Mit dem Q6 e-tron läutet Audi eine neue Ära ein: Niedriger Verbrauch, schnelles Laden und viel Komfort. Ein Fahrbericht.
Mit dem Q6 e-tron hat Audi ein komplett neues Modell auf die Räder gestellt. Und dieses unterscheidet sich von den bisherigen e-trons dadurch, dass erstmals bei der Marke mit den vier Ringen die mit Porsche gemeinsam entwickelte PPE-Plattform eingesetzt wird. Und das bedeutet: großer Akku und schnelles 800-Volt-Laden. Bis zu 270 kW Ladestrom sollen erreicht werden, was ein Nachladen von 255 Kilometern in 10 Minuten ermöglicht, so die Angaben von Audi. Wir haben diese Angaben freilich überprüft – doch davon später mehr.
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In der Redaktion angetreten ist der Q6 quattro SUV mit 285 kW Leistung, die er aus zwei Motoren gewinnt – je eine vorne und eine hinten. Diese beschleunigen ihn in weniger als sechs Sekunden von Null auf 100 Stundenkilometer. Für deutsche Stromer eher untypisch ist die Höchstgeschwindigkeit von 210 km/h; üblicherweise wird schon früher abgeregelt. Mit einer Akkugröße von brutto 100 kWh (netto 94,5 kWh) soll der 2,4 Tonnen schwere SUV Strecken von 540 bis 625 Kilometer ohne Zwischenstopp absolvieren. Der Verbrauch wird mit 19,6 kWh je 100 Kilometer angegeben.

Audi betont die Rekuperationsfähigkeiten des Q6. Der Antrieb holt sich besonders viel Energie aus der Verzögerung zurück. Bis zu 220 kW fließen beim Bremsen zurück in den Akku. Wobei der Wagen die Stärke automatisch wählt und die Rekuperation etwa vor Kurven schon von alleine aktiviert. Will der Fahrer die Stärke verstellen, kann er das mit zwei Paddels am Lenkrad erledigen. Das insgesamt hervorragend geklappt: Wir haben uns schnell daran gewöhnt, und es spart Energie.
Audi Q6 e-tron: 2 Tonnen Anhängelast

Rein äußerlich erstreckt sich der Q6 auf Raummaße von 4,77 Meter Länge, einer Breite von 1,94 und einer Höhe von 1,65 Meter. Der Radstand beträgt 2,90 Meter. In den Laderaum passen 526 bis 1.529 Liter, und darunter findet sich noch ein geräumiges Staufach. Kabel kann man aber auch im Frunk unterbringen, der nun integriert wurde und 64 Liter fasst. Die Anhängelast liegt bei üppigen 2 Tonnen gebremst und 750 kg ungebremst, die Stützlast beträgt 100, die Dachlast 75 kg.
Das Raumgefühl auf den Vordersitzen ist auch ohne Glasdach sehr großzügig bemessen, die bequemen und langstreckentauglichen Sitze bieten einen sehr weiten Bereich an Einstellmöglichkeiten, das Lenkrad lässt sich axial weit verstellen. Recht wenig Platz herrscht indes vor den Fondsitzen: Bei einen SUV dieser Größe hätten wir mehr Beinfreiheit erwartet. Und: Vor dem Beifahrersitz findet sich ein Extra-Display für den/die Beifahrer/in, über das man die gleichen Funktionen ansteuern kann wie der Fahrer – und ihm im besten Fall Aufgaben abnehmen. Freilich wird auch die Sprachsteuerung immer intelligenter und lernt mit der Zeit dazu. Alle Befehle konnte sie zwar noch nicht umsetzen, doch das Spektrum wird immer größer. Aktiviert wird sie per Taste am Lenkrad oder über den Ruf „Hey Audi“.
Verbrauch: 21,4 kWh auf der Testrunde
Doch kommen wir zur realen Performance des Q6 e-tron zu einer Zeit, da die Temperaturen oft unter 10 Grad lagen. So absolvierten wir unsere Testrunde bei eben diesen Werten und ermittelten einen Verbrauch von 21,4 kWh je 100 Kilometer. Das kann sich sehen lassen. Zum Vergleich: Der erste von uns gefahrene e-tron 55 quattro (Februar 2020) lag bei 29,5 kWh je 100 Kilometer – allerdings im Gesamtverbrauch. Und so kann man sich leicht ausrechnen, dass von Reichweiten um die 500 Kilometer und mehr kaum die Rede sein kann – der Bordcomputer errechnete nach der 100-Prozent-Vollladung lediglich 375 Kilometer an.

Das Fahren im Q6 ist sehr komfortabel. Das Fahrwerk bietet fünf verschiedene Fahrmodi und bügelt alle Unebenheiten souverän weg. Der Antrieb reagiert auch im Eco-Modus auf leichte Bewegungen des Stromfußes mit markantem Vortrieb, die Lenkung ist direkt und liefert viel Gefühl für das Geläuf, bremsen muss man nur selten – und wenn, dann sind die Stopper gut dosierbar und beißen kräftig zu.
Der adaptive Tempomat folgt dem Straßenverlauf zuverlässig; lediglich der Spurwechselwarner greift uns zu stark in das Lenkrad, wenn man (nach Ansicht des Assistenten) mit nicht ausreichendem Abstand die Spur wechseln möchte. Top ist das große Head-up-Display mit Augmented-reality-Funktion. Es visualisiert die Fahrsituationen und blendet Abbiegehinweise so ein, dass ein Falschfahren nahezu ausgeschlossen ist.
Laden: 26 Minuten von 10 auf 80 Prozent

