Sind Antriebe mit Autogas oder Erdgas eine Alternative zu Benzin oder Diesel? Wir geben einen Überblick.
Die hohen Spritpreise sorgen dafür, dass immer mehr Autofahrer nach Alternativen zu Diesel und Benzin suchen. Wer partout nichts vom elektrischen Antrieb wissen will, dem stellen sich Auto- und Erdgasfahrzeuge als Alternative dar. Doch lohnen sich diese? Und für wen? Wir geben einen Überblick nicht nur über Fahrzeuge und Kosten.
Autogas (LPG):
Aktuelle Betriebskosten: Aktuell kosten 100 Kilometer im Autogas-Pkw zwischen 6,19 Euro und 7,06 Euro, je nach Fahrzeuggröße, wie aus dem aktuellen Energiekostenvergleich des Bundeswirtschaftsministeriums hervorgeht. Damit ist das Fahren mit einem LPG-Auto, was die reinen Energiekosten angeht, deutlich günstiger als der Betriebe eines Diesels (ab 8,51 Euro) oder eines Benziners (E5 ab 10,64 Euro).
Künftige Preisentwicklung: Autogas wird ebenso wie Benzin und Diesel aus Mineralöl hergestellt und ist entsprechend an dessen Preisentwicklung gekoppelt – und in den vergangenen Monaten ebenfalls teurer geworden. Grundsätzlich dürften die LPG-Preise auch in Zukunft eher steigen. Dazu kommt, dass mit dem Jahreswechsel die Steuererleichterung auf den Alternativ-Kraftstoff ausläuft und sich die Energiesteuer um 2,47 Cent pro Liter auf 22,09 Cent pro Liter erhöht. Trotzdem dürfte LPG auf absehbare Zeit zumindest günstiger als Benzin bleiben. Der Branchenverband DVFG rechnet sogar damit, dass der Preisvorteil ein Autoleben lang hält: „Bei der EU-Reform der Energiesteuersätze will die EU-Kommission Flüssiggas – anders als Benzin und Diesel – bis 2033 als Übergangskraftstoff steuerlich bevorzugen“, so Sprecher Olaf Herrmann.
Umwelt: Autogas-Fahrzeuge emittieren pro Energieeinheit im Vergleich zu Benzin 21 Prozent weniger CO2, im Vergleich zu Diesel 23 Prozent weniger. Auch bei Stickoxiden und teilweise bei Feinstaub schneidet LPG besser ab als Flüssigkraftstoff. Ganz reduzieren lassen sich die Emissionen aber weder bei Schadstoffen noch bei Klimagasen nicht, genauso wenig wie sich die Abhängigkeit von der Mineralölverfügbarkeit auflösen lässt. Ob es vor diesem Hintergrund langfristig und angesichts der deutschen und europäischen Klimaziele eine langfristige Zukunft für LPG über 2035 hinausgibt, ist mindestens fraglich.
Tankstellen: Die Zahl der LPG-Tankstellen in Deutschland pendelt seit Jahren um die 7.000 Stationen. Vor allem im Westen der Republik und rund um die Metropolen ist die Versorgungslage sehr gut. Auch in vielen Nachbarländern gibt es den Kraftstoff.
Fahrzeuge: Ab Werk bieten aktuell nur Dacia, Renault und Fiat Autogas-Modelle an. Der Aufpreis gegenüber dem reinen Benziner ist häufig überschaubar, Dacia verlang beim Kleinwagen Sandero beispielsweise einen Mehrbetrag von rund 500 Euro, bietet das LPG-Auto aber nur in den höheren Ausstattungslinien an, so dass mindestens 12.250 Euro fällig werden. Alternativ lassen sich viele konventionelle Benziner von Fachwerkstätten auf Autogasantrieb umrüsten, was rund 2.000 bis 4.000 Euro kostet. Im Ausgleich ist eine Reduzierung der Kfz-Steuer möglich, wenn das Basisfahrzeug nach 2009 erstmal neu zugelassen wurde.
Für wen lohnt sich Autogas?
Wer zwischen einem Benziner und einem Autogasauto schwankt, kann mit dem Autogasfahrzeug unterm Strich durchaus billiger fahren. Zumindest dann, wenn der Aufpreis nicht zu hoch ausfällt und im Jahr genug Kilometer zusammenkommen, um von den günstigeren Kraftstoffkosten zu profitieren. Im Gegenzug muss man mit der eingeschränkten Fahrzeugauswahl und einem in manchen Regionen dünnen Tankstellennetz klarkommen. Finanziell interessant ist Autogas aber auf jeden Fall, wenn man ein Liebhaber-Fahrzeug mit sehr hohem Verbrauch umrüsten lässt. Gerade US-Autos mit großvolumigen Saugmotoren werden aus Kostengründen gerne mit LPG betrieben.
