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Cabrios: Fünf zeitlose Schönheiten „oben ohne“

Schönheit liegt nicht immer nur im Auge des Betrachters: Diese fünf Cabrios haben Automobilgeschichte geschrieben.

Gerade in Deutschland gibt es viele Fans von Cabrios. Stil, Jugend, Wohlstand, Gefühl – all das versprühen die offenen Blechschönheiten, die den Fahrtwind genießen lassen und die Träume beflügeln. Hier kommen die fünf wichtigsten Cabriolets der Automobilgeschichte.

Ein Stück Hollywood: Mercedes 190 SL (Bauzeit: von 1955 bis 1963)

Die lange Geschichte des offenen Mercedes SL (Titelfoto) passt mittlerweile in eine Garage mit sieben Stellplätzen. Angefangen hatte alles mit Max Hoffmann. In den frühen Fünfzigern überzeugte der geschäftstüchtige US-Importeur den Mercedes-Vorstand neben dem 300 SL noch einen preisgünstigen Roadster für amerikanische Kunden anzubieten. Auf Serien-Basis der braven 180 Ponton-Limousine begann 1953 die Entwicklung des 190 SL. Die Präsentation erfolgte bereits zwei Jahre später auf der New York Motorshow. Auch wenn er sich stilistisch am weltweit gefeierten Flügeltürer anlehnte, hatte der 190er nicht dessen Strahlkraft. Seine Serientechnik war schlicht. Ein neu konstruierter Reihenvierzylinder mit 105 PS musste reichen, dazu profane Pendelachsen und Trommelbremsen. Das Stuttgarter Cabrio war eher Typ gelassener Gleiter, Rennen konnte er damit nicht gewinnen, höchstens die auf der Sonnenseite des Lebens.

Die zumeist weibliche Kundschaft in den Wirtschaftswunderjahren interessierte die Performance ohnehin herzlich wenig. Sie schmolzen beim Anblick des Hollywood-SL dahin und schmückten sich mit ihm. Wohlhabende Fabrikantengattinnen ebenso wie gefeierte Leinwandstars. Es gibt Fotos von Gina Lollobrigida hinterm elfenbeinfarbigen Lenkrad, ebenso von Grace Kelly, auf dem Beifahrersitz hockte Frank Sinatra. Und natürlich von Rosemarie Nitribitt, der Frankfurter Edel-Prostituierten mit reichlich prominenter Kundschaft aus Politik und Wirtschaft. Der 190 SL kostete damals 16.500 Mark, ein Vermögen. Trotzdem werden 25.881 Exemplare gebaut, rund 18.000 gingen in die USA. 1963 war Schluss, die viel filigranere Pagode übernahm. Der 190er aber bleibt das Ur-Meter aller SL.

Auferstanden aus Ruinen: Mazda MX-5 (Bauzeit: von 1989 bis 1998)

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Mazda MX5: Auferstanden aus Ruinen. Foto: Mazda

Wer wird Millionär? Keiner, aber wirklich keiner dachte 1989, dass hier in Chicago gerade Autogeschichte geschrieben wurde. Der auf der Motorshow vorgestellte MX-5 NA war der genaue Gegenentwurf zu allem, was zu dieser Zeit Erfolg versprach. Er war klein, günstig, leicht, mit 115 PS nicht einmal besonders kräftig – und er war verzichtbar. Denn er parkte in einem Segment ein, dass gerade dabei war auszusterben. Wer wollte schon noch einen Roadster? All die britischen Vorbilder lagen doch längst auf dem Autofriedhof. Und jetzt das. Die MX-5-Nachfrage explodierte über Nacht. Lange Wartezeiten und heftige Aufpreise für Kaufverträge waren die Folge. Weil kein anderes Auto für so wenig Geld so viel Spaß machte. Rund 35.000 Mark kostete die Blaupause eines Triumph Spitfire, MG Midget oder Lotus Elan – nur in zuverlässig. Vorne die Klappscheinwerfer, dazwischen das Werf-mich-nach-hinten-Verdeck, dahinter der Heckantrieb. Der Wagen lag wie ein Brett, die fünf Gänge klackten genüsslich. Mittlerweile sind deutlich über eine Million MX-5 verkauft. Aber ein NA der ersten Stunde wirkt keineswegs altbacken.