Mit 19 Prozent Rest-SoC machten wir uns also auf den Weg zu „unserer“ 300-kW-Ladesäule von EnBW. Diese war im Navi schnell gefunden, die Zielführung aktiviert, was den Akku vorwärmt. Doch schon nach wenigen Kilometern warnte der Audi vor niedrigem Akkustand und wollte uns zu einer näheren Säule lotsen. Diesen Ziel-Ladestand kann man einstellen, doch dieser Zielwert lag bei 10 Prozent. Letztlich kamen wir mit 10 Prozent Akkuladung an und wunderten uns, warum der Audi so viel Panik verbreitet hatte, denn der Ziel-Ladestand, zu dem man spätestens an einer Säule ankommen soll, lag bei 10 Prozent.
Wie erwähnt soll der Q6 mit bis zu 270 kW geladen werden können – ganz so viel hat er bei Temperaturen von 9 Grad aber nicht geschafft. Nach einigen Minuten hatte er sich auf 243 kW gesteigert, danach fiel die Kurve recht gleichmäßig ab (siehe Ladekurve). Die Ladezeit von 10 auf 80 Prozent SoC betrug 26 Minuten, die durchschnittliche Ladeleistung 162 kW. Die Audi-Vorgabe liegt bei 21 Minuten. Ob die ständige Änderung der Routenplanung die Akkuklimatisierung gestört hat, können wir freilich nicht nachvollziehen. Wir gehen aber davon aus, dass der Q6 e-tron bei warmen Temperaturen durchaus die avisierten 270 kW erreicht.
Übrigens: Für das AC-Laden stellt Audi für den Q6 bislang nur 11 kW zur Verfügung, ein 22-kW-Lader soll bald nachgereicht werden.
Leider noch kein 22-kW-Lader

Werfen wir noch einen Blick auf die Bedienung. Physische Tasten gibt es nur wenige, aber ein Drehknopf für die Lautstärke hat die Digitalisierung überlebt. Viel funktioniert via Monitor; in der Fahrertür finden sich noch einige Tasten. Gewöhnungsbedürftig sind die Lenkradtasten, die sowohl auf Sliden als auch auf Drücken reagieren: Hier braucht es viel Feingefühl.
Der A6 e-tron setzt noch auf einen Starterknopf. Doch seltsamerweise muss man ihn zweimal drücken, bevor man einen Gang einlegen kann. Der erste Druck schaltet lediglich die Zündung an. Schön hat Audi den Umgang mit dem „Euro-Klingeln“ gelöst: Einerseits sind die beiden Warntöne sehr dezent, andererseits kann man die Abschaltfunktion auch auf die Sterntaste am Lenkrad legen.

Bleibt der Blick auf die Kosten. Ganz günstig ist der Q6 e-tron quattro 285 kW freilich nicht. Schon in der Basisvariante kostet er 74.700 Euro brutto. Mit einigen Extras strebt man schnell auf die 100.000-Euro-Grenze zu; unser Testwagen kostete letztlich 97.805 Euro, wobei der Löwenanteil auf das „Tech-pro“-Paket entfiel, das 8.500 Euro kostet und Nettigkeiten wie den adaptiven Fahrassistenten plus, die adaptive Luftfederung, das Komfortpaket pro und digitale OLED-Rückleuchten enthält.
Der ADAC beziffert die Betriebskosten (TCO) bei einer Laufleistung von 5 Jahren und 15.000 Jahreskilometern auf 100,7 Cent je Kilometer oder 1.258 Euro im Monat – für die Basisvariante wohlgemerkt.
Kosten: Gut ein Euro je Kilometer
Fazit: Der Q6 e-tron ist ein klasse Auto für die Langstrecke. Der Verbrauch ist angemessen, das Fahren sehr komfortabel, die Sitze sind bequem und stützen gut und das Laden geht schnell. Somit lässt es sich verkraften, dass 500 Kilometer am Stück kaum zu schaffen sind. Aber ab und zu eine Kaffeepause tut ja gut.
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Audi Q6 e-tron quattro 285 kW – Technische Daten:
Fünftüriges, fünfsitziges SUV der oberen Mittelklasse mit 800-Volt-Architektur; Länge: 4,77 m, Breite: 1,94 m, Höhe: 1,65 m, Radstand: 2,90 m, Kofferraumvolumen hinten 526 – 1.529 Liter, Frunk 64 Liter, Anhängelast: 2.000/750 kg (gebremst/ungebremst), Dachlast: 75 kg, Stützlast: 100 kg.
Asynchronmotor vorn mit 140 kW/190 PS, Permanentsynchron-Motor hinten mit 280 kW/381 PS, Systemleistung: 285 kW/387 PS, max. Drehmoment 275/580 Nm (vorne/hinten), 1-Gang-Getriebe, Allrad, Lithium-Ionen-Batterie mit 100 kWh (94,5 kWh netto), 0-100 km/h: 5,9 sek., Vmax: 210 km/h, max. Reichweite 540 – 625 km (WLTP), max. Ladeleistung 270 kW.
Messwerte (Winter): Max. Ladeleistung 11 kW AC, 243 kW DC, Ladeleistung (Durchschnitt) 162 kW, Ladezeit von 10 auf 80 % SoC: 26 Minuten.
Verbrauch (Winter): 19,6 – 17,0 kWh (WLTP), Testverbrauch (inkl. Ladeverlusten): 24,8 kWh, Testrunde (100 km): 21,4 kWh, Reichweite: ca. 350 – 400 km.
Preis: 74.400 Euro, Testwagenpreis: 97.805 Euro.

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