Der i4 ist ein weiterer Stromer von BMW auf der Basis eines Verbrenners. Funktioniert das auch so gut wie beim iX3? Ein Fahrbericht.
Kein anderer Autobauer hat seine Strategie so radikal verändert wie BMW bei der Elektrifizierung. Baute man mit dem i3 seinerzeit ein radikal neues und auf die Belange der E-Mobilität (vor allem niedriges Gewicht) zugeschnittenes Fahrzeug, setzt man heute darauf, bestehende Fahrzeuge zu elektrifizieren. Was bei Puristen vielleicht ein Naserümpfen provoziert, klappt in der Praxis richtig gut.
Hier geht es zum Test-Tagebuch des BMW i4 eDrive 40
Waren wir vor etwa einem Jahr vom iX3 (der elektrifizierte X3) schon sehr angetan, so dürfen wir dies bei dem dieser Tage gefahrenen i4 auch sein. Wie schon im Test-Tagebuch ausführlich berichtet, offenbarte das große Coupé mit seinem 84 kWh großen Akkus (netto 80,7 kWh) kaum Schwächen, jedoch viele Stärken. Allen voran freilich das sportliche Fahrerlebnis, auf das die Münchner so viel Wert legen.
Viel Power, gute Traktion
Doch der Reihe nach: Unser Testwagen war die mittlere von drei derzeit angebotenen Varianten, eDrive40 genannt. Es gibt noch den eDrive35 und den stärkeren M50. Dabei ist der 40er keineswegs schwach motorisiert: 250 kW (340 PS) und Hinterradantrieb liefern zwei Synchronmotoren, die ohne Permanentmagnete und damit ohne seltene Erden auskommen. Stattdessen wird das magnetische Feld elektrisch erzeugt. Sobald man „Sport“ einlegt und das Strompedal durchdrückt, merkt man schnell, dass es den M50 (400 kW/544 PS) nicht braucht, um flott von der Stelle zu kommen. Auch im eDrive40 drückt einem der Kickdown die Gedärme Richtung Sitzlehne, wobei die Traktion trotz Hinterradantrieb hervorragend ist.
Ein großes Coupé eben
BMW-typisch fühlt man sich im i4 gut integriert, und der Sitz lässt sich weit nach unten und hinten fahren, so dass auch große Menschen auskömmlich Platz finden. Hinten geht es hingegen recht eng zu, was man von E-Autos auf eigenen Plattformen so nicht gewohnt ist. Klar: Ein Familienauto ist der i4 nicht. Der Kofferraum fasst 470 bis 1.290 Liter, ist aber durch die große Heckklappe für sperriges Ladegut zugänglich. Leider gibt es wenig Ablagen, und die Türtaschen fallen recht klein aus. Die Anhängelast beträgt 1.600 kg gebremst und 750 kg ungebremst; die Stützlast 75 kg.
Zunehmende Freude
Im Laufe der Testzeit fanden wir am elektrischen i4 immer zunehmend Freude. Fahren und Bedienung sind wirklich ein Genuss, die automatische Rekuperation funktioniert wirklich sehr gut, so dass wir die Hebelstellung B – Abbremsen bis zum Stillstand –gar nicht nutzten. Wichtiges liegt auf den wenigen Tasten oder man findet es recht schnell im Menü. Allein die derzeit viel genutzte Sitzheizung könnte direkt ansteuerbar sein und schneller wärmen. Als eines der wenigen Elektroautos ist die Höchstgeschwindigkeit im i4 nicht abgeregelt. Wer Spaß am Beschleunigen hat, kann ohne Unterbrechung bis 190 km/h durchpowern, sollte dann aber von der Reichweite einige Kilometer abziehen.
Verbrauch: 19,7 bis 26,4 kWh
Doch kommen wir zu den zu den für ein E-Auto wichtigen Daten. Laut WLTP-Vorgabe soll der i4 16,1 bis 19,1 kWh Strom je 100 Kilometer verbrauchen. Das haben wir nicht geschafft, auch wegen der im November schon tieferen Temperaturen unter 10 Grad. Wir fuhren meist bei Werten knapp oberhalb von 20 kWh, auf einer Autobahn-Tour von Frankfurt nach Köln kamen wir bei Temperaturen um die 9 Grad auf 19,7 kWh, auf dem Rückweg waren es 22,1 kWh bei um die 6 Grad. Ohne Ladeverluste, versteht sich. Mit Ladeverlusten maßen wir auf einer Strecke von 331 Kilometern 26,4 kWh auf 100 Kilometer.
380 Kilometer Reichweite
Die Reichweite bei 100 Prozent Vollladung wurde vom Bordcomputer bei diesen Temperaturen mit maximal 380 Kilometern angegeben, womit sich indes gut leben lässt; in der warmen Jahreszeit dürfte sie bei 450 Kilometer liegen. Auf die Reichweitenanzeige des BC kann man sich verlassen, zudem wird der Ladestand des Akkus in Prozent (SoC) angegeben. Auch beim Schnellade-Vorgang blendet die Elektronik viele Daten ein, bis hin zu den kW, die der Lader gerade zieht.