Das Kind braucht einen Namen: Alfa Romeo Spider Duetto (Bauzeit: 1966 bis 1970)

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Alfa Romeo Spider: Anfangs als „Brock“ kritisiert. Foto: Alfa Romeo

Wie soll das Kind bloß heißen? Als der Alfa Spider am 10. März 1966 auf dem Genfer Autosalon zur Welt kam, fehlte es den italienischen Eltern bei der Namensgebung offensichtlich an Fantasie. Einfach nur Spider? Der Volksmund daheim in Italien taufte den Sportwagen schnell auf „Osso di Sepia“, übersetzt so viel wie Tintenfisch-Knochen. Wie unappetitlich. Ein Preisausschreiben musste helfen. Über 100.000 Vorschläge erreichten Alfa, von „Giulana“ über „Sputnik“ und „Pizza“ bis zu „Lollobrigida“. Von den 200 übriggebliebenen Favoriten gewann am Ende, wir wissen es, „Duetto“.

Der Beiname schaffte es allerdings nie ans luftige Kleid des Italieners. Auch wenn Nörgler den von Battista „Pinin“ Farina gezeichneten Spider Anfangs als zu barock erachteten, verkaufte er sich prächtig, soweit die Italiener liefern konnten. Vor allem die Amerikaner verliebten sich in den grazilen Südländer mit dem schönen Rundheck, das ab 1970 zum Fastback wurde. Ein Traumwagen, meist in Alfarot lackiert, aerodynamisch ausgefeilt, die Scheinwerfer steckten unter futuristischem Plexiglas, in der Front saß das herzförmige Scudetto, links und rechts eingerahmt von geteilten Stoßstangen, baffi genannt, italienisch für Schnauzbärtchen.

Angefeuert wurde der Hype von Benjamin Braddock, alias Dustin Hoffmann, der den Spider im Hollywoodstreifen „Die Reifeprüfung“ unsterblich machte. „The Graduate“, wie der Film im Original hieß, galt als einer der ersten „Product Placements“ der Kinogeschichte. Der Spider versprühte seine Duftnoten auf jedem Meter. Stehende Pedale, ellenlanger Ganghebel, Holzlenkrad, zwei große und drei kleine Instrumente, eingelassen ins lackierte Armaturenbrett – so wurde der Klassiker zur Ikone. Der Vierzylinder war ein Meister des Wohlklangs, kraftvoll und röhrend, nicht besonders drehfreudig, dafür bissig am Gas und mit überragender Elastizität gesegnet. La dolce Vita für die Augen, die Ohren und für alle Sinne.

Frischluft für die ganze Welt: VW Käfer 1302 Cabriolet (Bauzeit: 1970 bis 1972)

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VW Käfer Cabrio: Freiheit für Jedermann und Jederfrau. Foto: VW

Als im Januar 1980 das letzte Käfer Cabriolet bei Karmann vom Band lief, weinte die Fan-Szene Krokodilstränen. Doch weder organisierte Protestfahrten nach Wolfsburg noch Aufkleber wie „Golf Cabrio, nein danke“ konnten das Ende der Legende stoppen. Nach 330.251 Stück war endgültig Schluss. Angefangen hatte alles dort, wo es vor 41 Jahren aufhörte. Beim Haus-Karossier Karmann in Osnabrück. 1949 wurde das Karmann-Cabriolet Typ 15 vorgestellt. Der Rest ist Wirtschaftswunder-Geschichte. Die 1970 mit dem Frischluft-Käfer 1302 ihren Höhepunkt erreichte. Im erfolgreichsten Verkaufsjahr 71 entschieden sich 24.317 VW-Kunden für den offenen Vollzug, da war der Luftikus längst ein weltweiter Schlager.

