EV6GT

Kia EV6 GT: Der Sportliche

Mit der GT-Version bringt Kia nun das Spitzenmodell des EV6 auf den Markt. Leider ist er schon ausverkauft. Eine erste Testfahrt.

Aufgrund der hohen Nachfrage hat Kia die Bestellbücher vor einigen Wochen geschlossen, wird diese vermutlich erst im vierten Quartal wieder öffnen. Wie schnell dann geliefert werden kann, ist unklar. Fest dürfte jedoch stehen, dass der anfänglich ausgerufene Preis von 65.990 Euro angehoben wird. Wie hoch die Steigerung ausfällt, dazu macht Kia noch keine Angaben.

Über die Steigerung von Leistung und Fahrspaß des GT im Vergleich zum bisher bekannten EV6 ist eine Menge zu sagen. Denn wir hatten schon jetzt die Möglichkeit, die auf Sportlichkeit getrimmte Variante des Elektroautos ausgiebig zu fahren.

EV6GT
Koreanischer Sportler, leider ausverkauft: Kia EV6 GT. Fotos: Kia

430 kW über vier Räder

Zunächst ein Blick auf die technischen Details. Angetrieben wird der EV6 GT von zwei Permanentmagnet-Synchronmotoren. Der vordere leistet 160 kW (218 PS). Die mit einer externen Wasserkühlung versehene hintere Maschine ist mit 270 kW (367 PS) um 63 Prozent stärker als beim bekannten EV6. Unterm Strich hat der EV6 GT eine Gesamtleistung von 430 kW (585 PS) und ein maximales Gesamtdrehmoment von 740 Newtonmetern.

Der Standardsprint auf Tempo 100 gelingt laut Datenblatt in 3,5 Sekunden, in der Spitze sind 260 Kilometer pro Stunde möglich. Alles in allem liegt der EV6 GT in der Gesamtleistung um 80 Prozent über dem EV6 AWD (239 kW/325 PS, 605 Nm), der in 5,2 Sekunden auf Tempo 100 sprintet und in der Spitze 185 Kilometer pro Stunde erreicht. Die Lithium-Ionen-Polymer-Batterie des GT hat eine Nennkapazität von 77,4 kWh. Das reicht laut Kia für eine Reichweite von etwas mehr als 420 Kilometer.

420 Kilometer Reichweite

EV6GT
Angetrieben wird der EV6 GT von zwei Permanentmagnet-Synchronmotoren.

Soweit die Daten. Die Fahrten auf Landstraße, Autobahn sowie auf einer abgesperrten Teststrecke aber zeigen, dass der GT selbst die aufgrund der Papierform schon hochgesteckten Erwartungen übertrifft. Und das deutlich. Kraft, Agilität, Dynamik und Handling sind schlichtweg bestens. Das hohe Maß an Performance stellt das neue Spitzenmodell in so ziemlich allen Disziplinen – wie Antritt aus dem Stand, Beschleunigung oder extrem schnellen Kurvenfahrten – unter Beweis.

Verbrauch um die 21 kWh

Im öffentlichen Straßenverkehr kehrt der Kia EV6 GT indessen zunächst einmal in erster Linie seine komfortable Seite nach außen. Ramponierte Fahrbahnabschnitte passiert der elektrisch angetriebene Gran Turismo souverän. Schläge oder Stöße kommen so gut wie gar nicht im Passagierabteil an. Doch wenn es sein soll, mutiert der GT zum muskulösen Sportler. Schnelle Überholmanöver sind ebenso kein Problem wie die wirklich flotte Fahrt auf kurvenreichen Landstraßen. Im Tempobereich zwischen 70 und 100 pendelt sich der Verbrauch trotz einiger Zwischensprints bei 21,6 kWh ein. Den WLTP-Wert gibt Kia mit 20,6 kWh an. Zeigt die Tachonadel konstant 130 Kilometer pro Stunde an, klettert der Verbrauch auf 22,5 kWh.

