Nach 28 Jahren kommt der Renault 5 zurück. Mit einem Elektroantrieb.
„Der kleine Freund“, so bewarb Renault zeitweise den 1972 auf den Markt gebrachten R5 – er wurde aufgrund seiner kompakten Abmessungen, des trotzdem recht großen Platzangebots, seiner Fahreigenschaften und relativ günstiger Preise zum Bestseller. Nun bedienen sich die Franzosen erneut dieses Namens. Doch der Renault 5 E-Tech, erstes Modell auf der neuen AmpR Small Plattform, will weder eine automobile Nostalgie noch ein normaler Elektriker sein.
R5-Basismodell mit 90 PS
Die ersten Varianten kommen bis Jahresende nach Deutschland, darunter das von uns getestete Top-Modell Iconic 5 (110 kW/150 PS), welches mit der größeren 52-kWh-Batterie 34.400 Euro kostet. Vorläufig günstigste Möglichkeit, den Renault 5 zu fahren, ist die Variante Evolution (90 kW/120 PS) mit einem 40-kWh-Akku ab 27.900 Euro. Im nächsten Frühjahr folgen weitere Versionen, darunter dann auch das Basismodell „Five“, mit allerdings nur 70 kW/90 PS Leistung, das zudem ausschließlich mit der kleineren Batterie sowie ohne Schnelllademöglichkeit angeboten und mit rund 25.000 Euro eingepreist wird.
Ohne Zweifel wird vor allem das Design Begehrlichkeiten wecken. Ähnlich wie damals beim ersten Mini der BMW-Ära oder bei Fiat mit dem 500 der Neuzeit haben es die Gestalter verstanden, Assoziationen zu einem „alten“ Modell, eben dem Renault 5, zu wecken, das Fahrzeug gleichzeitig aber auch ausgesprochen modern wirken zu lassen. Der Radstand von 2,54 Meter bei nur 3,92 Metern Länge hat extrem kurze Überhänge zur Folge, was den Franzosen stämmig und sportlich dastehen lässt.
Der Fahrspaß steht ganz oben
Hier deutet sich schon an, dass Fahrspaß bei den Entwicklern ganz oben auf der Agenda stand. Dazu passen auch die an den Renault 5 Turbo erinnernden Kotflügelverbreiterungen sowie in allen Versionen 18-Zoll-Räder. Wer die Reminiszenz an die 70er-Jahre auf die Spitze treiben will, greift bei den Farben zu Pop Yellow oder Pop Green, beide gleichermaßen bunt wie auffällig. Wer vielleicht mit Blick auf den Langzeiteffekt doch gedecktere Töne bevorzugt, hat die noch Wahl zwischen Weiß, Schwarz und Blau.
Der Innenraum empfängt ebenfalls mit einem gelungenen Mix aus Stilelementen, die einerseits an den Renault 5 erinnern sollen – etwa bei der Armaturentafel oder beim rechteckigen Kombiinstrument – andererseits erwartbare Modernität bieten, etwa durch die je 10 Zoll großen Displays vor dem Fahrer und als Multimedia-Bildschirm ausgeführt in der Mitte. Wie im Megane E-Tech kommt auch beim Renault 5 E-Tech ein System mit Google-Anbindung zum Einsatz, etwa als Navi oder als Sprachassistent.
Ein Avatar im Stromer
Das griffige, oval ausgeführte Lenkrad ist allerdings mit Tasten und Hebeln überfrachtet, was nicht ganz zum stylischen Gesamtauftritt passt. Mit dem neuen 5er führt Renault auch erstmals einen Avatar ein. Er hört auf den Namen „Reno“ – somit muss man sich immerhin keinen weiteren als den Markennamen merken – und fungiert, man kennt es von anderen Herstellern, als virtueller Mitfahrer.
Neben dem Design ist der Fahrspaß die große Stärke des kleinen Elektrikers. Natürlich zeigt er sich in dieser Variante mit dem 150 PS starken Antrieb sehr gut motorisiert, spurtet etwa in 8 Sekunden auf Tempo 100. Die Domäne des nur 1.450 Kilo leichten Autos sind aber vor allem Kurven, je enger desto besser, denn die Lenkung spricht vor allem im Sport-Modus äußerst direkt an, zwischen maximalem Einschlag links und rechts liegen zudem nur zwei volle Lenkradumdrehungen.
