Im Testzeitraum von 14 Tagen fallen uns an einem Auto viele Kleinigkeiten auf. Das Test-Tagebuch fasst diese zusammen. Der Kandidat: Cupra Born.
Mit Spannung ist er erwartet worden, der Cupra Born. Einst als Seat el-Born (ein Stadtteil Barcelonas) aus der Taufe gehoben und auf den letzten IAA in Frankfurt gezeigt, wandelte er sich dann in einen Cupra und verlor das „el“. Nun ist er also auf dem Markt und wird umso neugieriger begutachtet als er der (erste) Bruder des VW ID.3. Und ach! Was für ein Unterschied. Der Born kommt griffig rüber, in mitternachtsblauem Lack mit kupferfarbenen Felgen ist er ein wahrer Hingucker. Das Design ist schnittig, sportlich, mit großem Diffusor am Heck und aggressiver Front. Klasse, uns gefällt´s; klein Vergleich mit dem biederen Bruder.
Die Reichweite: der BC zeigt 300
Werfen wir einen Blick auf die Technik. Auf unseren Parkplatz rollte er mit 62-kWh-Akku (davon nutzbar 58 kWh) und 150 kW/204 PS sowie Hinterradantrieb. Diese Version ist die erste, die in Zwickau vom Band rollt, die anderen folgen noch: 170 kW/77 kWh, 170 kW/58 kWh und 110 kW/45 kWh. Schön wäre noch eine Variante mit jenen 150 kW in unserem Testwagen und der großen Batterie, doch davon ist keine Rede, schade.
Als maximale Ladeleistung ist 128 kW am Schnelllader angegeben – wir sind schon sehr gespannt, ob er das schaffen wird. Die Höchstgeschwindigkeit ist auf 160 km/h limitiert, der Sprint auf 100 km/h gelingt in 7,3 Sekunden – und schon auf den ersten Kilometern spüren wir, dass das vollkommen ausreicht. Selbstverständlich ist ein 3-Phasen-Lader an Bord. Ach ja, die Reichweite. Nach dem ersten Ladevorgang meldet der Bordcomputer rund 300 Kilometer – laut WLTP sollten es 424 sein, doch sei´s drum. Übrigens: Eine SoC-Anzeige, also die prozentuale Ladestandanzeige, gibt es nicht.
Der Preis: 47.557 Euro brutto
Ausgestattet ist der mindestens 37.220 Euro teure Born als Testwagen mit 20-Zoll-Rädern, einem schönen und großen Head-up-Display, Wärmepumpe (gehört nicht zum Serienumfang!), Diebstahlwarnanlage, Glasdach und Keyless-Go-System. Damit kommt er auf einen Preis von 47.667 Euro brutto, wovon man den Umweltbonus von knapp 10.000 Euro noch abziehen darf.
28.03.2022: Also hinein und los. Der sportliche Eindruck, den der Born äußerlich macht, relativiert sich beim Fahren. Zwar spricht das Fahrwerk etwas straffer an als bei anderen Fahrzeugen ohne die sportlichen Attitüden des Cupra, doch hält sich das im Rahmen. Die Lenkung ist ebenfalls ein wenig direkter, und beim leichten Druck auf das E-Pedal schnurrt der Born flugs los. Bedienung und Infotainment sind aus dem ID.3 bekannt; der Drehregler befindet sich hinter dem Lenkrad, Schaltwippen zur Einstellung der Rekuperation gibt es keine, lediglich die „B“-Einstellung über den Schalthebel.
Die Tasten am Lenkrad: Gewöhnungsbedürftig
Die Sitzposition erlaubt auch größeren Fahrern/innen ein kommodes Auskommen hinter dem axial großzügig verstellbaren Lenkrad. Auch der Platz im Fond kann E-Auto-typisch als üppig bezeichnet werden. Der Kofferraum fasst 385 bis 1.267 Liter.
Etwas gewöhnungsbedürftig sind die Bedienflächen am Lenkrad, die auf leichte (Streich-)Berührungen reagieren. An diesen ist ja schon viel Kritik geübt worden, wir sind mal gespannt, ob wir uns im Laufen der Testzeit an sie gewöhnen. Und noch eine Auffälligkeit: Das Infotainment reagiert ein wenig träge. Insbesondere bei der Spracheingabe von Zielen lässt sich das Navi viel Zeit. Ist das ein Problem? Wir werden sehen.
