Fahren

Laden beim Fahren: Energie aus dem Asphalt

Ein Konsortium um Stellantis forscht an der induktiven Stromversorgung beim Fahren. Doch es ist noch ein langer Weg.

Rund 1,1 Kilometer lang ist die Teststrecke namens „Arena des Futuro“ auf einer ehemaligen Autobahnmeisterei der Autobahn A35 zwischen Mailand und Brescia. Zwei Fahrzeuge, ein Fiat 500e und ein Elektro-Bus, ziehen hier ihre Runden. Reichweite ist kein Thema: Theoretisch könnten die beiden Stromer tagelang ohne Pause weiterfahren. Denn die Energie kommt nicht wie üblich aus dem Akku, sondern aus dem Asphalt. Dank spezieller Leiterschleifen in zehn bis zwölf Zentimetern Tiefe und Stromabnehmern am Unterboden der Testfahrzeuge „tanken“ diese während des Fahrens. Dabei nimmt sich der 500e rund 25 kW aus dem Asphalt, der Heuliez-Strombus bedient sich mit bis zu 90 kW.

Seit Jahren wird geforscht

An der Dynamic Wireless Power Transfer-Technologie (DWPT) wird seit Jahren weltweit geforscht. Zum Teil auf speziellen Teststrecken wie in Italien, zum Teil auf öffentlichen Straßen. So sollen ein Autobahnabschnitt in Bayern und eine einen Kilometer lange Busspur im baden-württembergischen Balingen induktiv werden. Dass das System funktioniert, was der dafür nötige Ausbau der Infrastruktur kostet und wie hoch der Wirkungsgrad der unter Hochspannung stehenden Straßen ist, haben die Stellantis-Partner um den Autobahnbetreiber A35 Brebemi in den letzten Monaten akribisch dokumentiert.

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Fast wie bei der Carrera-Bahn: Die Stromabnehmer sitzen am Unterboden der Testfahrzeuge. Foto: Dino Eisele/Stellantis

Der Akku kann kleiner werden

DWPT ermöglicht problemlos Dauergeschwindigkeiten um die 120 bis 130 km/h, ohne dass Strom aus dem Akku der E-Fahrzeuge zugeliefert werden muss. Das hat gravierende Auswirkungen auf den angepeilten späteren Real-Einsatz. Denn der Akku, der aktuell noch zwischen 40 und 50 Prozent des Gesamtfahrzeugpreises ausmacht, kann wesentlich kleiner und dadurch billiger ausfallen. Und der aufwendige und extrem teure Ausbau der Ladeinfrastruktur kann speziell für den stromernden Schwerlastverkehr um einige Nummern schrumpfen: Es werden schlicht nicht mehr so viele stationäre Ladesäulen benötigt wie bisher gedacht. Von der Überzeugungskraft der unbegrenzten Reichweite für Kritiker der E-Mobilität ganz zu schweigen.

Wirkungsgrade bis zu 88 Prozent

Noch dazu, weil laut der Ingenieure in der Arena del Futuro die Effizienz des Energieflusses vom Asphalt zum Auto, zum Bus oder zum Lastwagen mit der von Schnellladestationen vergleichbar ist. In diversen Szenarien wurden Wirkungsgrade zwischen 72 und 88 Prozent erreicht, der höchste Wert entspricht in etwa dem von herkömmlichen Anlagen. Das ist vor allem der Tatsache zu verdanken, dass der Strom bei den Versuchsfahrzeugen direkt in die Wechselrichter/Motoren fließt, ohne in der Batterie zwischengespeichert zu werden.

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Über diese Ladecoils fließt in der Arena del Futuro den Strom für die Testfahrzeuge.

Kosten: Auf dem Niveau von DC-Ladern

Und die Kosten? Auch hier sind die Spezialisten von der Stellantis-Tochter Free2Moove und ihre Partner optimistisch. Sie gehen davon aus, dass ein Kilometer induktives Laden für 1,5 bis 2,5 Millionen Euro zu machen ist. Dabei könnten ein bis vier Megawatt Leistung zur Verfügung gestellt werden, ein Megawatt würde nach bisherigem Stand für bis zu 20 Fahrzeuge gleichzeitig ausreichen. Und damit, so die Projekt-Verantwortlichen, sei man kostenmäßig auf dem Niveau von Gleichstromladern. Dort rechnet man mit rund 100.000 Euro für eine 150-kW-Station. Beim induktiven Laden kämen aber noch alle Vorteile dieser Technologie wie etwa der geringere Platzbedarf obendrauf.

Ein Kilometer in einer Nacht

Im Zuge der Machbarkeitsstudie in der Arena del Futuro wurde nachgewiesen, dass Bauteams aktuell in einer Nacht rund einen Kilometer Straße mit Induktionsspulen ausstatten können. Auch das soll im Serieneinsatz deutlich schneller gehen. Optimistisch sind die Entwickler auch bei Thema Fahrzeug-Kosten. Im Falle des Fiat 500e könnte die Akkukapazität beispielsweise um 15 bis 25 kWh reduziert werden – das bedeute eine signifikante Kosteneinsparung. Und die 30 Extra-Kilos durch die zusätzlichen Teile im und unter dem Auto würden durch die kleinere Batterie mehr als ausgeglichen. Rudolf Huber/SP-X

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