Schnellladegesetz: Wie geht es weiter mit dem Ausbau öffentlicher Schnellladepunkte? Das BMVI hat einen Entwurf vorgelegt, den der BEM kritisiert.
Das Bundesverkehrsministerium (BMVI) arbeitet derzeit an einem Entwurf, um öffentliche Ladesäulen und Ladepunkte in Deutschland flächendeckend, zuverlässig, belastbar und leistbar zu betreuen und nach Möglichkeit wirtschaftlich zu entwickeln. In Ergänzung zum Elektromobilitäts-Gesetz und der in der Novellierung befindlichen Ladesäulenverordnung soll das neue Schnellladegesetz die notwendigen Ausschreibungsbedingungen für den Aufbau eines Ladenetzes festlegen.
Ziel sei es, das Bundesgebiet für die europaweite Ausschreibung nach derzeitiger Einschätzung in mehrere Regionen mit mindestens zehn Gebietslosen aufzuteilen. Die Betreiber sollen rechtlich verbindlich verpflichtet werden, die Ladeinfrastruktur in bestimmten Suchräumen für eine bestimmte Zeit nach definierten Standards unter der Aufsicht einer staatlichen Einrichtung zu errichten und zu betreiben. Ein solches Projekt sei derzeit, genauso wie voraussichtlich in den kommenden Jahren, nicht wirtschaftlich zu betreiben. Daher werde der Bund einen Großteil des wirtschaftlichen Risikos übernehmen, indem er sowohl die Investitionskosten, die Betriebskosten, als auch die Kosten für den Netzanschluss trägt.
„Es fehlt an Grundkenntnissen“
Der Bundesverband eMobilität e.V. (BEM) wurde im Rahmen der Verbändeanhörung eingeladen, eine Stellungnahme abzugeben. Diese ist nun erfolgt. Und die Kritik des BEM fällt harsch aus: Nach Einschätzung des Branchenverbandes steht der vorgelegte Entwurf nicht im Einklang mit den bestehenden Fach-Gesetzen und ihren Definitionen, es fehle an der Kenntnis elektro-technischer Grundlagen, an Kenntnis regulatorischer Grundlagen für marktgerechte Strukturen und am Gesamtverständnis für Elektromobilität, elektrische Antriebe und der dazugehörigen Infrastruktur. Obwohl das Papier schon heute ein Marktversagen im Bereich der Ladesäulen erkenne – ein Punkt dem sich BEM ausdrücklich anschließt – unterbleibe ein konkreter und zielführender Lösungsvorschlag. Als beauftragter Akteur wird die bundeseigene NOW GmbH im Gesetzesentwurf bereits namentlich genannt. Eine Berichtspflicht zum neu zu entwickelnden Markt werde nach 5 Jahren (!), also nach der übernächsten Bundestagswahl, anberaumt.
„Wir sind in Sorge“
„Wir sind in Sorge um die Elektromobilität und ihrer bestmöglichen Ausgestaltung“, kommentierte BEM-Vorstand Markus Emmert den aktuellen Entwurf zum Schnellladegesetz. „Aus der Bundesverkehrswegeplanung müsste dem Ressort die wettbewerbsneutrale Ausschreibung und Vergabe von Aufträgen im Einklang mit marktgerechter Regulierung bekannt sein, umso überraschter sind wir über die große Unkenntnis in der Sache und die offenbar mangelnde Abstimmung zwischen den Bundesministerien.“
So befasse sich der Entwurf beispielsweise lediglich mit den Ladepunkten für reine Elektrofahrzeuge im Pkw-Bereich, nicht aber mit schweren Nutzfahrzeugen, Anhänger-Gespannen mit sogenannten e-Trailern, Hybrid-Modellen und Drive-Through-Wegen. Außerdem verneine der Entwurf einen Erfüllungsaufwand bei Ländern und Kommunen, was mindestens bei den Liegenschaftsfragen an seine Grenzen stößt.
„Die Regierung hat in Paris unterschrieben“
„Im aktuellen Entwurf zum Schnellladegesetz wird nachdrücklich die Meinung vertreten, dass die Wirtschaft selbst die Infrastruktur für die Elektromobilität ausbaut. Wir erinnern gern an den Umstand, dass es nicht die Automobilindustrie war, die das Abkommen von Paris unterschrieben hat, sondern die Bundesregierung, der nun die regulierende Aufgabe obliegt, Elektromobilität zu ermöglichen. Ein geeignetes Schnelllade-Infrastruktur-Gesetz kann hier maßgeblich zum Erfolg des neuen Antriebs und der dazugehörigen Wirtschaftsprozesse beitragen“, so Emmert weiter.
Beteiligung der Netzbetreiber
Der BEM nutzt die Gelegenheit und erneuert seinen Vorschlag zur Beteiligung von Stromnetzbetreibern am Aufbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur. Damit der Markt zur Realisierung der Strom-Betankung floriert und Kostenvorteile für die Kunden generiert werden können, müssen Infrastruktur und Service getrennt werden, so wie es Grundsatz der Bundesnetzagentur ist. Ähnlich wie bei Schiene und Bahn oder Kabel und Telekommunikation braucht es in der Elektromobilität eine starke Infrastruktur, für die der Bundesverband eMobilität bereits im Sommer letzten Jahres die Stromnetzbetreiber vorgeschlagen hat.
Damit wäre eine diskriminierungsfreie und flächendeckende Grundversorgung mit der Installation, der Realisierung des Anschlusses auch in entlegenen Gebieten als auch der Netzintegration auf Basis Erneuerbarer Energien gewährleistet. Die notwendigen Kosten für Hardware, Planung, Installation und Netzanschluss könnten durch eine allgemeine Netzentgeltumlage finanziert werden. Der Betrieb der Ladepunkte wäre dann auszuschreiben, der Zugang zum Betrieb wäre schnittstellenunabhängig zur Verfügung zu stellen. HM/Titelfoto: BEM
Wie könnte eine Beteiligung der Stromnetzbetreiber beim Ausbau aussehen? BEM-Vorstand Markus Emmert erläutert dies in einem Video-Interview.
Hallo,
ich kann alles nachvollziehen was hier geschrieben wird, allein ich kann nicht nachvollziehen, ob es sich in der erkennbaren Kritik am Gesetzentwurf tatsächlich an diesem reibt.
Kritische Stimmen zum Thema gibt es im Netz jede Menge, aber kein Original … oder wo bekommt man den Gesetzentwurf her, wenn er in noch keiner Lesung des BT war …???
Freundliche Grüße
Gerald Galka