„Notschalter“ für Assistenten
Der tiefe Schwerpunkt und das toll abgestimmte Fahrwerk, hinten mit aufwendiger Multi-Link-Achse, lässt Kart-Gefühl aufkommen. Ach ja, der Wendekreis fällt mir 10,30 Metern auch noch ausgesprochen City-freundlich aus.
Ein Sonderlob erhält Renault für den links vom Lenkrad im unteren Armaturenbrett platzierten „My Safety Switch“. Hier lassen sich voreingestellt bis zu fünf Assistenzsysteme nach dem Start ausschalten und die mit ihnen einhergehenden, häufig aufdringlichen optischen und akustischen Ermahnungen gleich mit. Wer zum Beispiel schon mal auf engen Straßen ständig von einem Spurverlassenswarner gegängelt wurde und diesen nach jedem Neustart erst über mehrere Schritte erneut ausschalten musste, wird diesen Knopf als Wohltat empfinden.
Ladeleistung des R5 enttäuscht
Weniger überzeugend ist dagegen die Ladeleistung ausgefallen. Die große Batterie kann mit gerade mal 100 kW, die kleinere gar nur mit 80 kW im DC-Modus nachgeladen werden, AC sind es die üblichen 11 kW. Die Reichweiten nach WLTP gibt Renault mit 410 bzw. 300 Kilometern an. Kein Auto für die Langstrecke also – wenig überraschend.
Das gilt auch für das Platzangebot: Auf 3,92 Metern Gesamtlänge lassen sich selbst bei einem E-Auto keine Wunder vollbringen. Vorne lebt es sich auch dank der guten Sitze sehr angenehm, hinten können eigentlich nur Kinder mitfahren. Den eingesparten Platz im Fond lässt Renault zumindest teilweise dem Kofferraum zukommen, 326 Liter sind ein guter Wert in dieser Fahrzeugklasse. Und da in den meisten Autos, zumal in den kleinen, sowieso meist nur ein oder zwei Personen sitzen, kann man für einen größeren Einkauf auch gleich die Rücksitzlehnen umklappen und so das Laderaumvolumen auf 1.100 Liter erweitern.
Mehr (Elektro-)Auto braucht kein Mensch, ist man fast versucht, einen ebenfalls alten Werbeslogan an dieser Stelle anzubringen. Aber vielleicht gehen noch einige der teils liebevoll zusammengestellten Extras? Unser Favorit ist das schmale, auf der Beifahrerseite an der Mittelkonsole zu befestigende Weidenkörbchen, mit dem sich ein französisches Baguette aufrechtstehend stilvoll vom Bäcker nach Hause fahren lässt. Peter Eck/SP-X
Renault 5 Iconic – Technische Daten:
Fünftüriger, fünfsitziger elektrischer Kleinwagen; Länge: 3,92 Meter, Breite: 1,77 Meter( mit Außenspiegeln 2,02m) , Höhe: 1,50 Meter, Radstand: 2,54 Meter, Kofferraumvolumen: 326 – 1.106 Liter
E-Motor mit 110 kW/150 PS, Drehmoment: 245 Nm, 0-100 km/h: 8,0 s, Vmax: 150 km/h, Verbrauch: 14,9 – 15,4 g CO2/100 km, Akkugröße: 52 kWh, Reichweite: 410 km (WLTP), Ladeleistung: 100 kW (DC), 11 kW (AC), Ladedauer: DC: 15-80 % in 30 Minuten, AC: 15-80% in 3:13 Std.
Preis: ab 34.400 Euro (mit 40-kWh-Akku: 31.400 Euro)
Kurzcharakteristik:
Warum: gelungene Mischung aus Retro-Design und Modernität, schön gestalteter Innenraum, für die Länge großer Kofferraum, Lenkung und Fahrwerk machen Spaß – das Weidenkörbchen ebenso
Warum nicht: im Fond erwartungsgemäß eng, überfrachtetes Lenkrad, Ladeleistung eher mau, kein Head-up-Display verfügbar
Was sonst: Fiat 500e, Opel Corsa Electric – beide allerdings weniger keck
Was noch: 2025 kommen diverse Ausstattungs-/Leistungsvarianten, darunter auch das Basismodell für 25.000 Euro, zudem debütiert im nächsten Jahr das Schwestermodell Alpine A290 mit bis zu 220 PS
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