31.03.2022: Wir waren schnellladen. Und das nicht bei einstelligen Temperaturen, sondern endlich bei gemütlichen und frühlingshaften 18 Grad und einem Ladestand von 17 Prozent. Der Born mit 150 kW soll laut Hersteller eine maximale Ladegeschwindigkeit von 120 kW meistern, zumindest kurzfristig. Doch erneut haben wir die Vorgaben an unserer Ionity-Ladestation nicht erreicht. Nach 5 Minuten erreichte die Ladekurve ihren Höhepunkt bei 80 kW (gestartet war sie bei 71 Prozent), um danach für die restlichen 35 Minuten langsam abzusinken. Nach 45 Minuten schaffte der Lader noch 36 kW, und der Akku war zu diesem Zeitpunkt zu 85 Prozent gefüllt. Von den angegebenen 120 kW waren wir weit entfernt und einigermaßen enttäuscht.
Schade, denn ansonsten macht der Born eine gute Figur, nicht nur äußerlich. Das Fahrwerk ist wie erwähnt nicht übermäßig straff und der Innenraum wie bei einem Stromer üblich großzügig bemessen: Vier große Personen passen ohne weiteres hinein, wie wir festgestellt haben. Ein wenig vermissen wir Lenkradpaddel für die Einstellung der Rekuperation; der Griff an den Schaltstummel hinter dem Lenkrad ist weniger komfortabel, bietet auch nur eine Stufe.
06.04.2022: Wir haben uns angefreundet mit dem Cupra Born. Trotz seines sportlichen Äußeren und seines etwas strafferen Fahrwerks ist er ein gutes Alltagsauto, das oft die Blicke auf sich zieht. Freilich bedient sich auch Cupra/Seat aus dem Regal der Mutter Volkswagen – so auch das Infotainment sowie die Tasten und Schalter, die man schon seit dem ID.3 kennt und die viel kritisiert wurden. In der Tat tut man sich zu Beginn mit dem Drückwischen auf den Flächen am Lenkrad und unter dem Monitor (unbeleuchtet!) schwer, mit der Zeit aber entwickelt man ein Gefühl dafür und gewöhnt sich daran. Dennoch: Es ginge einfacher und präziser.
Der zentrale Monitor besitzt eine schöne Grafik, was insbesondere in der Kartendarstellung hilft. Die Menüführung könnte durchaus klarer sein: Die Infos zum elektrischen System finden sich auf zwei verschiedenen Seiten im Untermenü – dort entdeckten wir auch die SoC-Anzeige. Dort werden auch Daten beim Laden wie die verbleibende Ladezeit angezeigt, doch leider nicht die Ladeleistung. Die Rechengeschwindigkeit des Systems könnte zudem höher sein: Bei der Zieleingabe lässt er sich viel Zeit, und der Sprachassi versteht nicht immer alle Adressangaben. Unser Eindruck: Auch nach dem großen Software-Update bleibt Verbesserungsbedarf, zumal wir zwar keinen Systemabsturz erlebten, aber die Warnmeldung „Fehler Leuchtweiteneinstellung“. Beim nächsten Start hatte sich das indes erledigt.
Noch ein Wort zum Head-up-Display, das die Daten in die Frontscheibe projiziert: Hat man eine Sonnenbrille auf, dann sind sie kaum noch erkennbar. Wir kannten das aus anderen Fahrzeugen von polarisierten Brillen, doch beim Born passiert der Effekt auch bei normalen Sonnenbrillen. Ach ja: Einen Frunk gibt es nicht.
11.04.2022: Der Cupra Born hat uns wieder verlassen. Schade, wir sind den Spanier gerne gefahren und haben ihn gerne betrachtet. Er besitzt zweifellos eines der gelungensten Designs. Zeit, einen Blick auf einige wichtige Daten zu werfen, etwa den Verbrauch. Laut Bordcomputer waren wir in den 14 Tagen knapp 700 Kilometer unterwegs und haben insgesamt 19,5 kWh je 100 Kilometer verbraucht. Der Trend, der sich also in unserem schon nach 152 Kilometer aufgenommenen Foto zeigte, hat sich also bestätigt. Inklusive Ladeverlusten lag der Verbrauch bei 21,64 Kilowattstunden. Angesichts der (wind-)schnittigen Designs und der Größe des Born hatten wir auf weniger gehofft. Allein im Stadtverkehr maßen wir weniger Durst, dann zeigte der Computer Werte zwischen 17 und 18 kWh.
In den kommenden Tagen werden wir uns in einem Abschlussbericht dem Born noch einmal zuwenden und die Kostenfrage klären, die aus Verbrauch, Energiekosten und Wertverlust entstehen. Dass diese unter denen eines vergleichbaren Verbrenners liegen – davon darf man ausgehen. Fotos: Mag/Puls Magazin
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