Erdgas (CNG):
Aktuelle Betriebskosten: Den Berechnungen des Bundeswirtschaftsministeriums zufolge ist Erdgas zumindest bei Klein- und Kompaktwagen konkurrenzlos günstig: 5,93 Euro pro 100 Kilometer fallen in dieser Klasse an Energiekosten an, rund 5 Euro weniger als bei Super. In der Mittelklasse überholen jedoch E-Antrieb und Autogas die CNG-Technik, die mit 7,03 Euro aber immer noch deutlich günstiger fährt als Benziner und Diesel.
Künftige Preisentwicklung: Wie auch Benzin, Diesel und Autogas ist Erdgas in den vergangenen Monaten teurer geworden, wenn auch nicht so schnell und in dem Maße wie die Konkurrenz-Kraftstoffe. Wie es in den kommenden Monaten weiter geht, hängt von der generellen Erdgas-Verfügbarkeit ab, denn auch Energieerzeuger und Chemieindustrie benötigen das Gas. Eine spürbare Erhöhung der Tankstellenpreise spätestens ab Herbst ist nicht unwahrscheinlich. Zumindest was die Steuern angeht, ist CNG bis 2024 jedoch auf der sicheren Seite. Bis dahin bleibt die aktuell geltende Ermäßigung auf jeden Fall bestehen, dann wird sie bis 2026 stufenweise abgebaut.
Umwelt: Glänzen kann Erdgas vor allem bei der CO2-Bilanz, die um 20 bis 25 Prozent besser ist als bei einem Benziner. Im Vergleich zum Diesel fallen zudem die Stickoxidwerte viel niedriger aus. Anders als bei Autogas gibt es zwar die konkrete Option einer CO2-neutralen Variante in Form von Bio-Methan, in großem Stil und zu vernünftigen Kosten ist der Alternativ-Kraftstoff aber nicht auf dem Markt. Somit dürfte es das kohlenstoffhaltige Gas auf dem Weg zur klimaneutralen Mobilität schwer haben, nicht abgehängt zu werden.
Tankstellen: Im Vergleich zu Autogas ist die Verfügbarkeit von CNG an deutschen Tankstellen deutlich schlechter. Die Zahl der Zapfsäulen ist zuletzt tendenziell weiter gesunken und liegt aktuell unterhalb von 800. Zudem konzentrieren sich die Standorte auf Nord- und Westdeutschland, während das Angebot im Nord- und Südosten dünn ist. Lange Touren sind so höchstens mit Vorplanung oder mit einem hohen Fahrtanteil im Benzinbetrieb möglich, was Kosten- und Umweltvorteile zunichte macht.
Fahrzeuge: Ende der 2010er-Jahre hat der VW-Konzern noch einmal eine Erdgas-Offensive gefahren – auch, um die sinkenden Diesel-Verkäufe in der Folge des Abgas-Skandals auszugleichen. Doch die Nachfrage blieb vor allem bei Privatkunden gering. Einige Modelle wie den VW Golf, den Seat Arona und den Audi A4 gibt es aber weiterhin mit CNG-Antrieb. Die Preise liegen meist nur einige hundert Euro höher als die der vergleichbaren Benziner. Prinzipiell ist auch eine Nachrüstung von Erdgasantrieb möglich, allerdings ist sie sehr teuer und aufwändig, so dass sie in der Praxis kaum vorgenommen wird. Beste Option für den Kauf eines Gasautos ist also der Gebrauchtwagenmarkt. Bei Modellen älterer Baujahre ist aber mit hohen Wartungskosten zu rechnen, da alle drei bis fünf Jahre die mehrere Hundert Euro teure Druckbehälterprüfung ansteht.
Für wen lohnt sich ein Erdgasauto?
Wie beim Autogasauto rechnen sich die niedrigeren Kraftstoffkosten umso mehr, je mehr man fährt. Mit Erdgas ist das allerdings angesichts des dünnen Tankstellennetzes deutlich schwieriger zu machen als mit LPG. Beliebt ist und war Erdgas daher vor allem für den Betrieb von Taxis und ähnliche Einsatzzwecke im Nahbereich rund um die heimische Tankstelle. Gegen den Umstieg auf Erdgas als Kraftstoff spricht aktuell zudem die unsichere Liefersituation aufgrund des russischen Angriffs auf die Ukraine.
Wer heute schon ein Erdgas- oder Autogasfahrzeug fährt, darf sich über vergleichsweise günstige Energiekosten freuen. Zwar steigen auch für die Alternativ-Kraftstoffe die Preise, gegenüber Benzin und Diesel bleibt der Betrieb aber günstiger. Ob sich aktuell ein Umstieg lohnt, hängt nicht zuletzt von den Anschaffungs- oder Umrüstkosten ab. Ist die Differenz zu einem normalen Verbrenner gering und sind die Fahrleistungen hoch, kann sich der Wechsel zu Gas lohnen. Langfristig dürfte sich aber kein Verbrenner-Auto mehr als Sparmobil eignen, sowohl was Energiekosten als auch Wiederverkaufswert angeht. Wer aufgrund hoher Spritpreise dringend wechseln will, sollte daher auch ein E-Auto als Alternative in Betracht ziehen. SP-X/Titelfoto: Seat
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