von 33 kWh für die Distanz von 100 Kilometern an. Das ist ziemlich happig.
Volvo EX90: Happiger Verbrauch
Doch der Reihe nach. Angeboten wird der EX90 mit drei unterschiedlichen Antriebsversion. Einstieg ist der Single Motor mit Hinterradantrieb, bei dem ein Permanentmagnet-Synchronmotor (PSM) mit 205 kW (279 PS) Leistung und 490 Newtonmetern (Nm) Drehmoment verbaut ist. Die Lithium-Ionen Batterie hat eine Nettokapazität von 101 kWh. Bei einem WLTP-Verbrauch von 19,9 kWh soll eine Reichweite von 580 Kilometern möglich sein. Der Sprint aus dem Stand auf Tempo 100 erfolgt in 8,4 Sekunden.
An der Spitze des Angebots steht der Twin Motor Performance AWD mit einem 180 kW (245 PS) starken PSM-Motor und 420 Nm vorn sowie einem Elektromotor mit 200 kW (272 PS) und 490 Nm hinten. Der Akku hat hier eine Nettokapazität von 107 kWh, was bei einem WLTP-Verbrauch von 22 kW zu einer Reichweite von 570 Kilometern reichen soll. Der Standartsprint gelingt in 4,9 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit liegt wie auch bei den anderen Varianten bei 180 Kilometern pro Stunde.

Geladen werden kann der Akku an der Schnellladesäule mit bis zu 250 kW (die kleinere Batterie mit bis zu 235 kW) und mit 11 kW über den On-Board-Lader an der Wallbox. Beim DC-Laden dauert es 30 Minuten, um den Akku von 10 auf 80 Prozent mit neuer Energie zu versorgen. An der Wallbox muss mit zehn Stunden kalkuliert werden. Alle Wagen sind übrigens mit 400-Volt-Technologie ausgestattet. Möglicherweise könnte sich das beim Facelift ändern. Zumindest scheint es Überlegungen zu geben, die 800-Volt-Technologie einzusetzen.
Die aktive Luftfederung sorgt für Komfort
Dem Twin Motor AWD, mit dem wir unterwegs waren, hat Volvo einen PSM-Motor vorn mit 173 kW (235 PS) und 420 Nm sowie einen PSM-Motor hinten mit 127 kW (173 PS) und 350 Nm verpasst. Verbrauch und Reichweite sind den Angaben zufolge mit dem Spitzenmodell identisch. Aber nach unseren Erfahrungen bei der Fahrt rund um und in Hamburg so wohl nicht zu erreichen.
Antritt und Durchzug sind naturgemäß bei einem E-Fahrzeug einfach bestens. Dazu kommt beim EX90 eine Fahrwerksabstimmung, die keinerlei Kritik aufkommen lässt. Ob schlechte Straßen, Querrillen oder Bodenwellen – das SUV passiert alles souverän. Hilfreich dabei ist die adaptive Luftfederung, die optional für die Ausstattungslinien Plus und Ultra angeboten wird und im von uns gefahrenen Wagen verbaut war.

