Fahrrad umrüsten

Fahrrad mit E-Antrieb aufrüsten – klappt das?

Wer sein „altes“ Fahrrad zu einem E-Bike aufrüsten möchte, kann zu Umrüstsätzen greifen. Wir haben zwei ausprobiert.

Es muss nicht immer ein neues Bike sein, wenn man auf elektrischen Antrieb umsteigen möchte. Denn Nachrüst-Möglichkeiten gibt es viele. Wir haben die Angebote von zwei relativ neuen Anbietern ausprobiert. Zum Zug kamen die Macher von Zipforce aus Schweden, die sich für einen Vorder- oder Hinterradantrieb per Reibrolle entschieden haben. Und Swytch aus England. Deren Umrüst-Kit besteht aus einem exakt aufs Fahrrad abgestimmten Vorderrad inklusive Nabenmotor und einem kleinen Akku, der am Lenker platziert wird.

 

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Alle Zutaten für das Swytch-Kit kommen übersichtlich angeordnet per Karton. Foto: Rudolf Huber/SP-X

Swytch: Werkzeugtäschchen inklusive

Beiden Lösungen ist gemeinsam, dass sie auch Menschen ohne Fahrradmechaniker-Ausbildung nicht vor unüberwindbare Hindernisse stellen. Und dass die gelieferten Sets so ziemlich alles enthalten, was man braucht. Mit Vorteilen für Swytch, wo sogar ein recht gut ausgestattetes Werkzeug-Täschchen dabei ist. Bleiben wir bei dem englischen Nachrüst-Satz: Entscheidend ist natürlich, dass im Vorfeld der Bestellung wirklich alle Details der Vordergabel und des Original-Radsatzes korrekt weitergegeben werden. War das der Fall, steht im Fall eines Rades mit Scheibenbremsen ein für Laien eher ungewohnter Schritt bevor: Bremsscheibe von alten Rad ab- und aufs Swytch-Rad draufschrauben. Das ist in der Praxis ganz einfach, auch wenn die Engländer auf Inbus-Schrauben setzen und am alten Rad Torx-Schrauben eingedreht waren – wohl dem, der das passende Werkzeug zuhause hat.

Noch ein paar Handgriffe

Dann geht´s weiter: Reifen und Schlauch ab- und anmontieren, Rad in die Gabel einsetzen, Achse festschrauben, Akku-Halter am Lenker und Sensor am Pedal befestigen, alle Kabel-Verbindungen zusammenstecken, mit den mitgelieferten Kabelbindern verzurren, den frisch geladenen 180-Wattstunden-Akku einsetzen und fixieren: Das war’s auch schon.

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Der Swytch-Akku wird am Lenker befestigt und wiegt nur knapp über ein Kilo. Foto: Rudolf Huber/SP-X

Das Zipforce Distance, das aus einem 250-Watt-Motor mit integriertem 350-Wattstunden-Akku besteht und gerade mal 2,9 Kilo wiegt, wird vorne oder hinten über dem Reifen montiert. Dazu gibt es eine Standard-Lösung mit einer langen Schraube und einer Unterlegplatte. Wenn das beim gewählten Rad nicht passt, bieten die Schweden alternative Befestigungsmöglichkeiten an. In unserem Fall ging es fix: Befestigungs-Kit am Hinterteil des Fahrrads montieren, dabei auf exakte Ausrichtung achten, Zipforce-Modul mit einem Klick in den Halter einrasten lassen und dann noch mit einem Drehknopf fixieren – fast fertig, denn zuvor muss noch der Bluetooth-Sensor mit einem Gummiring am Pedal befestigt werden.

