Klasse statt Masse: Jaguar setzt künftig voll auf den Elektroantrieb und auf höherpreisige Modelle. Ein Ausblick.
Die britische Traditionsmarke Jaguar konnte auf dem diesjährigen Festival of Speed in Goodwood nicht mit neuen Autos aufwarten, sieht man einmal von einigen Sondermodellen ab. Grund dafür ist der Umbruch, in dem sich die Marke befindet. Am Rande des Festivals erläuterte Jaguar-Chef Rawdon Glover einige Details dieser radikalen Neuausrichtung.
Im Kern geht es um den Wandel zur Elektromarke. Damit einher geht der Abschied vom Verbrennungsmotor, der für die englische Marke in der Vergangenheit eine enorm wichtige und identitätsstiftende Rolle gespielt hat. Mit jeder Baureihe, die ausläuft, verabschiedet sich Jaguar ein Stück mehr von den lauten Muskelspielen der Vergangenheit. Auf ein konkretes Jahr für das Ende des Verbrennungsmotors will sich Glover indes nicht festlegen.
Den Anfang vom Ende läutete das Sportmodell F-Type ein, das bereits aus der Produktion genommen wurde. XE, XF, E-Pace (Titelfoto) und sogar der elektrische I-Pace sollen bald folgen. Der letzte Jaguar mit Verbrennungsmotor wird der F-Pace sein. Wann Jaguar das letzte Auto mit Verbrennungsmotor bauen wird, dürfte vor allem vom Kundeninteresse abhängen. Der Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor bedeutet auch den Ausstieg aus dem Hybridantrieb.
Jaguar: Das erste neue Modell kommt 2025
Die künftigen Jaguar-Modelle basieren auf einer Plattform, der Jaguar Electric Architecture (JEA), auf der in den nächsten Jahren mehrere Modellreihen folgen werden. Den Anfang macht ein sportlicher GT mit vier Türen. Das Design will Jaguar noch in diesem Jahr vorstellen. Im Frühjahr 2025 folgt dann die Präsentation des neuen Jaguar-Modells, das Ende 2025 oder Anfang 2026 auf den Markt kommen soll. Glover nennt beeindruckende Eckdaten. Demnach wird das Fahrzeug über 1.000 PS und eine Reichweite von mehr als 700 Kilometern verfügen. Am DC-Lader soll zudem ein Auftanken auf 80 Prozent in weniger als 15 Minuten möglich sein. Damit, so Glover, sei Jaguar konkurrenzfähig zum Marktführer Tesla. Allerdings will sich Jaguar preislich in gehobenen Sphären deutlich jenseits der 100.000-Euro-Marke positionieren.
Die Kunden sollen den kommenden E-Jaguar aber nicht kaufen, weil es ein E-Auto ist. Künftige Elektromodelle sollen den Kunden jenseits der Rationalität vor allem emotional ansprechen. Und sie werden aerodynamisch sein, aber nicht wie aerodynamisch optimierte Autos aussehen. Vielmehr verwendet Glover Adjektive wie „bold“ und „exuberant“, um den Eindruck zu beschreiben, den der erste Jaguar im Vergleich zur Konkurrenz hinterlassen soll. Während „bold“ mit „mutig“, „kühn“ oder „verwegen“ übersetzt werden kann, bedeutet „exuberant“ „übermütig“ oder „überschwänglich“.
Absage an das Retro-Design
Dem einstigen Retro-Design, das die neuen Jaguar-Modelle der 90er und Nullerjahre prägte, erteilt der Jaguar-Chef hingegen eine klare Absage. Glover spricht vielmehr von einer „Kopie von nichts“. Dennoch will man an eine Tradition der Marke anknüpfen, denn die kommenden Modelle, die eine klare Designsprache eint und die sich dennoch deutlich voneinander unterscheiden werden, sollen sich wie frühere Jaguare durch Alleinstellungsmerkmale auszeichnen. Als Beispiele aus der Markengeschichte nennt Glover etwa das aerodynamische Design des 50er-Jahre-Rennwagens D-Type oder die eigenwilligen C-Säulen des XJS.
Für Glover ist klar, dass Jaguar seinen Erfolg in der Nische finden muss. Das große und traditionsreiche Erbe der Marke könnte dabei helfen. Mit Volumenmodellen gegen die vielen neuen Elektroautos aus China mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis ankommen zu wollen, sei ein Spiel, das die Jaguar-Land-Rover-Gruppe nicht gewinnen könne, so Glover. Die neue Strategie bedeutet daher auch eine Abkehr vom Volumengeschäft der vergangenen zweieinhalb Jahrzehnte.
So soll es bei den kommenden Elektromodellen um Klasse statt Masse gehen. Zudem wollen die Briten ihre kommenden Stromer nur noch in 25 Märkten verkaufen. Dazu gehören China, die USA und Deutschland. Entwickelt und produziert wird in den englischen Midlands. In seinen Märkten will Jaguar weiterhin auf klassische Händler setzen, allerdings wird das bestehende Händlernetz schrumpfen. SP-X
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