CO2-Vorgaben

CO2-Vorgaben lockern? Widerstand formiert sich

Heftige Reaktionen auf Öttingers Vorstoß, die CO2-Vorgaben und Strafzahlungen seitens der EU zu verschieben.

Im Zuge der Corona-Krise ist ein Gerangel darüber ausgebrochen, ob die EU die Grenzwerte für die Neuwagen-Emissionen und daraus folgende Strafzahlungen lockern solle. Jüngst haben viele Lobbygruppen der Autoindustrie einen Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen geschrieben, in dem sie für die Verschiebung plädieren. Der Brief wurde von den europäischen Lobbygruppen der Hersteller, Zulieferer, Reifenhersteller und Händler unterzeichnet. Die Gruppen weise darin auf die „erheblichen Herausforderungen“ hin, die die aktuelle Corona-Krise auf den Automobilsektor haben „und die Maßnahmen, welche die Europäische Kommission vor diesem Hintergrund potenziell treffen“ könne.



Dem widersprechen nun Wirtschafts- und Verbandsvertreter: Mit deutlichen Worten reagieren sie auf den Vorstoß des ehemaligen EU-Kommissars Günther Oettinger (CDU), die CO2-Grenzwerte für Neuwagen in der EU zu lockern. Im Gespräch mit „Automobilwoche“ hatte Oettinger das Ansinnen bestätigt, wonach die vereinbarte Regulierung der CO2-Reduktion wegen der gegenwärtig anhaltenden Corona-Krise verschoben und die fälligen Strafzahlungen der Automobil-Industrie ausgesetzt werden sollen. Offenbar gibt es dazu bereits Gespräche auf politischer Ebene.

„Selten dreist und kontraproduktiv“

CO2-Vorgaben
Kurt Sigl, Präsident des BEM. Foto: BEM

„Der Vorschlag zur Verschiebung der CO2-Abgaben ist selten dreist und kontraproduktiv“, kommentierte Kurt Sigl, Präsident des Bundesverbandes eMobilität e.V. (BEM), den Vorstoß. „Den gesellschaftlichen Ausnahmezustand durch die Corona-Vorsorge zu benutzen, um industrielle Vorteile zu erlangen, ist schamlos und schockierend, noch dazu, wenn sie von einem ehemaligen EU-Kommissar transportiert werden.“ Die Notwendigkeit zum Umbau der Industrie zu mehr Nachhaltigkeit werde durch das Virus weder geringer, noch erleide die Branche bei fehlendem Absatz jetzt größeren CO2-Schaden. „Vielmehr zeigt die Krise neue Handlungskorridore auf wie etwa durch mehr Digitalisierung oder aufkommende Behördenfitness, so dass die Zeit nach Corona umso besser für Entwicklungssprünge auch in der Automobilindustrie genutzt werden kann.“

Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbandes Erneuerbare Energie e.V. (BEE), sagte: „Die Coronakrise gegen die Klimakrise zu stellen, ist völlig kontraproduktiv. Wir müssen im Gegenteil daraus lernen und frühzeitig auf die Wissenschaft hören. Die CO2-Grenzwerte für Neuwagen in der EU jetzt zu lockern, hieße, die Wettbewerbsbedingungen für saubere Mobilität zu verschlechtern. Damit gefährden wir nicht nur die Einhaltung der Klimaziele, sondern fallen im internationalen Wettbewerb um klimafreundliche Technologien noch weiter zurück. Das muss von der Bundesregierung klar abgelehnt werden.“

„Eigene Investitionen nicht gefährden“

„Die Corona-Krise zu nutzen um die notwendigen CO2-Reduktionsziele aufzulockern ist auf das Äußerste zu kritisieren“, kommentiert Thomic Ruschmeyer, Vorsitzender des BSM – Bundesverband Solare Mobilität e.V. „Wir müssen nicht nur in der Gesundheitsvorsorge, sondern im globalen Zusammenhang lernen, einen wirklichen Neustart zu einer nachhaltigen Welt mit erneuerbarer Energieversorgung und Mobilität schnellstmöglich aufzubauen.“

„Klimaschutz und Corona lassen sich nicht gegeneinander aufrechnen – auch ökonomisch macht Klimaschutz Sinn“, stellte die Geschäftsführerin von UnternehmensGrün – dem Bundesverband der grünen Wirtschaft -, Dr. Katharina Reuter, klar. „Wenn jetzt die fossile Automobilindustrie Morgenluft wittert und Corona gegen Klimaschutz ausspielen möchte, entwertet sie nicht nur ihre eigenen Investitionen in spritsparende Antriebe, Elektromobilität und Brennstoffzellen, sondern offenbart auch eine unglaubliches Maß an Anti-Solidarität mit der jungen Generation, die auf Klimaschutzmaßnahmen angewiesen ist.“ HM/Titelfoto: pixabay

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