Kia bringt bald die Power-Variante des EV6, den GT. Dieser kann sich sogar mit der deutschen Sportwagen-Spitze messen – erste Fahreindrücke.
Rund ein halbes Jahr nach der Premiere des rein elektrischen EV6 öffnet Kia die Bestellbücher für die Sportversion EV6 GT. Schon allein ein Blick auf die Daten lässt ein hohes Maß an Sportlichkeit mehr als nur erahnen. Der GT wird von zwei Permanentmagnet-Synchronmotoren angetrieben. Der vordere leistet 160 kW (218 PS), der hintere 270 kW (367 PS). Das ergibt eine Gesamtleistung von 430 kW (585 PS) und ein maximales Gesamtdrehmoment von 740 Newtonmetern. Der Standardsprint auf Tempo 100 gelingt in 3,5 Sekunden, in der Spitze sind 260 Kilometer pro Stunde möglich. Die Lithium-Ionen-Polymer-Batterie hat eine Nennkapazität von 77,4 kWh. Das reicht laut Kia für eine Reichweite von 424 Kilometern.
Der Schlag ins Genick
Soweit der Blick auf die Theorie. Und die Praxis?! Auch wenn wir die erste Testfahrt lediglich auf dem Beifahrersitz absolviert haben – der Kia EV6 GT bestätigt die Papierform in jedem Punkt. Das gilt für die Agilität ebenso wie für die Dynamik. Ob beim Antritt aus dem Stand, beim Beschleunigen aus welchem Tempo auch immer, bei der Fahrt im Höchsttempo oder bei extrem schnellen Kurvenfahrten – das Auto überzeugt mit einer unglaublichen Performance. Der kraftvolle Vortrieb ist auch dann zu spüren, wenn auf einem freien Autobahnstück bei Tempo 80, 120 oder auch 160 die volle Leistung abgerufen wird. Testfahrer Alexander Kroker demonstriert das mehrfach nacheinander, ohne dass der Kia die kleinste Schwäche zeigt. Vor jedem neuen Sprint macht Alex darauf aufmerksam, dass er den rechten Fuß vehement einsetzt, damit der unweigerliche erfolgende Schlag ins Genick nicht unvorbereitet kommt. Selbst die Höchstgeschwindigkeit von Tempo 260 wird extrem schnell erreicht.
Entsprechender Verbrauch
Wer derart sportlich unterwegs ist, darf sich freilich nicht über einen immens hohen Verbrauch wundern. So schnellt die Verbrauchsanzeige bei dieser Fahrweise bis auf 49 kWh hoch. Auf der anderen Seite gibt Kia den Verbrauch nach dem WLTP-Zyklus mit 20,6 kWh an. Den zu erreichen, dürfte nur mit einem sehr zurückhaltend eingesetzten rechten Fuß machbar sein. Auf den ersten Teilstücken der Fahrt, also vor den extremen Beschleunigungspassagen, zeigte der Bordcomputer Werte zwischen 23 und 24 kWh an.
Gut vorbereitet: das Fahrwerk
Das hohe Maß an Sportlichkeit demonstriert der EV6 GT auch in Sachen Fahrwerksabstimmung. Hier haben die Techniker ausgezeichnete Arbeit abgeliefert. Der Kia bleibt selbst bei hohem Tempo in Kurven problemlos in der Spur, reagiert auf jeden Lenkbefehl sehr direkt. Wankbewegungen? Fehlanzeige! Das gilt vor allem dann, wenn der GT-Modus über einen separaten Knopf am Lenkrad aktiviert ist. Die E-Motoren, das Bremssystem, die Lenkung, das Fahrwerk, das Sperrdifferenzial und das Stabilitätsprogramm werden dann im Hinblick auf eine maximale Fahrdynamik scharf gestellt. Auch auf dem Beifahrersitz ist deutlich zu spüren, wie der EV6 GT fast schlagartig seine Muskeln spannt. Für zusätzliches Übersteuerungspotenzial kann sogar das Stabilitätsprogramm deaktiviert werden, um mit einem speziellen Drift-Modus einen größeren Teil der Antriebskraft an die Hinterräder zu leiten. Auf der anderen Seite lässt sich der Kia ganz brav und mit höchstem Komfort über die Straßen bewegen. Dafür stehen die Fahrmodi Eco, Normal und Sport zur Verfügung.
800-Volt-Ladetechnologie
Ob schnell oder eher gelassen unterwegs – wenn’s ums Laden geht, ist relative Entspannung angesagt. Die Lithium-Ionen-Polymer-Batterie kann laut Kia in etwa 18 Minuten an einer entsprechend leistungsfähigen Station von zehn auf 80 Prozent aufgeladen werden. Grund dafür ist die 800-Volt-Ladetechnologie, die hier wie im „normalen“ EV6 eingesetzt wird.
