Super-Batterie

Hyundai Ioniq 6: Stromer für den Außendienst

Hyundai hat beim Design des Ioniq 6 wieder Mut bewiesen. Dieser wird mit niedrigem Verbrauch belohnt. Ein Fahrbericht.

Es gab viel zu schreiben in unserem Test-Tagebuch, das wir während der Testzeit zumeist führen, sowie viel zu diskutieren mit den Leserinnen und Lesern unserer Seiten auf dmt-puls.de oder bei Facebook und LinkedIn. Denn der Hyundai Ioniq 6 polarisierte nicht nur mit seinem außergewöhnlichen Design, sondern auch mit den digitalen Außenspiegeln sowie den vier Warntönen bei Überschreiten des Tempolimits.

Ioniq 6
Das Heck des Ioniq 6 ist mit gleich zwei Spoilern ausgestattet – wegen des cW-Wertes. Fotos: Mag

Beginnen wir unseren Abschlussbericht beim Design. Ja, es polarisiert, aber wir haben uns während der Testzeit mehr und mehr dafür erwärmt, denn es wirkt insgesamt harmonisch und zeitigt den enormen Vorteil eines sehr niedrigen cW-Wertes von 0,21 – und damit einen niedrigen Verbrauch. Doch dazu später mehr.

Die digitalen Außenspiegel

Punkt 2: Die viel kritisierten digitalen Außenspiegel sind nicht im Serienumfang enthalten, man kann sie für 1.300 Euro (brutto) dazu kaufen, kann sie also auch weglassen. Eine Option, die wir wählen würden, denn die Bildschirme befinden sich direkt neben den Positionen, wo analoge Spiegel sich normalerweise befinden – wozu also der Aufwand? Einziger Vorteil: Zwei Linien zeigen auf der Autobahn in den Monitoren den Abstand zum Nebenmann an, so dass man nicht mehr nur auf sein Augenmaß angewiesen ist.

Die Warntöne

Ioniq 6
Die digitalen Außenspiegel im Ioniq 6.

Punkt 3: Das Gebimmel. Wie schon im Tagebuch genauer beschrieben, ertönen beim Überschreiten der von der Schildererkennung übermittelten Höchstgeschwindigkeit stets vier Warntöne. Gerade innerorts nervt das ständige Getute, da man unweigerlich immer wieder ein wenig schneller fährt als 30 oder 50 km/h. Auch liefert die Schildererkennung nicht immer die korrekten Daten. Eliminieren lässt es sich nur, wenn man den intelligenten Geschwindigkeitsbegrenzer (ISA) ausschaltet, doch dann hat man keine Infos über die gültigen Geschwindigkeitsbegrenzungen mehr.

Die Vorgabe an den Hersteller, für eine Tempowarnung zu sorgen, lässt sich zurückführen auf eine Verordnung der EU, die dies seit Ende 2019 einfordert. Dort steht geschrieben: „Es muss möglich sein, dass der Fahrer über den Beschleunigungsregler oder über gezielte, angemessene und wirksame Rückmeldungen darauf aufmerksam gemacht wird, dass die geltende Geschwindigkeitsbeschränkung überschritten wird.“ Wenn Sie mehr wissen möchten: Wir haben uns in einem eigenen Artikel mit der Verordnung befasst.

Sehr schnell geladen

Wie dem auch sei, der Ioniq 6 imponiert – wie sein Bruder Ioniq 5 – mit seinem enormen Ladetempo. Wir starteten unseren Messdurchgang bei 9 Prozent SoC, woraufhin der Ladestrom flugs auf 220 kW hochschnellte (siehe Diagramm). Nach 10 Minuten hatten wir den Peak bei 236 kW erreicht, bevor es stufenweise nach unten ging. Beachtenswert ist die „Ladepause“ zwischen der 22. und 24. Minute mit nur 9 kW. Doch ist die nicht sehr relevant, da die 80 Prozent SoC bereits nach 19 Minuten erreicht waren. So sollte es sein; das Laden ist zweifelsohne die Schokoladenseite der Ioniq-Baureihe.

Das Laden lässt sich vom Fahrersitz aus gut verfolgen.

Und noch zwei Zahlen: Innerhalb von 30 Minuten kamen wir auf einen Ladestand von 91 Prozent SoC, und in 10 Minuten hatten wir Strom für 240 Kilometer getankt. Schön ist auch, dass man die Stromstärke während des Ladens auf dem zentralen Display verfolgen kann, und sogar das Lenkrad gibt über kleine blinkende LEDs den ungefähren Ladestand an.

Der Verbrauch: 17,9 kWh

Damit lassen sich Reiseetappen von bis zu 400 Kilometer bewältigen wie wir auf einer Tour von Frankfurt nach Köln und zurück erfahren konnten. Was freilich auch am niedrigen Verbrauch lag, den der Bordcomputer mit 17,3 kWh je 100 Kilometer auswies. Während der gesamten Testdauer kamen wir auf einen Verbrauch von 17,9 kWh inklusive Ladeverluste, worin auch viele Kurzstrecken und einige Landstraßenetappe einflossen. Das kann sich sehen lassen. Sie suchen für Ihren Fuhrpark noch einen Stromer für den Außendienst? Bitte sehr.