80 Prozent in 32 Minuten
Apropos laden: Wir sind mit einer Restkapazität von 13 Prozent und 49 Kilometern Restreichweite an unserem Aral Supercharger eingetroffen. Diesen haben wir zuvor über das Navi angewählt, damit die Batterie bei Temperaturen um die 8 Grad vorgewärmt werden konnte. Zunächst schnellte die Kurve auf bis zu 208 kW hoch, bevor sie recht schnell auf unter 200 absackte und gleichmäßig absank (siehe Chart). Nach 32 Minuten haben wir den Ladestand von 80 Prozent erreicht, und es sei erwähnt, dass die Ladeleistung danach nicht weiter einbrach. So schaffte der i4 in 40 Minuten Ladezeit einen SoC von 88 Prozent. Um 200 Kilometer nachzuladen benötigt man zwischen 11 und 16 Minuten.
Verständiger Sprachassistent
Zur guten Bedienbarkeit bei BMW muss man nicht mehr viele Worte verlieren; erwähnt sei der Sprachassistent, der eine Vielzahl an Befehlen ausführt und jede von uns gesprochene Adresse einwandfrei verstand. Die automatische Ladestopp-Berechnung funktionierte bei unserem Testwagen gut, sie wies auch auf DC-Säulen etwas abseits der viel befahrenen Autobahn hin. Erwähnenswert sind noch die Einparkhilfen, die mittels Abstandsquadraten einen guten Überblick geben, wie viel Platz noch verbleibt. Kamerabilder aus jedem erdenklichen Blickwinkel helfen zusätzlich.
Probleme beim Hochfahren
Erwähnt werden sollte aber auch, dass der i4 zweimal Probleme hatte, nachdem die Software beim Starten hochgefahren war. Diverse Fehlermeldungen ploppten auf: Im Ergebnis funktionierten die Fahrerassistenten nicht, das Radio blieb stumm und auch über das Handy ließ sich nichts abspielen. Auch das Blinkerticken ließ sich nicht vernehmen (der Blinker funktionierte aber). Es stellte sich heraus: Wenn man die Tür öffnet und dann zu schnell den Startbutton drückt, verschluckt sich der Rechner – mit den erwähnten Folgen. Wir haben aber auch herausbekommen, wie dem beizukommen ist: Auto abschalten, aussteigen, abschließen und weit genug entfernen, damit der Schlüssel keinen Kontakt mehr zum Fahrzeug hat. Dann einige Minuten warten. Danach klappte das Booten wieder – natürlich mit kurzer Pause zwischen Einsteigen und starten.
Ab 59.200 Euro
Bleibt der Blick auf den Preis des i4. Der Basispreis liegt bei 59.200 Euro brutto. Damit qualifiziert er sich für den 2023er Umweltbonus von 3.000 Euro, was wohl von untergeordneter Bedeutung ist, da die Lieferzeiten bereits bis ins Jahr 2024 reichen. Freilich geht kein i4 „nackt“ über den Tresen. Unser Testwagen war unter anderem ausgestattet mit netten Extras wie elektrische Sitzverstellung (1.200 Euro), Driving Assistant (2.000), aerodynamische 19-Zoll-Räder (2.690), diverse Designstücke wie Exterieur Line Aluminium satiniert (410) oder dem Harman-Kardon-Soundsystem für 900 Euro. Alles in allem kam der Testwagen auf 74.630 Euro – ein Preis, den man für einen vernünftig ausgestatteten i4 eDrive 40 einkalkulieren sollte.
Vermisst haben wir das Matrix-Licht, das BMW aber nur in Verbindung mit Laserlicht anbietet – zu einem Aufpreis von 1.700 Euro. Für das LED-Basislicht wird lediglich ein Fernlicht-Assistent für 190 Euro angeboten. Die Betriebskosten für den i4 eDrive40 (Basismodell) kalkuliert der ADAC mit 955 Euro im Monat oder 76,4 Cent je Kilometer bei 5 Jahren Laufzeit und 75.000 Kilometern Fahrleistung.
Fazit: Auch auf der Basis von Verbrennern lassen sich gute Elektroautos bauen – BMW macht es vor. Der i4 eDrive40 ist ein weiteres Beispiel dafür: Viele Stärken, wenige Schwächen – ein insgesamt ausgewogenes Gesamtpaket aus Fahrfreude, Reichweite, Verbrauch und Preis. Wir sind schon sehr gespannt auf den iX1. Titelfoto: BMW
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BMW i4 eDrive40 – Technische Daten:
Viertüriges Coupé, Länge: 4,783 Meter, Breite: 1,852 Meter (mit Außenspiegeln 2,073), Höhe: 1,484 Meter, Radstand: 2,856 Meter, Kofferraumvolumen: 470 bis 1.290 Liter.
Fremderregter Synchronmotor mit 250 kW/340 PS, max. Drehmoment 430 Newtonmeter, Akku: 83,9 kWh (80,7 kWh netto), Ladeleistung max. 205 kW DC, 11 kW AC, 0 – 100 km/h 5,7 s., Vmax: 190 km/h, Verbrauch: 16,1 – 19,1 kWh (WLTP), Testverbrauch 26,4 kWh (mit Ladeverlusten), Reichweite: 493 – 590 km (WLTP), Reichweite real 380 km, CO2-Ausstoß: 0 g/km, Effizienzklasse: A+, Anhängelast: 750/1.600 kg, Stützlast: 75 kg, Dachlast: keine.
Preis: 59.200 Euro, 74.630 Euro (Testwagen).
Fahrspaß
Verarbeitung
Gute Reichweite
Gute Software
Ladestopp-Berechnung
Viele Ablagen
Große Heckklappe
Fehler beim Starten
Kein Frunk
Enge Türtaschen
Wenig Platz im Fond
Lange Lieferzeit
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