Wie der kann auch der Kia EV6 GT als Stromquelle genutzt werden. Die integrierte Ladekontrolleinheit (Integrated Charging Control Unit, ICCU) beinhaltet eine Vehicle-to-Load-Funktion (V2L), die es ermöglicht, Strom mit einer Leistung von bis zu 3,6 kW aus der Fahrzeugbatterie zu entnehmen. Dazu wird der Ladeanschluss des Fahrzeugs durch einen einfachen Adapter in eine Steckdose verwandelt, an die sich zum Beispiel Haushaltsgeräte oder E-Bikes anschließen lassen.
Speziell: das Design
Nun noch ein Blick auf die Optik des 4,70 Meter langen, 1,89 Meter breiten (ohne Außenspiegel) und 1,55 Meter hohen Kia EV6 GT. Im Gesicht strahlen adaptive Dual-LED-Scheinwerfer und Blinker mit einem sequenziellen Lichtmuster. Die strukturierte Motorhaube zieht sich wie eine Muschelschale seitlich bis über die muskulös ausgestellten Radhäuser. Der neu gezeichnete Frontstoßfänger unterstreicht die Breite der GT-Version. In der Seitenansicht nehmen die abfallenden C-Säulen die dynamische Dachlinie auf. 21 Zoll große Leichtmetallfelgen, neonfarbene Bremssättel sowie ein flügelartiger Dachspoiler betonen die Performance-Ausrichtung des Modells. Am Heck stehen dafür der GT-Stoßfänger inklusive markantem Diffusor sowie LED-Rücklichter.
Viel Platz im Innenraum
Im Innenraum des GT gibt es wie schon im bekannten EV6 Platz satt. Grund dafür ist unter anderem der Radstand von 2,90 Metern. Vorne nehmen Fahrer und Beifahrer auf gut gepolsterten schwarzen Schalensitzen mit veganen Bezügen in Wildlederoptik Platz. Die Seitenwangen geben bei sportlicher Fahrweise einen guten Seitenhalt. Zwei nahtlos miteinander verbundene, gewölbte12,3 Zoll große Bildschirme für das das digitale Kombiinstrument und den Touchscreen des Navigationssystems liefern alle Fahr-, Konnektivitäts- und Unterhaltungsinformationen.
1,6 Tonnen Anhängelast
Eine Vielzahl von Ablagen und ein 480 Liter fassender Gepäckraum, der auf bis zu 1.260 Liter bei umgeklappten hinteren Lehnen erweitert werden kann, stehen für eine hohe Alltagstauglichkeit des EV6 GT. Werden die Sitze der zweiten Reihe umgeklappt, wächst das Volumen des Ladeabteils auf bis zu 1.260 Liter. Vorn unter der Haube befindet sich mit dem Frunk ein 20 Liter fassender Stauraum. Sogar eine Anhängerkupplung ist im Angebot: 1,6 Tonnen können dann an den Haken genommen werden.
Bestellt werden kann der Kia EV6 GT im zweiten Halbjahr. Die Auslieferung soll Ende des Jahres starten. Zu den Preisen gibt es noch keine offiziellen Angaben, doch knapp 70.000 Euro müssen wohl für das Performance-Modell investiert werden. Der Audi e-tron GT und Porsche Taycan 4S, die ähnliche Leistungswerte aufweisen und daher durchaus vergleichbar sind, liegen jenseits der Marke von 100.000 Euro.
Kia EV GT – Technische Daten:
Fünfsitziges SUV der Mittelklasse; Länge: 4,70 Meter, Breite: 1,89 Meter (ohne Außenspiegel), Höhe: 1,55 Meter, Radstand: 2,90 Meter, Kofferraumvolumen: 480 – 1.260 Liter.
Zwei Elektromotoren mit 160 kW/218 PS (vorn) + 270 kW/367 PS (hinten), Gesamtleistung: 430 kW/585 PS, maximales Drehmoment: 740 Nm, Batterie mit 77,4 kWh, Ein-Stufen-Automatik, Allradantrieb, 0 – 100 km/h: 3,5 s, Vmax: 260 km/h. Normverbrauch (WLTP) 20,6 kWh/100 km. CO2-Ausstoß: 0 g/km. Reichweite: 424 km bzw. 546 km (Citymodus), Effizienzklasse: A+++, Preis: ab ca. 66.000 Euro.
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