Immer wieder tauchen Berichte über die Brandgefahr bei E-Autos auf. Sind deren Akkus leicht entflammbar und somit ein Risiko?
Die Argumente, die gegen Elektroautos vorgebracht werden, sind mannigfaltig: Die Produktion der Rohstoffe, insbesondere Lithium und Kobalt, sei sehr umweltfeindlich und förderten Kinderarbeit; die Gesamt-CO2-Bilanz sei nicht oder kaum besser als die von Verbrennern; oder auch das Stromnetz könne das Laden von Massen von E-Autos nicht bewältigen. Immer wieder liest man auch von berichten, dass die Akkus von E-Autos leicht entflammen und auch von der Feuerwehr nur schwer zu löschen seien. Ist da etwas dran?
Sieht man aber die Ergebnisse von Crashtests durch und scannt die Einschätzungen anderer Fachleute, dann bietet sich in Sachen Brandgefahr bei E-Autos ein anderes Bild. Beginnen wir bei den Crashtests. Fünf Sterne bei den Tests sind mittlerweile die Regel, Brände hingegen absolute Ausnahmen. Vollkommen unbedenklich sind E-Autos sicherheitstechnisch dennoch nicht. Doch dazu später mehr.
Fünf Sterne sind Standard
Wenn man die Ergebnisse der europäischen Crashtest-Organisation EuroNCAP durchforstet, findet man vor allem Gründe, sich als Insasse eines E-Autos sicher zu fühlen. Erst Anfang Dezember wurden mit Porsche Taycan und dem Tesla Model X zwei Vollblutstromer gegen die Wand gefahren, die dabei jeweils die maximale Sternzahl einfuhren. Beim neuen Taycan von Porsche galt das besondere Interesse der Tester der Batterie, die jedoch bei allen vier Standard-Crash-Szenarien intakt geblieben ist. Das war selbst beim Pfahlaufprall der Fall, der für die höchste Fremdeinwirkung sorgt.
Sogar deutlich die für ein Fünf-Sterne-Ergebnis nötige Punktzahl übertreffen konnte das bereits vier Jahre alte Model X von Tesla. Beim Insassenschutz und der aktiven Sicherheit hat der US-Riese sogar Traumwerte erreicht, die nochmals deutlich über denen des Taycan lagen. Hier gilt die Verletzungsgefahr für Insassen und Kinder als sehr gering. Zugleich blieb auch hier die Antriebsbatterie unbeschädigt.
Traumnoten in einigen Bereichen
Dieses sehr gute Ergebnis für Tesla scheint keineswegs Zufall zu sein und ist wohl nicht dem Umstand geschuldet, dass es sich beim Model X um eine Art SUV handelt. Im Sommer 2019 stellte bereits das kleinere und deutlich günstigere Model 3 sein hohes Sicherheitsniveau bei Crashtests unter Beweis. Auch hier gab es volle fünf Sterne, auch hier wurden in einigen Bereichen sogar Traumnoten vergeben.
Und das gute Abschneiden von Tesla ist keineswegs ein Sonderfall, denn auch andere Hersteller haben sich in der jüngeren Vergangenheit mustergültig mit ihren Elektromodellen aus der Affäre gezogen. Dazu gehören unter anderem der Mercedes EQC, Audi E-Tron und der Hyundai Ioniq Elektro, die jeweils in diesem Jahr mit tadellosen Fünf-Sterne-Ergebnissen das EuroNCAP-Prozedere meisterten. 2018 machten es ihnen bereits Jaguar I-Pace und Nissan Leaf II vor, die mit voller Punktzahl brillierten.
Auch betagtere Modelle schneiden gut ab
Auch länger zurückliegende Tests mit aus heutiger Sicht bereits betagteren Modellen zeugen von allgemein hohen Sicherheitsstandards. 2015 fuhr der Renault Zoe volle fünf Sterne ein, ein Jahr zuvor gelang dies dem Plug-in-Hybriden Audi A3 Sportback E-Tron. 2013 und 2011 gab es für BMW i3 beziehungsweise den Mitsubishi iMiev zwar nur vier Sterne, doch für dieses nicht ganz perfekte Ergebnisse war nicht das Crashverhalten als vielmehr eine jeweils ausbaufähige Ausstattung bei der aktiven Sicherheit verantwortlich. Auch einem VW E-Up bescheinigte 2013 der ADAC mit Crashtest unter EuroNCAP-Bedingungen ein hohes Sicherheitsniveau.