Hoher Fahrkomfort

Denn auch der Fahrkomfort beschränkt den Dauereinsatz mitnichten. Das Fahrgeräusch oder die Abrollgeräusche der Reifen sind im Innenraum so gut wie nicht zu hören, so dass man den Eindruck hat, man sitzt in einem Oberklasse-Auto. Die Lenkung ist direkt, das Fahrwerk bügelt viele Unebenheiten weg, ohne in Kurven zu weich zu werden. Das Leergewicht von rund zwei Tonnen macht sich kaum bemerkbar. Das ergibt einen überdurchschnittlichen Fahrkomfort.

Guter Sprachassistent

Innen geht es trotz der coupéartigen Form des Ioniq 6 geräumig zu, vor allem auf den Fondsitzen, wo man üppige Beinfreiheit genießt. Vorne empfangen flexibel einstellbare Sitze den/die Fahrer/in, die zudem mit Heiz- und Lüftungsfunktion ausgestattet sind. Fahrer mit 1,90 Meter Größe und mehr wünschen sich allerdings, dass der Sitz noch ein wenig weiter nach unten zu fahren wäre, denn oben wird es ein wenig eng. Verbessert hat Hyundai den Sprachassistenten: Im Ioniq 6 kann er auch andere Befehle umsetzen als nur die Adresserfassung. So kann man auch die Sitzheizung/-lüftung oder die Medien (Radio/Media) über ihn ansteuern. Die Ansagen versteht er zuverlässig.

Die Beladbarkeit

Ioniq 6
Der Laderaum fasst 401 Liter.

Ein Nachteil der coupéartigen Bauart ist der beschränkte Zugang zum Laderaum. So fällt die Laderaumöffnung nicht sehr groß aus; dahinter bietet sich ein Kofferraum von 401 Litern; darunter gibt es noch ein Fach für Kleinkram. Die Rücksitzlehnen lassen sich ausschließlich vom Kofferraum aus umklappen. Dafür genießt man auf den (beheizbaren) Rücksitzen viel Beinfreiheit, und trotz der Coupéform stoßen auch Erwachsene nicht an den Dachhimmel; größer als 1,90 Meter sollten sie allerdings nicht sein. Unter der Vorderhaube gibt es einen Frunk mit einer Größe von 45 Liter. An den Haken nehmen darf der Ioniq 6 750 kg (ungebremst) und 1.500 kg (gebremst). Die Stützlast beträgt 100 kg.

Der Preis: ab 43.900 Euro

Werfen wir noch einen Blick auf Preis und Kosten. Unser top ausgestatteter Testwagen kostet inklusive des Uniq-Paketes sowie dem Park- und dem Sitzpaket exakt 63.650 Euro brutto, wovon man die 1.300 Euro für die digitalen Außenspiegel sowie die E-Auto-Förderung abziehen kann. Wer es nicht ganz so luxuriös haben möchte: Der Ioniq 6 (Basispreis: 43.900 Euro) mit großem Akku (5.000 Euro) und Dynamiq-Paket (5.100) liegt bei 54.000 Euro. Und damit bekommt man eine Menge E-Auto. Die Gesamtkosten beziffert der ADAC für den von uns getesteten Ioniq 6 mit 927 Euro monatlich oder 74,2 Cent je Kilometer bei einer Fahrleistung von 15.000 km/Jahr über 5 Jahre.

Ioniq 6
Zwei große Displays dominieren den Innenraum.

Fazit: Wer einen Stromer für häufige Autobahnetappen sucht, ist mit dem Ioniq 6 bestens bedient. Er ist sparsam, lädt schnell und besitzt einen guten Fahrkomfort. Bauartbedingt lässt der Kofferraum und dessen Beladbarkeit zu wünschen übrig. Aber bitte, Hyundai, stellt das Gebimmel ab. Titelfoto: Hyundai

Lesen Sie auch das Test-Tagebuch zum Hyundai Ioniq 6.

Hyundai Ioniq 6 (77,4 kWh/2WD) – Technische Daten:

Viertürige Limousine mit fünf Sitzen, Länge: 4,855 Meter, Breite: 1,880 Meter (mit Außenspiegeln: k.A.), Höhe: 1,495 Meter, Radstand: 2,950 Meter, Kofferraumvolumen: 401 Liter, Frunk: 45 Liter.

Permanenterregter Synchronmotor hinten, 168 kW/229 PS, maximales Drehmoment: 350 Nm, Batteriekapazität: 77,4 kW/h netto, dreiphasiger Lader mit max. 240 kW (DC) und 11 kW (AC), Reichweite 545 km (WLTP/20-Zoll-Felgen), Allradantrieb, 1-Gang-Getriebe, 0-100 km/h: 7,4 s, Vmax: 185 km/h, Normverbrauch nach WLTP: 16,0 kWh/100 Kilometer, CO2-Ausstoß: 0 g/km, Effizienzklasse: A+++, Testverbrauch: 17,9 kWh (mit Ladeverlusten).

Anhängelast: 750/1.500 (ungebr./gebremst), Stützlast 100 kg, Zuladung: 425 kg, Dachlast 80 kg.

Preis: 43.900 Euro (Basis), Testwagenpreis: 63.650 Euro.

Tolle Ladeleistung

Niedriger Verbrauch

Viel Platz im Innenraum

Guter Sprachassistent

Schöner Fahrkomfort

Großer Frunk

Enger Kofferraumzugang

Nervige Klingeltöne

Begrenzte Kopffreiheit

 

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