Das Thema Wasserstoff/Brennstoffzelle ist in aller Munde, wenn es um das Thema Energiewende geht. Wird eine (noch stark auszubauende) Wasserstoffwirtschaft entscheidend sein, wenn es darum geht, die Emissionen einzudämmen? Und welche Rolle spielt der Verkehrssektor?
Nicht nur in Europa, sondern weltweit gibt es zurzeit einen nie gekannten Wasserstoff-Hype, denn das Gas gilt als der wichtigste Energielieferant einer sauberen Zukunft. Neben Deutschland hat sich vor allem Japan den Wandel von der Erdöl- zur Wasserstoffwirtschaft vorgenommen, will als erstes Land der Welt eine kommerzielle Lieferkette für Wasserstoff in Betrieb nehmen. Toyotas Mirai fährt dabei als Flaggschiff voran; und auch die Olympischen Spiele im Sommer sollen, so sie denn stattfinden, mit zahlreichen Brennstoffzellen-Mobilen im Shuttle-Dienst einen Ausblick auf die emissionsfreie Mobilität von morgen geben.
Zunächst wird das Gas für Japan allerdings wenig klimafreundlich mit australischem Braunkohlestrom gewonnen. Doch langfristig soll der Wasserstoff emissionsfrei aus Wind- oder Sonnenkraft produziert werden und die Klimabilanz des Landes optimieren.
Strom für Wasserstoff aus regenerativen Quellen
Auch hierzulande wird das Gas noch häufig aus fossilen Quellen hergestellt. Künftig soll Strom aus Windrädern oder Solarzellen genutzt werden. Darin liegt auch der große Vorteil der flüchtigen Substanz: Es kann überschüssigen Strom für einen spätere Nutzung speichern und transportierbar machen. Gebraucht wird es unter anderem für zahlreiche Industrieprozesse, aber auch für die Energieerzeugung. Sei es zum Befüllen des Stromnetzes oder direkt für den Betrieb von Elektro-Motoren, etwa im Auto.
Im Auto? Es gibt viele Faktoren, die gegen eine breite Anwendung im Auto sprechen. Da ist zum einen die Autoindustrie zu nennen, die diesen Ansatz nur teilweise verfolgt. So bringt Toyota im März die zweite Generation seines Brennstoffzellenautos Mirai nach Deutschland. 300 Einheiten pro Jahr sollen an Kunden gehen, vor allem Dienstwagenfahrer mit ökologischem Gewissen haben die Japaner im Visier. Vom Vorgänger schaffte es seit 2015 gerade einmal eine niedrige dreistellige Zahl auf deutsche Straßen. Neben dem Mirai gibt es noch den Hyundai Nexo. Doch dann ist Schluss.
Von der Brennstoffzelle verabschiedet
Fast alle anderen, unter ihnen die deutschen, Hersteller haben sich von dem Konzept Brennstoffzelle im Auto verabschiedet. Zu den wenigen Ausnahmen zählt Jaguar Land Rover, die zumindest bald mit ersten Prototypen-Tests starten wollen, als Zielmärkte aber vor allem Länder mit schwacher Elektrizitäts-Infrastruktur sehen.
Ein Grund dafür ist der zögerliche Ausbau des Tankstellennetzes. Knapp 90 gibt es aktuell in Deutschland, in ganz Europa sind es keine 140, die meisten davon in Ballungsräumen. Im Gegensatz hierzu wächst das Netz der Strom-Ladepunkte explosionsartig. Viele Stimmen weisen zudem darauf hin, dass Wasserstoff als Energieträger in anderen Bereichen sinnvoller eingesetzt werden kann: in der Industrie, der Bahn und auch im Lkw. Der Pkw wäre nur der letzte Baustein einer Wasserstoffwelt.
Autobauer investieren in E-Mobilität
Entscheidend aber ist, dass alle Fahrzeughersteller seit geraumer Zeit massiv in die Elektromobilität per Strom investieren, und in den vergangenen Wochen haben neben GM auch Jaguar Land Rover und Ford die Abkehr vom Verbrenner bekannt gegeben – und den Wandel hin zum Elektroauto. Sogar Daimler peilt den Ausstieg aus der Verbrennungsmotor-Produktion für das Jahr 2039 an. Neue Hersteller – vor allem aus China – treten erst gar nicht mit Verbrennermodellen an, sondern spekulieren auf die neue Marktnische E-Auto, in der die Platzhirsche derzeit eine Lücke lassen.
Und nicht zu vergessen: Das direkte Vertanken von Öko-Strom ist um einiges effizienter als das vorherige Umwandeln in Wasserstoff, der anschließende Transport zur Tankstelle und das letztendliche Zurückwandeln in elektrische Energie. Aus einer Kilowattstunde Energie lässt sich im Batterie-Auto eine Reichweite 6,44 Kilometern generieren. Beim Brennstoffzellenauto ist es nur gut die Hälfte (3,35 Kilometer). Der Rest sind Wirkungsgradverluste.
Das Rennen ist entschieden
Das Technologie-Rennen um die Zukunft des Pkw ist also bereits entschieden, obwohl viele davon nichts wissen wollen und den Wasserstoff stark reden. Der Begriff Technologieoffenheit besitzt also keine Basis mehr. Man sollte sich von ihm verabschieden und die Ressourcen für die Weiterentwicklung der Elektromobilität auf Strombasis bündeln. Um so schneller gelingt der Umstieg. HM/SP-X/Titelfoto: Adobe Stock
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