Wo das Käfer Cabriolet auch hinkam, wurde es geliebt und gekauft. Mit 8.190 Mark kostete es immerhin 1.800 Mark mehr als die Limousine. Mit dem 1302 erhielt der Käfer einen komplett neuen Vorderwagen samt moderner McPherson-Achse, hinten eine Schräglenkerkonstruktion. Der Kofferraum wuchs fast auf doppelte Größe. Von wegen, für VW gehört Stillstand zur Tradition. Für das Cabrio galt das schon mal gar nicht. „Das 1302 Cabrio ist ein Auto für Leute mit jungem Herzen. Die romantische Version technischer Zuverlässigkeit“ schrieb Hans-Rüdiger Etzold damals im VW-Magazin „Gute Fahrt“, „selten, dass man Cabrio-Fahrer mit muffigem Gesicht antrifft.“ Warum auch? Schließlich kam der Boxer nur als 1600er mit strammen 50 PS. Die waren auch nötig, schließlich wiegte der nach oben offene Evergreen fast 40 Kilo mehr als sein geschlossener Bruder. Auf schweißtreibendem Skai-Kunstleder ließ sich die Welt da draußen mit Weile genießen. Und vom Winde verweht wurde hier sowieso nichts und niemand. Schon gar nicht die Erinnerungen an ein Cabriolet, das über 40 Jahre lang die ganze Welt mit Frischluft versorgte.

Schönheit ist doch berechenbar: Jaguar E-Type Convertible Serie 3 (Bauzeit: 1971 bis 1975)

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Jaguar E-Type: Bis heute große Emotion. Foto: Jaguar

Elf Stunden brauchte Norman Dewis im März 1961, um den neuen Jaguar E-Type rechtzeitig auf dem Genfer Salon zur Premiere abzugeben. Der Testfahrer war in der Nacht vorher mit dem allerersten gebauten Roadster – lackiert in British Racing Green, Kennzeichen OTS 77 RW – von Coventry aufgebrochen und die 1.200 Kilometer durchgefahren. Den Wagen, den er am Lac Léman einparkte, werden Generationen später als Jahrhundertwurf feiern, als Stil-Ikone für die Ewigkeit. Ein exzessives Statement des frühen Temporausches. Mit ewig langer Schnauze, athletischem Körper und großen Speichenrädern mit Zentralverschlüssen. Angeblich soll Malcon Sayer, der Mann hinter den schönsten Kurven der Automobilgeschichte, das Design anhand von komplizierten Zahlenreihen errechnet haben. Mag sein, schließlich entwarf der Aerodynamiker vorher ja auch Flugzeuge.

Tatsache ist, dass selbst Enzo Ferrari von der Eleganz des Sportwagens wie geblendet war: „Das schönste Auto der Welt“ entfuhr es dem Commendatore, der für seine Konkurrenz sonst kein gutes Wort übrighatte. Krönung der Schöpfung war für viele der Roadster der Serie 3, der 1971 mit 5,3-Liter-V-Zwölfzyinder vorfuhr. Stolze 34.500 Mark teuer. 276 PS waren nicht der Hammer, aber technisch war der Zwölfender eine Delikatesse. Der Motorblock aus Leichtmetall, in die Kolbenböden eingelassene Heron-Brennräume. Dazu ein betörender Sound. Gänsehaut, verpackt in Seidenpapier. 240 Spitze lief der Jag, damit warst du ein recht einsamer King oft the Road, damals Anfang der 70er. Das Power-Paket lastete schwerer auf der Vorderachse als der Sechszylinder, was der schnellen Katze etwas an Dynamik raubte. Auch war der Typ 3 um die Taille nicht mehr ganz so schlank wie vorher und sein Haifischmaul nun vergittert. Geschenkt. Der E-Type blieb bis zu seinem Ende am 12. Februar 1975 eine zeitlos elegante Skulptur. Unvergessen und prägend wie kaum ein anderes Automobil. Tomas Hirschberger/SP-X

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