800-Volt-Technologie

Aufgrund der 800-Volt-Ladetechnologie kann die Lithium-Ionen-Polymer-Batterie laut Kia in etwa 18 Minuten an einer entsprechend leistungsfähigen Station von zehn auf 80 Prozent aufgeladen werden. Zudem tragen die guten Rekuperationswerte dazu bei, dass die Reichweite nicht allzu schnell abnimmt. So liegt die maximale Rekuperationsleistung bereits bei 150 kW. In Kombination mit dem aktiven Bremssystem des GT – innenbelüftete Bremsscheiben mit einem Durchmesser vorn von 380 und hinten von 360 Millimetern sowie neue Vierkolben-Hochleistungsbremssättel vorn – sind Spitzenwerte von mehr als 300 kW möglich. Für die Energierückgewinnung können sechs Einstellungen (abgeschaltet/Level 1, 2, 3/i-Pedal/Auto-Modus) über die Schaltpedals am Lenkrad gewählt werden. Die maximale Energieausbeute wird im i-Pedal-Modus erzielt, mit dem sich das Fahrzeug zum Stillstand bringen lässt, ohne das Bremspedal zu betätigen.

Wenn er losgelassen….

Unser Autor konnte schon einige (schnelle) Runden mit dem GT drehen.

Wirklich beeindruckend sind die Leistungen des Kia EV6 GT auf dem abgesperrten Terrain. Der immerhin 2,2 Tonnen schwere Wagen lässt sich hier mit Leichtigkeit bei hohem Tempo auf dem Rundkurs mit vielen engen Kurven bewegen. Sogar bewusst provozierte Fahrfehler werden gutmütig verziehen. Das liegt natürlich vor allem an den im Vergleich zum EV6 umfassenden Veränderungen an den Fahrwerkskomponenten und den elektronischen Steuerungssystemen. Die Radaufhängung des GT beinhaltet neue Federn, die die Karosseriebewegungen reduzieren und die Agilität steigern. Sie sind im Vergleich zum EV6 vorn um neun Prozent weicher und hinten um elf Prozent straffer. Der hintere Stabilisator ist um 15 Prozent steifer als beim EV6.

Eine elektronische Dämpferkontrolle sowie ein elektronisches Sperrdifferenzial unterstreichen die sportlichen Ambitionen des GT. Das Sperrdifferential leitet bei Kurvenfahrten das Drehmoment automatisch an die Räder mit dem stärksten Grip und sorgt so dafür, dass keine Leistung verloren geht und größtmögliche Stabilität und Traktion sichergestellt ist. Das alles trägt dazu bei, dass die Wankneigung in Kurven mit hoher Geschwindigkeit auf ein Minimum reduziert wird. Der Gran Turismo bleibt auch beim harten Anbremsen gut beherrschbar.

Das ESP lässt sich ausschalten

Mithilfe der Fahrmodus-Wahl lässt sich der dynamische Charakter des EV6 GT individuell zwischen Eco, Normal und Sport verändern. Dazu kommt dann noch der spezielle GT-Modus, der über eine neonfarbene Taste rechts unten auf dem Zweispeichen-Lenkrad aktiviert wird. Dieser wählt für Elektromotoren, Bremsen, Lenkung, Dämpfer, Sperrdifferenzial und das elektronische Stabilitätsprogramm (ESC) automatisch die jeweils dynamischste Einstellung (Sport oder Sport+). Das ESP lässt im GT-Modus auch mehr Radschlupf zu. Soll es noch sportlicher sein, lässt sich das ESP vollständig deaktivieren.

Entfesselt die volle Power: die GT-Taste.

Für den Spaß auf abgesperrter Strecke hat Kia dem GT einen Drift-Modus spendiert. Dabei wird die Antriebskraft mit bis zu 100 Prozent an die Hinterräder geleitet, was uneingeschränkte Seitwärtsbewegungen und damit das Kreiseln ermöglicht. Der Drift-Modus ist allerdings aus Sicherheitsgründen nur mit mehreren Schritten im Stand zu aktivieren. Wer den Kia EV6 GT dauerhaft im Performance-Bereich bewegt, der muss mit einem Verbrauch von weit mehr als 30 oder auch schon mal mehr als 40 kWh auf 100 Kilometer rechnen.

