Aiways U5: Definiert das chinesische SUV den Markt neu? Wir haben eine Probefahrt unternommen – und sind beeindruckt.
Chinesische Hersteller drängen nach Deutschland. Man könnte das mit einem Schulterzucken abtun, doch ein Blick auf das Preis-Leistungsverhältnis einiger fernöstlicher Kandidaten lässt dann doch aufhorchen. So auch beim ersten Vertreter der Marke Aiways hierzulade, dem U5. Das ausgewachsene SUV kostet in einer top ausgestatteten ersten Edition namens „Premium Edition“ 39.070 Euro und bietet ein Platzverhältnis, das sich zwischen VW Touran und Sharan ansiedelt.
Das lohnt doch einen näheren Blick, oder? Vertrieben wird die Marke über die Elektronikkette Euronics. Über die Homepage von Aiways oder Euronics kann man beim nächstgelegenen Händler einen Probefahrttermin vereinbaren. Das haben wir ausprobiert – und flupps, 14 Tage später stehen wir in einem Frankfurter Vorort vor dem weißen Aiways U5 in genannter Premium Edition.
Jede Menge Platz
Es dauert nicht lange, bis ein Verkäufer erscheint, der uns das Fahrzeug erläutert und die Menüs und Funktionen erklärt. Das dauert etwa eine halbe Stunde, danach weiß man aber auch, dass der U5 über (fast) alles verfügt, was man von einem sehr gut ausgestatteten SUV erwarten kann, inklusive Ledersitze (elektrisch verstellbar), adaptiven Tempomat und ein Einparksystem, das dem Fahrer verschiedene Perspektiven anbietet. Über dem Kopf lässt ein Panorama-Glasdach Licht herein.
Das Ambiente ist durchaus gefällig zu nennen: Weiches Plastik und wertige Materialien schaffen zwar kein Premium-Gefühl, wirken aber dennoch einladend und müssen sich hinter etablierten Marken nicht verstecken. Auffällig ist das üppige Raumangebot in der ersten und vor allem der zweiten Reihe, was nicht zu Lasten des Laderaums geht, der 432 Liter Platz bietet. Die Rücksitzlehnen lassen sich umklappen, die Sitzflächen aufstellen, so dass man einen hübsch großen Stauraum (1.555 Liter) erhält für sperrige Güter.
Kein Starterknopf
Doch zur Testfahrt: Der Fahrersitz ist schnell in die passende Position gefahren, hinter dem oben und unten abgeflachten Lenkrad warten gleich drei Monitore: ein zentraler mit Tempoangaben und Ladeanzeiger, zwei kleine rechts und links mit Reifendruck und Radiosender. Mit anderen Anzeigen belegen lassen sie sich nicht; lediglich das Design des mittleren lässt sich ändern. Tritt man dann auf die Bremse, erwacht der U5 zum Leben – einen Starterknopf gibt es also nicht. Stellt man dann den Drehregler auf D und gibt ein wenig Strom, rollt das Auto los.
Der Aiways U5 reagiert willig und gut dosierbar auf die Stromgabe und surrt los. Schnell hat man sich mit ihm angefreundet, man kann unter den Fahrmodi Normal, Eco und Sport wählen. Die Rekuperation lässt sich freilich nur über den breiten Touchscreen in der Mitte des Armaturenbretts in drei Stufen verändern; Lenkradpaddel gibt es nicht. Der E-Motor leistet 150 kW/205 PS (315 Nm Drehmoment) und wirkt auf die Vorderräder – am Vortrieb gibt es also nichts zu mäkeln.
