Wer E-Bikes gebraucht kauft, kann viel Geld sparen. Doch es gibt einige Punkte, die man auf jeden Fall checken sollte.
Der Aufschwung auf dem Fahrradmarkt verdankt sich nicht zuletzt der weiter wachsenden Beliebtheit von E-Bikes, auch Pedelecs genannt. Sie sind mittlerweile zahlreich auf den Straßen und Radwegen zu sehen. Allerdings sind sie recht teuer. Wer ein gutes Modell haben möchte, muss mehrere tausend Euro aufwenden. Mittlerweile hat sich aber ein recht umfangreicher Gebrauchtmarkt etabliert, wo deutliche Preisabschläge locken. Wer hier zuschlagen möchte, sollte aber ein paar Dinge beachten.
Zu beachten gilt zunächst, dass der Gebrauchtkauf Gewährleistungen gegenüber dem Käufer ausschließt. Wie bei normalen Fahrrädern empfiehlt sich deshalb bei Kleinanzeigenangeboten ein genauer Zustands-Check. Dieser sollte auch einen Blick auf die klassischen Fahrradkomponenten beinhalten. Funktioniert die Lichtanlage? Wie sind Zustand der Bremsen und Reifen? Auch Kette und Ritzel sollte man einer Prüfung unterziehen. Sind die Zähne der Zahnräder auffällig spitz und außerdem noch leicht gebogen, kann das auf fortgeschrittenen Verschleiß hinweisen. Gleiches gilt für durchhängende und während der Fahrt über die Ritzel springende Ketten. Fortgeschrittener Verschleiß muss kein Ausschlusskriterium sein, sollte aber in der Preisfindung berücksichtigt werden. Ersatz lässt sich in Eigenregie oder für meist überschaubare Summen beim Fahrradhändler montieren.
Wichtig: der Blick auf den Rahmen
Wichtig ist ein kritischer Blick auf den Rahmen. Zeigen sich hier Risse, Beulen, nachträgliche Schweißspuren oder speziell an den Schweißpunkten Nachlackierungen, ist Vorsicht geboten. Ist der Rahmen defekt, kommt das in vielen Fällen einem Totalschaden gleich. Bei der obligatorischen Probefahrt sollte das Fahrrad zudem stabil fahren und der Lenker nicht zum Flattern neigen.
Beim praktischen Test wird außerdem der E-Antrieb genauer inspiziert. Funktionieren alle Unterstützungsstufen? Wie verhält sich der Antrieb an Steigungen? Kommen aus dem Motor verdächtige Geräusche wie Klappern? Die E-Antriebe gelten bei Pedelecs übrigens als Problemzone Nummer 1. Laut einer Studie des Produkt-Versicherers Wertgarantie geht jeder fünfte Schaden an E-Bikes auf technische Probleme zurück, wobei Akku und Motor besonders stark betroffen sind. Als mögliche Ursachen werden unsachgemäße Handhabung und fehlende Wartung genannt.
Problemzone Nr. 1: der Antrieb
Laut Tamara Winograd, Vice President Marketing & PR beim Marktführer Bosch eBike Systems, hängt der Zustand des Antriebs „…von den gefahrenen Kilometern und der Beanspruchung ab. Vor dem Kauf eines gebrauchten E-Bike sollte sich der Kaufinteressent informieren: Wurden die Service-Intervalle eingehalten und das Rad regelmäßig fachlich gewartet? Wie viele Kilometer wurde das E-Bike gefahren?“ Wurden regelmäßig Services beim Fachhändler durchgeführt – hierüber gibt das Serviceheft Auskunft – kann man auch einen fitten Antrieb erwarten.
Über die Laufleistung eines E-Bikes gibt die Kilometerzahl auf dem Tacho Auskunft. Laut Winograd sind diese im Fall von Bosch-Antrieben „…. manipulationssicher und die Daten auf der Leiterplatte des Antriebs gespeichert.“ Wer dennoch Zweifel an den Angaben des Vorbesitzers hat, kann noch einen Check beim Fachhändler durchführen lassen. Ein Diagnosebericht informiert etwa über Gesamtkilometer, Betriebszeit und prozentuale Nutzung der Fahrmodi. Absolut sicher vor Manipulation kann man sich allerdings nicht sein, denn es gibt Tuning-Kits, die eine Verfälschung der Gesamtkilometerzahl ermöglichen. Mehr Schutz bieten E-Bikes mit einem Bosch-Antrieb ab Modelljahr 2020, der dank Anti-Tuning-Software Manipulationsversuche aufzeigt.
Die Akkus altern
Neben dem Antrieb können Fachhändler zudem den Zustand der Batterie prüfen. So lässt sich per Diagnostic Tool die Zahl vollständiger Ladezyklen auslesen. Über einen Kapazitäts-Tester lässt sich zudem die aktuelle Gesamtkapazität der Batterie bestimmen. Eine Überprüfung durch den Fachhändler kann ein Anhaltspunkt sein, nicht aber als Garantie dienen. Wie alle Lithium-Ionen-Akkus unterliegen auch die Antriebsbatterien von Pedelecs einem natürlichen Alterungsprozess und büßen mit der Zeit an Kapazität und damit praktisch das E-Bike an Reichweite ein. Eine harte Verschleißgrenze gibt es bei Lithium-Ionen-Akkus nicht. Laut Bosch sind diese auf rund 60.000 Kilometer Fahrleistung ausgelegt. Wichtigster Einflussfaktor für die Alterung ist die Anzahl der Ladezyklen. Doch auch falsche Lagerung oder übermäßige Erwärmung durch Sonneneinstrahlung können den Stromspeicher schneller altern lassen. Kaputt ist ein Akku selbst nach 1.000 Ladezyklen nicht, doch bietet er dann deutlich weniger Kapazität als ursprünglich. Möglicherweise kommt der Gebrauchtkäufer mit der Restkapazität im Alltag vorläufig gut zurecht.
Neuer Akku oder Zellentausch
Ist die Reichweite nicht mehr alltagstauglich, muss eine neue Batterie her. Gleiches gilt, wenn die Hülle des Akkus Spuren eines Sturzes oder gar Risse zeigt. Dann besteht möglicherweise sogar die Gefahr, dass Lithium-Ionen-Zellen in Brand geraten. Muss Ersatz her, kann der einige hundert Euro kosten. 500-Wh-Power-Packs von Bosch werden im Netz für rund 600 Euro angeboten. Mittlerweile bieten Firmen für deutlich weniger Geld einen Tausch der Zellen an. Außerdem kann man passende Ersatzakkus auch von anderen Herstellern für deutlich weniger Geld bestellen. Bosch rät allerdings von den Produkten der Drittanbieter ab, da Soft- und Hardware der Systeme exakt aufeinander abgestimmt seien. Außerdem befindet man sich mit Originalersatzteilen bei Gewährleistung und Garantie auf der sicheren Seite.
Wer ein Pedelec mit einem exotischen Antriebssystem kauft, könnte möglicherweise Probleme bei der Beschaffung von Ersatzteilen bekommen. Bei Bosch strebt man eine Verfügbarkeit von mindestens sechs Jahren an, nachdem Produkte zuletzt an Händler geliefert wurden. Mario Hommen/SP-X/Titelfoto: pd-f.de/Kay Tkatzik
Add a Comment