Elektrische Autos mit Range Extender schienen ausgestorben zu sein. Doch nun erlebt das Konzept ein Comeback.
Elektroautos mit Verbrennungsmotor als Reichweitenpuffer kamen Anfang der Zehnerjahre in Mode. Sie wiesen einen Weg aus dem Dilemma, der sich aus den damals sehr teuren Akkus ergab: Bei den frühen E-Autos waren Traktionsbatterien und damit die Reichweiten klein, die Reichweitenangst auch dank fehlender Ladeinfrastruktur hingegen groß. E-Autos mit Range-Extender-Technik, dazu zählten Opel Ampera und der baugleiche Chevrolet Volt sowie der Fisker Karma und BMWs i3, konnten dieser Angst zu moderaten Kosten ihren Schrecken nehmen. Anders als bei den aktuell sehr erfolgreichen Plug-in-Hybriden diente der zusätzlich eingebaute Benziner jedoch nicht als Antriebsquelle, sondern als Stromgenerator für den E-Antrieb. Verbrenner und E-Motor verzichteten also auf eine mechanische Verbindung.
Ist der Preis ein Argument?
Praktisch befand sich diese Brückentechnologie bereits vor dem Aus, denn mit den Produktionsstopps von Volt und i3 mit Range Extender war dieser Typus 2019 vom Markt verschwunden. Doch mittlerweile deutet sich eine Renaissance der speziellen Doppelherztechnik an, die unter anderem in besonderen Nischen der E-Mobilität zum Durchbruch verhelfen sowie die Preise für E-Autos generell weiter senken könnte.
Der Transporter LEVC VN5
Auf diesen speziellen Mix aus E-Antrieb und Benziner setzt zum Beispiel die Geely-Tochter LEVC mit dem in Deutschland im Sommer eingeführten Kleintransporter VN5 (Titelfoto). Neben einem E-Motor an der Hinterachse befindet sich hier im Bug noch ein 1,5-Liter-Dreizylinder, der keine mechanische Verbindung zu den Rädern aufweist. Seine Aufgabe besteht darin, Strom zu liefern, sollte dieser in der Traktionsbatterie knapp werden. Die fällt mit 31 kWh nämlich kompakt aus. Mit vollem Akku bietet der E-Van einen entsprechend emissionsfreien Radius von bis zu 122 Kilometer im Stadtverkehr. Ein Reichweitenproblem hat der VN5 dennoch nicht, denn mit dem Benzinvorrat kann der Range-Extender-Motor Strom für fast 400 weitere Kilometer bereitstellen. Als offizielle Gesamtreichweite gibt LEVC 489 Kilometer für den knapp über 62.000 Euro teuren VN5 an. Sein besonderer Vorteil liegt klar auf der Hand: Es handelt sich um den ersten E-Lieferwagen, der trotz einer kleinen Batterie auch lange Strecken bewältigen kann. Die Technik will LEVC noch dieses Jahr auch in einer Wohnmobil-Variante namens e-Camper zu Preisen ab 73.000 Euro anbieten.
Knaus e-Power Drive
Mit Hilfe des Range-Extender-Prinzips will der deutsche Reisemobil-Konzern Knaus Tabbert ebenfalls Elektro-Camper marktfähig machen. Wie das aussehen könnte, wurde Ende August auf der Caravan in Düsseldorf mit dem seriennahen „Knaus e-Power Drive“ gezeigt. Dabei handelt es sich um ein Wohnmobil auf Ducato-Basis, dessen Diesel ein bis zu 180 kW/245 PS starker E-Motor ersetzt. Dieser kann das vollwertig ausgestattete Wohnmobil auf bis zu 140 km/h Spitzen- und 120 km/h Dauertempo beschleunigen. Allerdings bietet die Traktionsbatterie lediglich 35 kWh, was die Reichweite auf rund 90 Kilometer beschränkt. Ein kleiner Verbrennungsmotor fungiert deshalb als Hochvolt-Generator, der während der Fahrt permanent die Batterie auflädt. Das Fahrzeug, bei dem der Elektromotor die Vorderräder antreibt, fährt also ausschließlich und unbegrenzt elektrisch bis zum nächsten Tankstopp. Während in dem vorgestellten Konzept ein leichter und effizienter Wankelmotor eingebaut wurde, plant Knaus Tabbert für die Serienversion den Einsatz eines 1,0-Liter-Vierzylinder-Ottomotors.