Die Passagiere reisen jederzeit bequem auf gut gepolsterten Sitzen und dürfen sich über ein riesiges Platzangebot freuen. Das gilt selbst dann, wenn der EX90 als Siebensitzer genutzt wird. Da die Sitze der zweiten Reihe einzeln in der Länge zu verschieben sind, reicht das Platzangebot dahinter bei Bedarf auch für zwei Personen mit einer Körpergröße von 1,84 Metern aus – auch, weil die Füße unter das davor liegende Gestühl geschoben werden können. Natürlich sind Kopf- und Beinfreiheit ganz hinten eingeschränkt, so dass die längere Reise so nicht zu empfehlen ist. Und die dritte Reihe ist für Kinder auch leichter zu erreichen.
Auch ganz hinten ist im EX90 Platz
In Reihe zwei aber ist das Raumangebot mehr als üppig. Sämtliche Sitzmöbel sind statt mit Leder mit dem von Volvo entwickelten und sehr angenehmen Alternativstoff Nordico bezogen. Auch ansonsten kommen nach Volvo-Angaben überwiegend nachhaltige Materialien zum Einsatz. Das gilt für die Türinnenverkleidungen und den Armaturenträger.
Der wird dominiert von einem 14,5 Zoll großen rahmenlosen Touchscreen. Darüber können unter anderem Navigation, Android-Infotainment, Klimatisierung, Fahrzeug-Apps, Parkkameras und weitere Assistenzfunktionen gesteuert werden. Ausschließlich dort. Und nicht nur das. Ebenfalls nur über den Screen lassen sich in mehreren Schritten die Bedienfunktionen für das Verstellen der Außenspiegel und des Lenkrads aktivieren. Die eigentliche Einstellung erfolgt dann über Knöpfe am Lenkrad. Während der Fahrt ist das so gut wie nicht zu machen. Erstens ist es mühsam, zum anderen ist die Ablenkung vom Straßenverkehr in dieser Zeit groß und damit gefährlich.

Über einen großen Bedienknopf auf der Mittelkonsole lässt sich aber die Lautstärke des Infotainmentsystems manuell regeln. Lobenswert ebenfalls, dass anders als beim EX30 direkt hinter dem Steuer eine acht Zoll große freistehende digitale Instrumentenanzeige platziert ist. Wichtige Fahrinformationen liegen so im direkten Sichtfeld von Frau oder Mann am Lenkrad. Zudem werden wichtige Infos per Head-up-Display (Serie für Plus und Ultra) im direkten Sichtfeld des Fahrers auf der Windschutzscheibe angezeigt.
Bis zu 1.955 Liter Laderaum
Blicken wir aber nach ganz hinten und damit zum Kofferraum. Hinter der dritten Sitzreihe stehen noch 324 Liter zur Verfügung. Hinter der zweiten Reihe sind es 669 Liter. Werden alle Lehnen vorgeklappt, entsteht eine komplett ebene Fläche und das Ladevolumen steigt auf maximal 1.955 Liter. Höchstens 611 Kilogramm dürfen zugeladen werden. Wird der EX90 als Zugmaschine eingesetzt, dürfen 2,2 Tonnen bei den Allradlern und 1,2 Tonnen beim Basismodell an den Haken genommen werden. Die Stützlast von 100 Kilogramm erlaubt die Mitnahme von drei Fahrrädern oder zwei E-Bikes. Die Dachlast beträgt ebenfalls 100 Kilogramm.
Ins Auge fallen beim Blick auf den Volvo EX90, der auf 20 oder 21 Zoll großen Räder rollt, die dank des Radstands von 2,99 Metern kurzen Überhänge. Die weich gezeichnete Front mit der typischen Thors-Hammer-Lichtgrafik sowie dem geschlossenen Kühlergrill, die glatten Flanken und das steil abfallende Heck sind nicht nur optisch gelungen, sondern tragen zudem zu einer guten Aerodynamik bei, Der cW-Wert beträgt 0,29.