Neben ADAC und EuroNCAP kommen auch andere Crashbehörden wie etwa die US-amerikanische IIHS zu ganz ähnlichen Ergebnissen. In diesem Jahr wurden zum Beispiel ein Chevrolet Bolt, in Deutschland auch als Opel Ampera-e bekannt, sowie ein Audi E-Tron gecrasht. Auch hier konnten die Tester keine sicherheitskritischen Probleme vor allem in Hinblick auf die Batterie feststellen.
Gut gekapselt und automatisch deaktiviert
Dass in bislang allen Fällen die Batterien intakt geblieben sind, ist die eine beruhigende Erkenntnis. Darüber hinaus wäre ein thermisches Ereignis aufgrund einer weiteren Sicherheitsvorkehrung sehr unwahrscheinlich, selbst wenn einzelne Zellen etwa bei einem Crash mit sehr hoher Geschwindigkeit Schaden nehmen sollten. Bei Elektroautos werden die Batterien nicht nur gut gekapselt, sondern zusammen mit der gesamten Hochvoltanlage werden die Energiespeicher im Fall eines Crashs automatisch deaktiviert. Allein diese icherheitsmaßnahme macht das gefürchtete thermische Ereignis unwahrscheinlich.
Zu dieser Erkenntnis ist Ende 2019 auch die Dekra gelangt, die ältere Modelle von Nissan Leaf und Renault Zoe auf zudem höherem Geschwindigkeitsniveau als beim EuroNCAP üblich gecrasht hat. Selbst beim Pfahltest mit einem Leaf I mit 75 km/h, bei dem Insassen nur noch wenig Überlebenschancen haben, blieb die Batterie intakt. Die Prüforganisation sieht angesichts der Resultate das Sicherheitsniveau von E-Autos mit denen von Verbrenner-Autos ebenbürtig. Dabei hat die Dekra außerdem darauf hingewiesen, dass auch für Ersthelfer keine erhöhte Brandgefahr bei E-Autos besteht. Sollte eine Batterie dennoch einmal in Brand geraten, könnten Einsatzkräfte der Feuerwehr dieses recht effektiv mit sogenannten Löschlanzen bekämpfen, die in das Akkugehäuse geschlagen werden. Diese gehören bei Feuerwehren zur Standardausrüstung.
Das Risikopotenzial liegt woanders
Eine im Sommer 2019 veröffentlichte Studie der Axa-Versicherung attestiert allerdings vor allem aus Perspektive des Versicherers dennoch ein gewisses Risikopotenzial durch E-Autos. So wird vermutet, dass vor allem das starke Beschleunigungsniveau luxuriöserer E-Modelle für die zumindest in der Schweiz auffällig höhere Schadenhäufigkeit bei dieser Fahrzeuggattung verantwortlich ist. Außerdem warnt die Axa vor Unfällen mit Fußgängern, weil diese etwa auf einem Supermarktparkplatz oftmals die nahezu lautlosen Stromer nicht wahrnehmen. VW hat hierauf schon reagiert und stattet den ID.3 mit einem Fahrgeräusch bis 30 km/h aus.
Diese Erkenntnis ist allerdings nicht neu, wie eine neue EU-Verordnung zeigt, die bereits seit diesem Jahr die Ausstattung neuer E-Autos mit einem Soundgenerator verlangt, der Anfahrgeräusche simuliert. Die Axa empfiehlt allerdings eine Nachrüstung auch für ältere E-Autos. Außerdem warnt der Versicherer vor Brandgefahr durch kollabierte Batterien, die erst Tage später ausbrechen können. Als Lösungen werden deshalb Aufbewahrungscontainer mit Löschfunktion und darüber hinaus Löschöffnungen in den Batteriegehäusen vorgeschlagen. Dennoch ist man auch bei der Axa unter anderem auf Grundlage von eigens durchgeführten Crashtests zu der Erkenntnis gelangt, dass von E-Autos keine größere Brandgefahr als von Verbrennerfahrzeugen ausgeht. HM/SP-X
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