Autoindustrie

Autoindustrie: Mehr Gewinn durch Transformation

Studie von Agora Verkehrswende und BCG: Das Festhalten am Verbrenner birgt für die Autoindustrie ein hohes finanzielles Risiko.

Ein schneller Hochlauf der Elektromobilität ist nicht nur ein Gebot des Klimaschutzes, sondern auch vorteilhaft für die Geschäftsentwicklung von Automobilherstellern. Wächst der Marktanteil von Elektrofahrzeugen schneller als bisher geplant, können europäische Premiumhersteller ihren kumulierten Gewinn bis zum Jahr 2040 um bis zu 30 Prozent steigern, europäische Volumenhersteller um bis zu 10 Prozent. Das geht aus einer Studie hervor, die der Thinktank Agora Verkehrswende und die Strategieberatung Boston Consulting Group (BCG) gemeinsam vorgelegt haben. Profitieren würden hauptsächlich die Vorreiter im Wettbewerb, weil sie früh viel in die Entwicklung von Elektrofahrzeugen investieren. Ein Festhalten am Verbrennungsmotor würde zu Verlusten führen.

„Schnell Marktanteile sichern“

„Die Analyse zeigt, dass deutsche Autohersteller – von Audi, BMW und Mercedes-Benz bis zu VW – einen Spitzenplatz im weltweiten Wettbewerb am besten erreichen, wenn sie schnell ihre Marktanteile mit Elektrofahrzeugen sichern“, sagt Christian Hochfeld, Direktor von Agora Verkehrswende. „Das Ziel der Bundesregierung, Deutschland zum Leitmarkt für Elektromobilität zu machen, ist deshalb Voraussetzung für den zukünftigen wirtschaftlichen Erfolg der Branche. Auf nationaler Ebene muss die Bundesregierung im Klimaschutz-Sofortprogramm deutlich nachlegen, um die angestrebten 15 Millionen reinen E-Pkw bis 2030 auf die Straße zu bringen. Notwendig sind zum Beispiel eine konsequent am CO2-Ausstoß orientierte Kfz- und Dienstwagenbesteuerung als Ersatz für die Kaufsubventionen, deren Zukunft ungewiss ist. Ebenso unerlässlich sind eine gute Ladeinfrastruktur sowie günstige Standortbedingungen zur Ansiedlung von Unternehmen rund um die Batterieproduktion. In der internationalen Zusammenarbeit und bei multilateralen Initiativen sollte die Bundesregierung andere Länder stärker bei der Elektromobilität unterstützen.“

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Tatsächlich zahlten sich Investitionen in die Weiterentwicklung von Verbrennungsmotoren selbst dann nicht aus, wenn es zu Verzögerungen beim Hochlauf der Elektromobilität kommen sollte, etwa durch Engpässe in den Lieferketten oder beim Aufbau der Ladeinfrastruktur. Foto: LeasePlan

Nachzügler riskieren Gewinneinbußen um bis zu 25 Prozent

Tatsächlich zahlten sich Investitionen in die Weiterentwicklung von Verbrennungsmotoren selbst dann nicht aus, wenn es zu Verzögerungen beim Hochlauf der Elektromobilität kommen sollte, etwa durch Engpässe in den Lieferketten oder beim Aufbau der Ladeinfrastruktur. Nur Volumenhersteller aus Europa und den USA könnten ihre Gewinne dann gerade noch halten. Nachzügler im Elektrifizierungswettbewerb – egal ob aus Europa, USA oder Asien, egal ob im Premium- oder Volumensegment – riskierten hingegen bis 2040 bei einer beschleunigten Entwicklung der Elektromobilität Gewinneinbußen um bis zu 25 Prozent.