Auffällig aber ist vor allem auch der so genannte Lidar-Sensor (Light Detection and Ranging), der mittig oberhalb der Frontscheibe in das Dach integriert ist. „Diese Technik nutzt Licht in Form eines Impulslasers, um Entfernungen mit hoher Präzision und Genauigkeit zu messen. Dadurch lassen sich Gefahren früher erkennen, was einen großen Unterschied für die Sicherheit macht. Untersuchungen zeigen, dass sich mit Lidar-Technik an Bord die Zahl der Unfälle mit Todesopfern und Schwerverletzten um bis zu 20 Prozent senken lässt, während Kollisionen insgesamt um bis zu neun Prozent verringert werden können“, heißt es bei Volvo.
Sicherheit: Besser sehen dank Lidar
Der unsichtbare Schutzschild deckt den Angaben zufolge demzufolge aber nicht nur die äußere Umgebung des Fahrzeugs ab. „Weil viele Unfälle auf Fehlverhalten oder Unaufmerksamkeit des Fahrers zurückzuführen sind, können spezielle Sensoren und Kameras – unterstützt von eigenentwickelten Algorithmen – registrieren und messen, mit welcher Konzentration der Fahrer auf die Straße schaut. Dadurch erkennt der Wagen, wenn der Fahrer abgelenkt, müde oder unaufmerksam ist, und zwar mit einer Genauigkeit, wie sie bisher in einem Volvo nicht möglich war“, so ein Sprecher.
Derzeit sammelt der Lidar-Sensor allerdings lediglich Daten, ist also noch nicht sicherheitsrelevant aktiv. Im Laufe des Jahres erfolgt über ein Softwareupdate Over-the-Air die Aktivierung des Sensors. Selbstverständlich ist der EX90 mit einer Vielzahl von Assistenzsystemen ausgestattet, und die Navigation rechnet bei der Reiseplanung die notwendigen Ladepausen ein. Das gemeinsam mit Google entwickelte Infotainmentsystem umfasst den Karten- und Navigationsdienst Google Maps, die Spracherkennung Google Assistant, Apps und Services von Drittanbietern sowie speziell für Elektrofahrzeuge entwickelte Funktionen.

Der Einstieg in die Welt des Volvo EX90 kostet 83.700 Euro. Der Twin Motor AWD startet mit 91.700 Euro, für den Performance müssen mindestens 96.800 Euro investiert werden. Trotz der fraglos gehobenen Premium-Preise kann der als Firmenwagen angeschaffte Volvo EX90 bei Privatnutzung vergünstigt versteuert werden. Schließlich wurde der dafür geltende Bruttolistenpreis von 70.000 Euro auf 95.000 Euro angehoben. Und dafür lässt sich der Volvo schon recht ordentlich ausstatten.
Volvo EX90 – Technische Daten:
Fünftüriger, fünf-, sechs- oder siebensitziger Elektro-Crossover; Länge: 5,04 Meter, Breite: 1,96 Meter (mit Außenspiegeln 2,11 Meter), Höhe: 1,74 Meter, Radstand: 2,99 Meter, Kofferraumvolumen: 324 (7 Sitzplätze), 669 (5 Sitzplätze) – 1.955 Liter, Anhängelast: 1.200 kg (FWD), 2.200 (AWD).
Single Motor:
Ein PSM-E-Motor: vorne 205 kW/279 PS, maximales Drehmoment: 490 Nm, Frontantrieb, Eingang-Automatik, 0-100 km/h in 8,4 Sek., Vmax: 180 km/h, Batteriekapazität: 101 kWh netto, Reichweite: 580 Kilometer, max. DC-Ladeleistung: 235 kW, max. AC-Ladeleistung: 11 kW, Normverbrauch: 19,9 kWh/100 km, Preis: ab 83.700 Euro.
Twin Motor AWD:
Zwei PSM-E-Motoren: vorne 173 kW/235 PS, maximales Drehmoment: 420 Nm hinten 127 kW/173 PS, maximales Drehmoment: 350 Nm, Allradantrieb, Eingang-Automatik, 0-100 km/h in 5,9 Sek., Vmax: 180 km/h, Batteriekapazität: 107 kWh netto, Reichweite: 570 – 614 Kilometer, max. DC-Ladeleistung: 250 kW, max. AC-Ladeleistung: 11 kW, Normverbrauch: 20,8 – 22 kWh/100 km, Preis: ab 91.700 Euro.
Twin Motor Performance AWD:
Zwei PSM-E-Motoren: vorne 180 kW/245 PS, maximales Drehmoment: 420 Nm hinten 200 kW/272 PS, maximales Drehmoment: 490 Nm, Allradantrieb, Eingang-Automatik, 0-100 km/h in 4,9 Sek., Vmax: 180 km/h, Batteriekapazität: 107 kWh netto, Reichweite: 570 – 614 Kilometer, max. DC-Ladeleistung: 250 kW, max. AC-Ladeleistung: 11 kW, Normverbrauch: 20,8 – 22 kWh/100 km, Preis: ab 96.800 Euro.
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