Zipforce: 350-Wh-Akku

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Das komplette Zipforce-Kit passt in ein sehr kompaktes Päckchen. Foto: Rudolf Huber/SP-X

Jetzt die zwei spannendsten Momente: Wie funktionieren die Antriebs-Systeme, sind sie wirklich ein Ersatz für ein „echtes“ E-Bike? Die Antworten unterscheiden sich leicht, denn die beiden Kandidaten haben spezielle Stärken und Schwächen. Das Swytch in der Version Max mit nur exakt 1.012 Gramm schwerem Akku sorgt für eine „elektrische“ Reichweite von rund 30 Kilometern und verwandelt das Analog-Rad wirklich in ein echtes Pedelec. Mit dem aufpreispflichtigen Bedienteil am Lenker kann man zwischen fünf Unterstützungsstufen wählen, die höchste ist zwar nicht als Alpenbezwinger ausgelegt, schafft aber locker sanfte bis mittlere Steigungen. Weil der Vorderradmotor praktisch keinerlei Widerstand leistet, fährt sich das Rad jenseits der gesetzlich vorgeschriebenen Unterstützungsgrenze von 25 km/h und mit ausgeschaltetem Motor exakt so wie vor dem Umbau, auch akustisch – ein echter Vorteil gegenüber dem Konkurrenten aus Schweden.

Knackig in der Ebene

Denn beim Zipforce-Einsatz gibt es zwangsläufig Geräusche, wenn die Antriebsrolle den Reifen in Schwung bringt. Im Fall des Testfahrrads war sogar ein neuer Mantel fällig, weil das ursprüngliche Offroad-Pneu und die Reibrolle ganz und gar nicht zusammenpassten und sehr unschöne Geräusche produzierten. Mit einem Straßen-Slick reduzierte sich der Antriebssound auf ein absolut erträgliches Maß, wobei sich die Hinterrad-Montage als zusätzliche Geräuschdämpfungs-Maßnahme erwies – nach hinten hört man einfach nicht so gut. Über ein kleines Drehrad lässt sich die Unterstützung stufenlos erhöhen, wer mag, kann das auch per App über das am Lenker befestigte Smartphone erledigen. Die Kraft des Antriebs entspricht in etwa der des Swytch-Motors: sehr knackig in der Ebene, hilfreich am (nicht zu steilen) Berg.

Schnell an- und abgebaut

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Beim Zipforce-System übernimmt eine Reibrolle den Antrieb. Foto: Rudolf Huber/SP-X

Beiden Systemen gemeinsam ist auch ihre Flexibilität. Wer unverschwitzt im Büro ankommen will, montiert mit wenigen Griffen das Zipforce oder mit zwei Griffen den Swytch-Akku. Und wer am Wochenende analog radeln will, lässt Antrieb oder Akku einfach zuhause. Wegen seiner Platzierung im Vorderrad ist der Swytch-Motor einen Tick leiser und ohne Nachteile immer dabei, der Akku ist wirklich extrem leicht und für den Fall der Fälle problemlos in der Tasche zu transportieren. Der Zipforce-Nutzer sollte sich dagegen vor Fahrtantritt im Klaren sein, ob er „mit“ oder „ohne“ unterwegs sein will: Das knapp drei Kilo schwere Teil fällt sprichwörtlich ins Gewicht. Und zerrt etwa im Rucksack ganz ordentlich an den Schultern.

Bleibt der Blick auf die Preise: Das getestete Zipforce Distance wird für 690 Euro verschickt, die Versionen Slim und One (läuft aus) mit 211- und 313-Wattstunden-Akku kosten jeweils 590 Euro. Für das Swytch Max werden aktuell im Rahmen einer Pre-Sale-Aktion 800 Euro plus 75 Euro Versand aufgerufen. Letztlich peilen die Briten aber einen Verkaufspreis von knapp 1.600 Euro an. Und das ist dann doch ganz schön happig. Rudolf Huber/SP-X/Titelfoto: Zipforce

Zipforce Distance – Technische Daten:

Pedelec-Nachrüstsatz, Reibrollen-Antrieb vorne oder hinten, Gewicht; 2,9 kg, Leistung: 250 Watt, Akku: 350 Wh, Reichweite: ca. 30 –70 km, Höchstgeschwindigkeit: 25 km/h, Ladezeit: 4 Stunden.

Swytch Max – Technische Daten:

Pedelec-Nachrüstsatz, Vorderrad-Nabenmotor, Leistung: 250 Watt, Akku: 180 Wh, Gewicht: 1012 Gramm, Reichweite: ca. 30 km, Höchstgeschwindigkeit: 25 km/h, Ladezeit: 3 Stunden.

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