„Mehr Gewinn mit E-Autos ab 2030“

„Die Attraktivität des Verbrennungsmotors für Hersteller nimmt in den nächsten Jahren deutlich ab“, sagt Kristian Kuhlmann, Managing Director und Partner bei BCG. „Etwa vom Jahr 2030 an können Hersteller mit Elektrofahrzeugen mehr Gewinn machen als mit vergleichbaren Benzin- und Diesel-Pkw. Die zukünftige Profitabilität der Hersteller hängt stark davon ab, welchen Anteil an Elektrofahrzeugen sie bereits erreicht haben und welche Strategie sie verfolgen. Europäische Premium- und Volumenhersteller sind mit einem aktuellen E-Anteil von 8 bis 9 Prozent im Vorteil. US-amerikanische und asiatiasche Volumenhersteller haben geringere E-Anteile und waren bisher nicht klar auf Elektrifizierung ausgerichtet. Wenn sie den Anschluss an den Weltmarkt halten wollen, müssen sie aufholen und erheblich investieren. Würde ihnen das gelingen, könnten sie ihre Gewinne bis 2040 bei beschleunigter Marktentwicklung um bis zu 25 Prozent steigern.“

Studie: Geschäftsmodell Verbrennungsmotor in Zeiten der Elektromobilität

Für die Studie wurde mit einem umfangreichen Marktmodell untersucht, welche weltweiten Marktanteile und Gewinne sich Hersteller mit verschiedenen Elektrifizierungsstrategien sichern können. Dabei wurden drei Szenarien für den Hochlauf der Elektromobilität zugrunde gelegt: ein Basis-Szenario gemäß den Prognosen der Hersteller sowie je ein Szenario für eine verlangsamte und eine beschleunigte Entwicklung. Als Fallbeispiele dienten sechs verschiedene Herstellertypen: vom europäischen Premiumhersteller über Volumenhersteller aus Europa, den USA und Asien (mit oder ohne Fokus auf Elektromobilität) bis zu angestammten chinesischen Herstellern. Angaben zu Gewinnsteigerungen und -verlusten in der Studie beziehen sich auf den abgezinsten kumulierten Gewinn bis 2040; im Vergleich zu einem Szenario, in dem sich der Hochlauf der Elektromobilität wie aktuell prognostiziert entwickelt und der Hersteller weder Vorreiter noch Nachzügler bei der Elektromobilität ist.

Für die Ziele von Paris zu wenig

Aus Sicht des Klimaschutzes würde allerdings selbst das Szenario mit der beschleunigten Elektrifizierung nicht ausreichen, betont Christian Hochfeld. Um die Anforderungen des Pariser Klimaschutzabkommens nach den Kriterien der Internationalen Energieagentur einzuhalten, müssten Politik und Hersteller noch schneller auf Elektromobilität umstellen: „Der Blick auf die Pariser Klimaziele macht erst recht deutlich, wie sehr es jetzt darauf ankommt, dass die Politik Planungs- und Investitionssicherheit für eine schnelle Entwicklung der Elektromobilität schafft. Je länger Autohersteller aus Unsicherheit über den Kurs der Politik abwarten und strategische Entscheidungen zu ihrer Elektrifizierung hinauszögern, desto mehr gehen sie ins Risiko. Das wäre schlecht für das Klima und für die Wirtschaft.“

Eine Ergebnispräsentation der Studie „Geschäftsmodell Verbrennungsmotor in Zeiten der Elektromobilität“ steht unter www.agora-verkehrswende.de/veroeffentlichungen und www.bcg.de kostenlos zum Download zur Verfügung. BCG hat im Auftrag von Agora Verkehrswende an der Studie gearbeitet.

Über Agora Verkehrswende

Agora Verkehrswende ist ein Thinktank für klimaneutrale Mobilität mit Sitz in Berlin. Im Dialog mit Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft setzt sich die überparteiliche und gemeinnützige Organisation dafür ein, die Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor auf null zu senken. Dafür entwickelt das Team wissenschaftlich fundierte Analysen, Strategien und Lösungsvorschläge. Initiiert wurde Agora Verkehrswende Anfang 2016 von der Stiftung Mercator und der European Climate Foundation. Gesellschafter sind die beiden Stiftungen. Weitere Informationen: www.agora-verkehrswende.de. Titelfoto: pixabay

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