Q6 e-tron

Audi Q6 e-tron: Auf Komfort getrimmt

Audi bringt nun den Q6 e-tron mit 800-Volt-Architektur. Kann er die Hoffnungen erfüllen? Eine erste (längere) Probefahrt.

Nun kommt er endlich: der verspätete und lange erwartete Audi Q6 e-tron. Und an ihm hängen viele Erwartungen, nicht nur seitens der Kunden, sondern auch des Herstellers: Audi-Chef Gernot Döllner sieht den Q6 e-tron als „Technologiesprung in der elektrischen Premiummobilität“. Denn der Stromer ist das erste Modell der Marke auf der Premium Platform Electric (PPE) mit 800-Volt-Technik.

Werfen wir also einen Blick auf den Hoffnungsträger. Angetrieben wird der 4,77 Meter lange, ohne Spiegel 1,97 Meter breite und 1,65 Meter hohe Q6 e-tron von zwei Elektromotoren über beide Achsen. Hinten kommt eine Permanentmagneterregte Synchronmaschine (PSM) mit 280 kW (381 PS) und einem Drehmoment von 500 Newtonmetern (Nm) zum Einsatz. Vorne ist eine Asynchronmaschine (ASM) mit einer Leistung von 140 kW (190 PS) und 275 Nm verbaut. Damit kommt das SUV auf eine Peak-Systemleistung von 286 kW (387 PS) inklusive der Launch Control.

Schon diese Version des Stromers hinterlässt hinsichtlich Antritt und Durchzug einen richtig guten Eindruck. Mehr braucht’s eigentlich nicht, um flott voran zu kommen. Zudem sind die von uns erfahrenen Verbrauchswerte von 23,1 kWh bei der durchaus zügigen Fahrt über Berg und Tal mit vielen Kurven sowie maximal Tempo 130 auf der Autobahn um etwa zwei kWh niedriger als beim auf ähnlicher Strecke und ziemlich identischer Fahrweise erprobten SQ6 e-tron. Dem konnten die Entwickler bei der gleichen Kombination der E-Maschinen eine Systemleistung von 360 kW (489 PS) spendieren.

Q6 e-tron
Spät kommt er, aber er kommt: Audi Q6 e-tron. Fotos: Audi

Das Fahrwerk: Souverän und gelassen

Da der Wagen in erster Linie über die Hinterräder angetrieben wird kommt dort die effizienter arbeitende PSM zum Einsatz. Die ASM hingegen ist so etwas wie ein Booster, der im Bedarf mehr Performance bietet. So schafft der 2,32 Tonnen schwere Q6 e-tron den Sprint aus dem Stand auf Tempo 100 in 5,9 Sekunden und bringt es in der Spitze auf 210 Kilometer pro Stunde. Der S wiegt 2,35 Tonnen, erreicht nach 4,3 Sekunden die Tempo 100 Kilometer und erreicht 230 Kilometer in der Stunde.

So schnell waren wir nicht unterwegs. Doch auf unseren ersten umfangreichen Testkilometern zwischen Bilbao und San Sebastian haben wir das elektrisch angetriebene SUV ziemlich hart rangenommen. Die engen und oftmals sehr schlechten Straßen im Baskenland eignen sich bestens, um vor allem den Komfort, aber auch die sportliche Note eines Autos zu bewerten. Diese Bewährungsproben hat der neue Q6 e-tron absolut bestanden. Das gilt sowohl für den Quattro als auch den deutlich leistungsstärkeren SQ e-tron.

Es ist beeindruckend, mit welcher Gelassenheit und Souveränität der Audi extrem ramponierte Passagen meistert. Selbst auf Abschnitten, die eher Waldwegen ähnlich sind, kommen im Innenraum so gut wie keine Schläge oder Stöße an. Etwas anders sieht es aus, wenn vom Modus Komfort in Dynamic gewechselt wird. Dann spannt der Q6 e-tron erkennbar die Muskeln an. Die Abstimmung des Fahrwerks wird straffer, die Lenkung ebenso wie das Ansprechverhalten des Antriebs direkter. Während sich das alles nur dezent auf den Komfort für die Passagiere auswirkt, gibt es ein deutliches Plus an Performance. Das in beiden Varianten über alle vier Räder angetriebene SUV nimmt selbst bei wirklich flotter Fahrt enge und dabei noch regennasse Kurven absolut spurtreu, stellt Frau oder Mann am Steuer vor keine Probleme. Beeindruckend zudem, wie leise es im Passagierabteil bleibt, wenn der Wagen über glatten Asphalt rollt.

Audi Q6 e-tron: Laden mit 270 kW

Q6 e-tron
Bei der Bedienung läuft vieles über den Monitor oder die Sprachassistenz.