Rund 400 Kilometer Reichweite
Die Batterie stellt bei voller Ladung 63 kWh bereit, mit denen man laut Bordcomputer rund 400 Kilometer schafft. Der Verbrauch ist mit 17,0 Kilowattstunden (WLTP) angegeben. Leider konnten wir dies auf der einstündigen Tour nicht überprüfen, da sich der Kraftfluss oder der Verbrauch auf dem Display nicht darstellen lässt. Auf unserer 50 Kilometer weiten Tour über Autobahn und Landstraße verbrauchte er 60 Kilometer Reichweite. Dabei erwies sich das Fahrwerk als komfortabel ausgelegt, in flotter gefahrenen Kurven kam das Fahrzeug nicht ins Wanken und hielt zielgenau die Spur.
Ein wichtiger Punkt ist ja immer das Laden. Mit „schnellem“ Gleichstrom dauert es (mit maximal 90 kW) beim Aiways U5 40 Minuten bis der Akku wieder zu 80 Prozent gefüllt ist. Nicht ganz optimal ist die AC-Ladeleistung mit maximal 6,65 kW, womit man bis zu zehn Stunden für eine Vollladung benötigt. Wer keine eigene Wallbox hat und auf öffentliche Stationen angewiesen ist, hat das Nachsehen.
Minuspunkte beim Laden
So richtig was zum Kritteln fiel uns nicht auf. Vielleicht, dass es kein klassisches Handschuhfach gibt und die Türtaschen für große Flaschen zu eng ausfallen. Auch ein Navigationssystem ist nicht an Bord: Hier setzt der Hersteller darauf, dass der Nutzer sein Smartphone über Apple CarPlay oder Android Auto einloggt und den Google-Service nutzt. Zudem erscheinen die Geschwindigkeitswarnungen nur sehr kurz. Per Software-Update soll das aber bald behoben werden.
Positiv überrascht kehren wir also zu unserem Startpunkt zurück und unterhalten uns noch ein wenig mit dem Verkäufer, der leider kein Prospekt oder die technischen Daten parat hat und auf die Homepage verweist. Dort steht auch, dass die Fahrzeuggarantie 5 Jahre beträgt und die für den Akku 150.000 Kilometer. Der nette Verkäufer schickt noch hinterher, dass der Service von ATU übernommen wird.
Ist der Aiways also eine Alternative? Das Preis-Leistungsverhältnis ist kaum zu schlagen, auch ansonsten stimmen die Parameter. Und wenn man bedenkt, wie viel Auto man für rund 33.000 Euro (nach Förderprämie) bekommt, dann sollte man den U5 durchaus ins Kalkül ziehen. HM
Technische Daten – Aiways U5
Fünftüriger, fünfsitziges SUV der Mittelklasse mit Elektroantrieb, Länge 4,68 Meter, Breite 1,86 Meter, Höhe 1,70 Meter, Radstand: 2,80 Meter, Gewicht: 1.770 kg, Kofferraumvolumen: 432/1.555 Liter.
Permanenterregter Synchronmotor mit 150 kW/204 PS, Lader mit max. 90 kW (DC) und 6,64 (AC), maximales Drehmoment: 310 Nm ab 1 U/min, 0-100 km/h: 7,8 s, Vmax: k.A., Batteriekapazität 63 kWh, Durchschnittsverbrauch (WLTP-Zyklus): 17,0 kWh/100 km, Reichweite: 410 km, CO2-Ausstoß: 0 g/km, Effizienzklasse: A+.
Preis: ab 35.993 Euro, Testwagenpreis: 39.070 Euro.
Wie immer bei einem Autotest, werden hier falsche Aussagen durch einen Tester wiedergegeben, der sich nicht richtig informiert hat. Es fängt bei der Behauptung an, dass sich die abgewinkelten kleinen Bildschirme nicht in der Anzeige ändern lassen (natürlich man kann sich alle wichtigen Daten der aktuellen Fahr- und Verbrauchswerte auf dem linken Bildschirm anzeigen lassen) bis zu der Aussage, dass sich die Rekuperation nur über den mittleren Bildschirm regeln lässt (man kann die Rekuperation auch auf die frei belegbaren Tasten der Lenkradbedienung legen).