Der Markt für Fahrstrom am Straßenrand ist viel in Bewegung, unübersichtlich und intransparent. Nun soll er stärker reguliert werden.
Gerade erst hat die Monopolkommission der Bundesregierung in ihrem neuen Bericht vor Wettbewerbsproblemen gewarnt. Die Analyse der Daten zu rund 42.000 Ladepunkten zeige, dass oftmals einzelne Betreiber hohe Anteile an den Ladepunkten in einzelnen Regionen kontrollieren. Der fehlende Wettbewerb beim Fahrstrom führe zu wenig kundenfreundlichen Preisen, monieren die Experten. In der Tat sind die Fahrstrompreise in den vergangenen Monaten tendenziell gestiegen – sowohl an den Normalladern als auch an den Schnellladesäulen. Fehlender Wettbewerb dürfte dabei zumindest einer der Gründe sein.
Die Stadtwerke als Monopolisten
Bei den Monopolisten handelt es sich nicht selten um die örtlichen Stadtwerke, wie eine Studie des Ökostrom-Anbieters Lichtblick zeigt. In Hannover etwa gehören der Erhebung zufolge 96 Prozent aller öffentlichen Ladepunkte der städtischen Enercity AG, in München haben die örtlichen Stadtwerke einen Marktanteil von 88 Prozent, die öffentlichen Versorger in Kiel kommen auf 84 Prozent. Ähnlich sehen die Zahlen auch in anderen Großstädten aus. In Hamburg etwa liegt der Anteil des Marktführers bei 87 Prozent, in Köln bei 71 Prozent und in Berlin bei 65 Prozent. Die Dominanz dürfte ihre Gründe auch darin haben, dass der städtische Markt bislang klein war und gleichzeitig hohe Investitionen erforderte – entsprechend wenig attraktiv erschien er für überregionale Anbieter. Die öffentlichen Stadtwerke füllten als Pioniere also eine Lücke.
Eine Reihe von Regulierungen…
Die Monopolkommission warnt schon länger, dass der Hochlauf der E-Mobilität Wettbewerbs- und Effizienzrisiken berge. Führende Anbieter für Fahrstrom könnten Anreize besitzen, den Markt für Lademöglichkeiten strategisch abzuschotten, fürchten die Experten. Etwa, indem zum Laden technisch inkompatible Vorrichtungen verwendet werden. Das wäre nicht nur ärgerlich für die Kunden, sondern gesellschaftlich ineffizient. Denn vorhandene Lademöglichkeiten könnten aufgrund ausschließlicher Nutzungsmöglichkeiten nicht optimal verwendet werden. In den vergangenen fünf bis zehn Jahren sind eine ganze Reihe von Regulierungen in Kraft getreten, die solche Phänomene verhindert sollten. Allen voran die Ladesäulenverordnung, die einheitliche Stecker und eichrechtlich geprüfte Messgeräte vorschreibt. Auch herstellergebundene Ladeinfrastruktur wie sie Tesla mit seinen Superchargern geschaffen hat, ist heute rechtlich nicht mehr ohne weiteres möglich.
…die aber nicht ausreichen
Ausreichend sind die bisherigen Maßnahmen aus Sicht der Monopolkommission aber nicht. Das Beratergremium macht daher eine Reihe von Verbesserungsvorschlägen für die nächste Regierung. So sollten die Förderprogramme eine höhere Förderung vorsehen, wenn die Betreiber der geförderten Ladepunkte in einem lokalen Gebiet weniger als 40 Prozent aller Ladepunkte auf sich vereinen. Bei Schnellladepunkten an Autobahnen sollte die Möglichkeit des Betriebs von Ladepunkten unterschiedlicher Betreiber an einem Standort geschaffen werden. Außerdem sollten Preise über eine Markttransparenzstelle zugänglich gemacht werden. Das gleiche gilt nach Ansicht der Experten für Informationen zum aktuellen Status einer Ladesäule, so dass Nutzer erkennen können, wenn sie belegt oder außer Betrieb ist.
Eine kWh soll nicht mehr als 44 Cent kosten
Zumindest bei dem nun von der Regierung gestarteten Ausbau der Schnelllade-Infrastruktur – des sogenannten Deutschlandnetzes – sind Vorsichtsmaßnahmen eingezogen, die für mehr Wettbewerb und Transparenz sorgen sollen. Das Bundesverkehrsministerium hat Deutschland dazu in 900 Suchräume aufgeteilt, die sich auf 23 Regionallose in sechs Regionen aufteilen. Einzelne Betreiber können sich nur ein begrenztes Kontingent an Losen sichern. Zudem sind die Standorte so zugeschnitten, dass auch regional tätige Betreiber sowie kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) angesprochen werden. Getrennt davon werden Standorte an Autobahnen vergeben, die vor allem für deutschland- und europaweit agierende Unternehmen interessant sein sollen. Selbst eine Preisobergrenze für den DC-Strom hat der Staat bereits festgelegt: die Kilowattstunde soll demnach nicht mehr als 44 Cent kosten. Allerdings handelt es sich um ein „atmendes“ Limit, das sich regelmäßig an die Marktentwicklung anpassen lässt.
Noch fehlt das Volumen
Auch unabhängig von Regulationen dürfte sich der Markt mit der Zeit konsolidieren. Fahrstrommarkt-Experte Alexander Krug von der Unternehmensberatung Arthur D. Little rechnet damit, dass sich die Preise mittelfristig beruhigen. Zunächst könnten sie allerdings noch steigen, vor allem beim Ultraschnellladen sieht er aktuell einen Trend zu höheren Ladepreisen. Mittelfristig erwartet er jedoch eine Korrektur nach unten. „Aktuell fehlt es noch an Volumen, so dass die Auslastung an den Säulen einfach nicht stimmt“, so Krug. Ein für die Betreiber finanziell stimmiges Verhältnis von Fahrzeugen und Steckdosen erwartet er in den kommenden fünf bis zehn Jahren. Trotzdem dürfte das Aufstellen von Ladesäulen je nach Standort und Technologie auch dann noch vereinzelt ein Zuschussgeschäft bleiben. „Mit dem puren Fahrstromverkauf ist in absehbarer Zeit kein Geld zu verdienen“, glaubt Krug.
„Noch ist mit Fahrstrom kein Geld zu verdienen“
Profitabel könnten allenfalls Ultraschnelllader an besonders guten Standorten sein, etwa an attraktiven Autobahnraststätten oder in Shopping-Bezirken der Innenstädte. Die meisten Stromtank-Plätze werden allerdings nur im Zusammenhang mit übergreifenden Geschäftsmodellen attraktiv. Krug rechnet damit, dass sich in den kommenden Jahren eine Hand voll großer Firmen herauskristallisiert, die mit Energie-Komplettangeboten ihr Geld machen und neben dem reinen Fahrstromladen auch Photovoltaik– und Energie-Systemlösungen anbieten: für private Nutzer und für Geschäftskunden. SP-X/Titelfoto: Daimler
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