Bevor wir uns dem Innenraum widmen, erst noch zum Thema Laden. Die Energie wird in einer Lithium-Ionen-Batterie mit einer Nettokapazität von 94,9 kWh gespeichert. Der mit zwölf Modulen und 180 Zellen bestückte Akku wiegt 570 Kilogramm. Geladen werden kann mit Wechselstrom (AC) auf beiden Seiten des Fahrzeugs. Hierfür ist ein 11-kW-Onboard-Charger installiert. Ein Gleichstrom (DC)-Anschluss ist lediglich hinten auf der Fahrerseite angesiedelt. Der aber ermöglicht dank der 800-Volt-Technologie eine Ladeleistung von bis zu 270 kW. An einer entsprechenden Ladesäule dauert es gerade einmal zehn Minuten, um Strom für 255 Kilometer Reichweite nach der WLTP-Norm in den Akku fließen zu lassen. 21 Minuten gibt Audi an, um den Ladestand von zehn auf 80 Prozent (State of Charge/SoC) anzuheben. Die Audi-Techniker versprechen bei entsprechend vorkonditionierter Batterie eine Ladekurve, die von zehn bis 40 Prozent oberhalb von 250 kW bleibt, erst danach langsam sinkt. Bei einem Ladestand von 80 Prozent sollen es noch immer 110 kW sein. Leider hatten wir im Rahmen der Testfahrten weder Zeit noch Möglichkeit, diese Aussagen in der Praxis zu prüfen.

Die Reichweite bei komplett voll geladener Batterie soll dem WLTP-Wert zufolge bis zu 625 Kilometer betragen. Beim SQ6 e-tron sind es demnach immerhin noch 598 Kilometer. Unsere Verbrauchswerte zeigen, dass sich die WLTP-Angaben doch erheblich vom Alltagsleben unterscheiden. Wobei im reinen Stadtverkehr mit vielen Rekuperationseinheiten der Verbrauch um einiges niedriger sein dürfte.

Apropos Rekuperation. Die Leistung der Energierückgewinnung sind mit bis zu 220 kW beeindruckend. Über Pedals am Lenkrad können unterschiedliche Stärken gewählt werden. Zudem lässt sich in der Mittelkonsole noch die B-Taste betätigen. Dann ist das i-Pedal und damit die stärkste Rekuperationsstufe aktiv. Der Wagen verzögert dann bis zum Stillstand.

Q6 e-tron
Auch im Fond gibt es großzügige Platzverhältnisse.

Gut funktionierende Spracherkennung

Im Innenraum des Audi Q6 e-tron fällt auf Anhieb das 11,9 Zoll große Curved Panorama Display ins Auge. Der gebogene Screen umrahmt quasi den Platz am Steuer und ist konsequent auf diese Position ausgerichtet. Das komplett neu entwickelte MMI-Display in der Mitte des Armaturenträgers misst 14,5 Zoll. Ausdrücklich betonen die Entwickler, dass auf haptische Bedienelemente verzichtet wurde, stattdessen Sprachsteuerung und Touchelemente im Lastenheft standen. Zum Glück hat der manuelle Lautstärkeregler für das Infotainmentsystem überlebt, doch die Klimaautomatik kann nun nur noch über Sprache oder eben über Fingerübungen auf dem Display bedient werden. Dabei zeigt der Bildschirm aber häufig eine verzögerte Reaktion. Nicht einfach ist es außerdem, die Verbrauchswerte oder Tageskilometer über das Multifunktionslenkrad abzurufen. Das notwendige Wischen über die kleinen Tasten muss sehr feinfühlig und exakt erfolgen. Währen der Fahrt ist das jedoch nicht immer möglich.

Die Spracherkennung aber funktioniert inzwischen sehr gut. Ob Anweisungen zu Entertainment, Klimaautomatik, Navigation oder auch zum Öffnen von Fenstern – alles wird bestens erkannt. Das System registriert zudem, ob die Stimme vom Fahrer- oder Beifahrerplatz kommt. Wenn die Kommunikation mit dem Auto auf diese Weise funktioniert, ist ein hohes Maß an Sicherheit gewährleistet.

Q6 e-tron
Auf einer ersten Ausfahrt konnte der Q6 e-tron durchaus überzeugen.

Auf Wunsch bietet Audi das Augmented Reality Head-Up-Display der zweiten Generation an. Die Qualität der Anzeigen ist nochmal besser geworden. Das gilt ebenfalls für die Routenplanung, die unter anderem topografische Fakten mit in die Berechnung aufnimmt, um Ladepunkte vorzuschlagen.

Während die Auswahl der Materialien und die Polsterung der Sitze alles in allem in Ordnung bis hochwertig ist, zeigt sich an einigen Stellen doch, dass Audi den Roststift angesetzt hat. Ein wenig viel Hartplastik in den Türen und Plastikknöpfe an den Lüftungsdüsen lassen Sparmaßnahmen erkennen.