V2L-Funktion integriert

Wie schon der EV6 kann auch der GT als Stromquelle genutzt werden. Die integrierte Ladekontrolleinheit (Integrated Charging Control Unit, ICCU) beinhaltet eine Vehicle-to-Load-Funktion (V2L), die es ermöglicht, Strom mit einer Leistung von bis zu 3,6 kW aus der Fahrzeugbatterie zu entnehmen. Dazu wird der Ladeanschluss des Fahrzeugs durch einen einfachen Adapter in eine Steckdose verwandelt, an die sich zum Beispiel Haushaltsgeräte oder E-Bikes anschließen lassen und über die sogar andere Elektrofahrzeuge aufgeladen werden können.

Optisch wird die Performance-Ausrichtung des Kia EV6 GT mit den 21 Zoll großen Leichtmetallfelgen, den neonfarbenen Bremssätteln sowie dem flügelartigen Dachspoiler betont. Das Heck wird dominiert von einem speziell gestalteten GT-Stoßfänger inklusive Diffusor. Beim Blick auf die Abmessungen und die Optik des Kia EV6 GT zeigen sich nur minimale Unterschiede zum weniger sportlich ausgerichteten Baureihen-Bruder: 4,70 Meter lang, 1,89 Meter breit (ohne Außenspiegel) und 1,55 Meter hoch ist die Gran Turismo Version des elektrisch angetriebenen Kia. Der Radstand misst 2,90 Meter, die Bodenfreiheit 15,5 Zentimeter.

Ein Leichtgewicht ist er nicht

Ein großes Display dominiert auch im GT.

Etwas anders sieht es schon beim Gewicht aus. Das Leergewicht beträgt samt 75 Kilogramm schwerem Fahrer 2.260 Kilogramm. Das sind immerhin 70 Kilogramm mehr als beim EV6 mit der großen Batterie. Dafür steigt das zulässige Gesamtgewicht im Vergleich um 80 auf 2.610 Kilogramm. Kleine Unterschiede gibt es zudem beim Volumen des Ladeabteils, das mit 480 beziehungsweise 1.260 Litern um zehn oder 40 Liter geringer ausfällt. Der Frunk unter der vorderen Haube fasst wie gehabt 20 Liter. Und es gibt für den GT ebenfalls eine Anhängerkupplung, mit der hier 1,8 statt sonst 1,6 Tonnen gezogen werden können. Serienmäßig rollt der allradgetriebene Kia EV6 GT auf 21-Zoll-Rädern. Für entsprechende Verzögerung sorgen innenbelüftete Scheibenbremsen, vorne 380 x 34, hinten 360 x 20 Millimeter.

Viel Platz im Innenraum

Im Innenraum des GT gibt es wie schon im bekannten Kia EV6 Platz satt. Vorne nehmen Fahrer und Beifahrer auf schwarzen Schalensitze mit veganen Bezügen in Wildlederoptik Platz. Die Seitenwangen geben bei sportlicher Fahrweise einen extrem guten Seitenhalt, sind zudem so geformt, dass sie nicht nur für extrem schlanke Personen bequem sind. Die Polsterung ist bestens, so dass auch die längere Strecke zu genießen ist. Metallapplikationen mit „GT“-Schriftzug und neonfarbene Akzente unterstreichen das dynamische Erscheinungsbild. Ein Streifenmotiv ziert das Armaturenbrett und die Mittelarmlehne vorn, die Ambientebeleuchtung in den Türverkleidungen, der Mittelkonsole und dem Armaturenbrett schafft bei Dunkelheit eine angenehme Atmosphäre. Zwei nahtlos miteinander verbundene, gewölbte und 12,3 Zoll große Bildschirme für das digitale Kombiinstrument und den Touchscreen des Navigationssystems liefern alle Fahr-, Konnektivitäts- und Unterhaltungsinformationen. Das alles trägt dazu bei, dass dieser Kia EV6 den Zusatz GT absolut verdient hat.

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