Das Einspeisen von PV-Strom aus der eigenen Anlage lohnt kaum noch. Macht es Sinn, das E-Auto damit zu betanken?
Vor Jahren war das Prozedere klar. Der selbst über eine Photovoltaik (PV)-Anlage produzierte Strom wurde ins Netz eingespeist – und dafür gab es Geld. Doch bei Preisen von nur noch 9 Cent je Kilowattstunde lohnt sich das nicht mehr. Was tun damit?
Nun, das Betanken von E-Autos mit selbst produziertem Bio-Strom ist damit nicht nur aus ökologischer, sondern auch aus ökonomischer Sicht interessanter geworden. Lange Zeit konnten PV-Anlagenbetreiber mit der Netzeinspeisung ihres Stroms dank der sehr hohen Vergütung durch der EEG-Umlage gutes Geld verdienen. Für neu startende PV-Einspeiser gibt es nur noch 9 Cent für die Kilowattstunde, während sie gleichzeitig als Strombezieher rund 30 Cent pro Kilowattstunde an den Netzbetreiber zahlen müssen. Wer also den Strom für sein E-Auto aus dem Netz bezieht und gleichzeitig mit seiner PV-Anlage in dieses einspeist, zahlt eigentlich drauf. Finanziell lohnt es sich jedenfalls heute, überschüssige Energie vornehmlich zum Eigenbedarf auch für den Betrieb eines Elektromobils zu nutzen.
Die richtige Wallbox
Wer auf ein E-Auto umsteigen und dieses vornehmlich in der eigenen Garage betanken will, schafft sich fürs optimale Lademanagement in der Regel eine Wallbox an. Wer als E-Auto-Nutzer mit dem Gedanken spielt, zu einem späteren Zeitpunkt eine eigene Solaranlage zu installieren, sollte deshalb vorausschauend eine Wallbox wählen, die bereits über Schnittstellen zur Kommunikation mit einer Solaranlage verfügt oder diese nachrüstbar sind. Dann kann die Wallbox als Energiemanager für den PV-Strom fungieren, der alle Stromquellen mit den Verbrauchern wie den E-Autos und einem möglicherweise vorhandenen Stromspeicher vernetzt.
Der Markt für Wallboxen ist mittlerweile groß, doch nur wenige davon sind darauf ausgelegt, eine PV-Anlage anzusteuern. Anbieter wie ABL, SMA oder das Energieunternehmen Sonnen haben entsprechende Lösungen im Angebot. Der im September 2020 eingeführte, rund 1.200 Euro teure EV Charger des deutschen Wechselrichterherstellers SMA soll beispielsweise über sein per Smartphone-App steuerbares Energiemanagement den Bedarf aller Verbraucher berücksichtigen, dabei Abfahrtzeiten integrieren und auf minimale Ladekosten fürs Auto achten.
Das Problem Speicher
Die Anschaffung einer solchen Wallbox-Technik ist unter anderem für Betreiber einer bereits bestehenden Solaranlage als Nachrüstlösung interessant, erlaubt sie es doch, den bislang eingespeisten PV-Strom fortan kontrolliert fürs E-Auto abzuzweigen. Das könnte sich zum Beispiel für ältere Solaranlagen lohnen, die aus einer Förderung fallen, denn für Strom einer ausgeförderten PV-Installation bekommt man derzeit am freien Markt nur wenige Cent pro Kilowattstunde.
Ein Problem beim Laden von E-Autos mit eigenem PV-Strom betrifft den optimalen Zeitpunkt. Dieser liegt nämlich um die Mittagsstunden, wenn PV-Anlagen die mit Abstand meiste Energie generieren. Doch Berufspendler haben genau zu dieser Zeit ihr Auto statt in der heimischen Garage auf dem Parkplatz ihres Arbeitsgebers geparkt. Damit der Mittagsstrom nicht ungenutzt bleibt, bietet sich PV-Anlagen-Besitzern die Möglichkeit, zusätzlich einen Stromspeicher zu installieren. Üblich sind derzeit bei vielen Speicheranbietern noch rund 1.000 Euro pro Kilowattstunde, im Netz finden sich allerdings auch schon Angebote, bei denen die Preise deutlich darunter liegen.
Wie groß muss der Speicher sein?
Dank der Skalierungseffekte in der Zellenproduktion aufgrund des Hochfahrens der E-Mobilität werden in nächster Zeit die Speicherpreise sehr wahrscheinlich stark fallen. Doch vorerst bleibt die Frage nach der Speichergröße vor allem eine Kostenfrage. Ein Strompuffer mit 20 kWh Speicherkapazität wäre eine souveräne Lösung, für die allerdings ein fünfstelliger Betrag fällig wird. Die Frage nach dem Rightsizing beantwortet die Verbraucherzentrale NRW in einem Ratgeber, der 1 kWh Speicherkapazität pro 1.000 Kilowatt jährlichen
Stromverbrauch empfiehlt. Beträgt dieser für den Haushalt 3.500 kWh und für ein tagsüber nicht zuhause abgestelltes E-Auto 2.500 kWh, sollte der Speicher 6 kWh groß sein. Der Vorteil einer solchen Lösung: Der Mittagsstrom landet in größeren Mengen im stationären Akku, was es abends und nachts erlaubt, neben anderen Verbrauchern auch die Batterien des E-Autos mit dem klimafreundlichen Solarstrom zu füttern.
4,1 kW für 34 Km
Ebenfalls die Frage der optimalen Dimensionierung stellt sich in Hinblick auf die PV-Anlage selbst. Das Greentech-Start-up Zolar aus Berlin hat für drei E-Autotypen modellhaft errechnet, wieviel Reichweite unterschiedlich dimensionierte PV-Anlagen abzüglich des PV-Strom-Eigenverbrauchs für den Haushalt bei Tagesbetankung liefern können. Demnach würde eine kleine PV-Anlage mit 4,1 Kilowatt im Peak (kWp) dafür reichen, einen E-Golf pro Tag mit 34 Kilometer Reichweite zu versorgen, beim Tesla Model S wären es 25, bei Hyundai Ioniq 40 Kilometer. Handelt es sich hingegen um eine große Anlage mit 9,9 kWp, steigen die täglich verfügbaren Reichweiten auf 127, 91 und 150 Kilometer.
Die Unterschiede begründen sich unter anderem durch unterschiedliche Verbrauchswerte der Fahrzeuge sowie unterschiedliche Batteriegrößen. Mit seiner theoretischen Rechnung will Zolar aufzeigen, dass Solaranlagen ihre Besitzer in die Lage versetzen, ihr E-Auto mit den für Alltagsfahrten benötigten Strom weitgehend versorgen zu können. Besonders viel Reichweite gibt es selbstverständlich bei großen Anlagen, idealerweise in Kombination mit einer Batterie. Laut Verbraucherzentrale NRW eignen sich Solaranlagen für die Sonnenbetankung von E-Autos, wenn sie auf 5 bis 20 kWp ausgelegt sind.
Hohe Kosten
Wer eine Selbstversorgerlösung will, muss allerdings auch kräftig investieren. Zolar nennt auf seiner Webseite Preise für Anlagenpakete. Wer eine große Installation mit 9,9 kWp samt 10,2 kWh großen Speicher will, muss rund 23.000 Euro investieren. Kommen dann noch eine intelligente Wallbox sowie ein Elektroauto mit größerem Akku hinzu, wird man leicht bei 60.000 bis 70.000 Euro landen. Schnell amortisieren kann sich ein solches Investment leider nicht. Mario Hommen/SP-X/Titelfoto: Haas Fertighaus
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