Q6 e-tron: Viel Platz im Innenraum

Weniger sparsam geht Audi mit dem Platzangebot um. Auf der Rückbank können es sich sogar wirklich groß gewachsene Personen mit einer Körperlänge von 1,90 Metern noch bequem machen. Dazu trägt der Radstand von 2,90 Metern bei. Bein- und auch Kopffreiheit sind mehr als üppig. Die Füße lassen sich problemlos unter die vorderen Sitze schieben. Zudem bietet die asymmetrisch geteilte Rückbank eine gute Länge für die Oberschenkel. Der Kofferraum hat ein Volumen von 526 Litern, kann bei vorgeklappten hintern Lehnen auf bis zu 1.529 Liter vergrößert werden. Ein Fach unter dem Laderaumboden ist groß genug, um Ladekabel oder Kleinkram aufzunehmen. Und es gibt einen Frunk mit einer Größe von satten 64 Litern. An den Haken nehmen darf der Q6 e-tron 2.400 kg gebremst und 750 kg ungebremst. Die Sützlast beträgt 100 kg.

Optisch tritt der Q6 e-tron sportlich-dynamisch auf, hebt sich allerdings nicht aus der Masse der SUV ab. Im Gesicht mit dem markentypischen Single Frame hinterlassen die tief liegenden Lufteinlässe sowie die außen unterhalb der schmal geschnittenen Scheinwerfer Luftleitsysteme einen markanten Eindruck. Die Fronthaube ist an den Seiten hochgezogen. Das betont die Kotflügel, in den zwischen 18 und 21 Zoll große Räder rollen. Die OLED-Rückleuchten sind mit einem Lichtband verbunden, das zusätzlich für optische Breite sorgt.

Q6 e-tron
Der Laderaum fasst 526 bis 1.529 Liter.

Mit dem Q6 e-tron feiert auch eine Weltneuheit ihre Premiere. Eine aktive digitale Lichtsignatur hat es zuvor noch nicht gegeben. Über sechs OLED-Panels mit insgesamt 360 einzelnen Elementen erzeugt ein spezieller Algorithmus alle zehn Millisekunden ein neues Bild. Außerdem lässt sich über das MMI oder die Audi App auf dem Smartphone je nach Ausstattung eine von acht möglichen Lichtsignaturen im Tagfahrlicht bei den optionalen Matrix-Scheinwerfern auswählen. Über die Rückleuchten werden nachfolgende Fahrzeuge zudem auf mögliche Gefahren hingewiesen. Sobald der Warnblinker eingeschaltet wird, taucht in den Hecklichtern ein Warndreieck auf.

Auch ohne aufpreispflichtige Gimmicks ist der neue Stromer mit den vier Ringen kein Sonderangebot. 74.700 Euro stehen für den Q6 e-tron in der Preisliste, 93.800 Euro sind es beim SQ6 e-tron. Dazu lassen sich noch diverse Ausstattungspakete und Sonderwünsche ordern. Etwas günstiger wird es, wenn der Q6 als Performance und damit lediglich mit Heckantrieb zum Preis von 69.750 Euro bestellt wird. Etwas später wird es den auch mit einer kleineren Batterie mit etwa 77 kWh netto geben.

Audi Q6 e-tron – Technische Daten:

Fünftüriger Elektro-SUV mit 800 Volt-Architektur; Länge: 4,77 m, Breite: 1,94 m, Höhe: 1,65 m, Radstand: 2,90 m, Kofferraumvolumen hinten 526 – 1500 Liter, Kofferraumvolumen vorne 64 Liter.

Audi Q6 e-tron Performance: Heckantrieb, Leistung 240 kW/326 PS, maximales Drehmoment 485 Nm, Automatikgetriebe, Lithium-Ionen-Batterie mit 100 kWh, 0-100 km/h: 6,6 s, Vmax: 210 km/h, Verbrauch: 19,1-16,5 kWh/11 km, Ladezeit: 21 Min. von 10 auf 80 Prozent, max. Reichweite 641 Kilometer (WLTP), Preis: ab 68.800 Euro.

Audi Q6 e-tron quattro: Allradantrieb, Leistung 285 kW/387 PS, maximales Drehmoment 590 Nm, Automatikgetriebe, Lithium-Ionen-Batterie mit 100 kWh, 0-100 km/h: 5,9 s, Vmax: 210 km/h, Verbrauch: 19,6-17,0 kWh/11 km, Ladezeit: 21 Min. von 10 auf 80 Prozent, max. Reichweite 625 Kilometer (WLTP). Preis: ab 74.700 Euro.

Audi SQ6 e-tron: Allradantrieb, Leistung 380/516, maximales Drehmoment 795 Nm, Automatikgetriebe, Lithium-Ionen-Batterie mit 100 kWh, 0-100 km/h: 4,3 s, Vmax: 230 km/h, Verbrauch: 18,4-17,5 kWh/11 km, Ladezeit: 21 Min. von 10 auf 80 Prozent, max. Reichweite 598 Kilometer (WLTP). Preis: ab 93.800 Euro.

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