Fering Pioneer
Wiederum aus Großbritannien kommt das Start-up Fering, dass 2022 mit dem Pioneer einen elektrisch angetriebenen Offroader mit einer Riesenreichweite von sogar 7.000 Kilometer in die Spur bringen will. Der Geländewagen verfügt über einen Allradantrieb, bei dem gleich mehrere E-Motoren eine Steigfähigkeit von bis zu 60 Prozent ermöglichen soll. Maximal fährt der Pioneer allerdings nur 125 km/h schnell. Mit 80 Kilometer fällt zudem die Reichweite dank kleindimensionierter Batterie bescheiden aus. Zusätzlich ist deshalb ein 0,8-Liter-Dreizylinder-Diesel mit 70 kW/95 PS an Bord, der als Generator für den E-Antrieb fungiert. Dieser soll bei entsprechend großem Tank Strom bis zu 7.000 Kilometer zusätzlicher Reichweite bereitstellen, was langfristige Einsätze des Pioneer weit abseits jeder Ladeinfrastruktur erlaubt. Ein zugleich klimaneutraler Betrieb wäre möglich, wenn der Verbrenner mit Biodiesel gefüttert wird. Vor allem in Hinblick auf das Gewicht kann diese Lösung Vorteile bieten, denn der Pioneer soll nur 1,5 Tonnen wiegen. Sonderlich günstig wird der Offroader mit einem Preis von rund 175.000 Euro trotz Mini-Akku allerdings nicht.
ZVG-Konzept im Tesla Model 3
Vor allem die Senkung der Kosten von Elektroautos hat das Range-Extender-Konzept Zero Vibration Generator (ZVG) des Autozulieferers Obrist im Fokus. Die unter anderem in einem Tesla Model 3 zu Demonstrationszwecken installierte Technik kombiniert einen 100 kW/136 PS starken E-Motor im Heck mit einer nur 17,3 kWh großen Traktionsbatterie. Die fällt also deutlich kleiner als die von Tesla eingesetzten 52-kWh- oder 82-kWh- Akkus aus. Wo sich im Tesla der Frunk befindet, hat Obrist deshalb zusätzlich einen stark gekapselten Einliter-Zweizylinder-Ottomotor eingebaut, der physisch nicht mit dem Antrieb verbunden ist, sondern einen Generator antreibt, der wiederum elektrischen Strom an den E-Antrieb liefert. Dank Ausgleichsmasse und der Kapselung soll der Zweizylinder für die Insassen akustisch nicht wahrnehmbar sein. Hinten im Tesla befindet sich ein 30 Liter großer Tank, dessen Vorrat für lange Touren reicht, denn der Spritkonsum des Systems soll sich praktisch zwischen 2,5 und 4,5 Liter auf 100 Kilometer bewegen.
Soll die Norm Euro 7 erfüllen
Neben einem 40-kW-Generator für Benzinbetrieb hat Obrist ein 45 kW leistendes Pendant für E-Fuels wie Methanol entwickelt. Der Öko-Sprit für diese Variante könnte aus klimaneutral hergestelltem Wasserstoff gewonnen werden, womit die Klimabilanz neutral wäre. Grundsätzlich soll das hybridische Antriebssystem trotz Verbrenner-Einheit die Grenzwerte der kommenden Euro-7-Abgasnorm erfüllen. Wichtiger jedoch: Der CO2-Rucksack des E-Antriebs würde dank Rightsizing-Akku klein ausfallen, das Fahrzeuggewicht zudem deutlich unter dem des Serien-Model-3 liegen. Zudem wären mit der ZVG-Lösung dank der deutlich verkleinerten Batterie niedrigere Anschaffungskosten machbar. Laut Obrist wäre ein Serienfahrzeug auf dem Preisniveau eines konventionelles Benzinermodells realistisch. Ob allerdings die Obrist-Lösung in einem Serienmodell zum Einsatz kommen wird, bleibt abzuwarten. 2025 könnte es so weit sein. Mario Hommen/SP-X/Titelfoto: LEVC
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