Stromnetz

Laden von E-Autos: Es geht nicht nur um die Größe der Akkus

Beim Laden von E-Autos entscheidet nicht der Akku, wie schnell er wieder voll ist. Hier gibt es noch viel mehr zu beachten – und Grundwissen anzueigenen.

Das Wissen um Verbrennungsmotoren hat man in den vergangenen Jahrzehnten beinahe mit der Muttermilch eingesogen. Schon beim Kauf des ersten Mofas mit 15 Jahren musste man sich mit der Technik befassen – spätestens dann, wenn die ersten Probleme auftraten. Zumindest das Prinzip der Funktionsweise von Benziner und Diesel dürfte darüber hinaus heute jedem geläufig sein.

Mit dem Elektromotor und der darauf aufbauenden Technik verhält es sich nicht anders. Auch hier gibt es einiges zu lernen, weniger was den E-Motor angeht, sondern das Strommanagement. Denn die Größe des Akkus ist nicht das allein entscheidende Kriterium: Auch wie schnell er sich im Alltag aufladen lässt, ist ein wichtiger Punkt. Und was ist eigentlich der Unterschied zwischen AC und DC? Und was muss man noch beachten beim Laden von E-Autos? Eine kleine Einführung.

Wann schnell, wann langsam?

Beim Laden von E-Autos gibt es prinzipiell zwei Arten: schnell und langsam. Ersteres erfolgt in der Regel an großen Gleichstrom-Säulen (DC), die sich oft an Autobahnen und sonstigen Hauptverkehrsachsen finden. Rund 2.000 davon gibt es in Deutschland. Langsam laden kann man das E-Auto an der normalen Schuko-Steckdose, an der heimischen Wallbox und an den rund 18.000 meist innerstädtischen Normal-Ladesäulen. Im Gegensatz zu den schnellen Pendants fließt dort jeweils normaler Wechselstrom (AC) ins Auto. Wie schnell die Ladesäulen den Strom Richtung Akku pumpen können, ist aber nur ein Teilaspekt, wenn es um die Dauer eines Ladevorgangs geht. Viel wichtiger ist, wie schnell das Fahrzeug am anderen Ende der Leitung den Strom aus der Säule saugt.

Beim AC-Tanken ist in erster Linie der Bordlader für die tatsächliche Ladegeschwindigkeit zuständig. Er wandelt den Wechselstrom aus dem Netz in Gleichstrom um, der in der Batterie gespeichert werden kann. Diesen „On-Board“-Lader gibt es in diversen Leistungsstufen, in der Regel mit 3,6 kW, 7,2 kW, 11 kW und 22 kW. Je höher die Stufe, desto mehr Energie fließt pro Zeiteinheit – und desto teurer ist die Hardware.

Laden von E-Autos
Schafft 80 Prozent Ladung in 40 Minuten: der neue VolvoXC40 Recharge. Foto: Volvo

Auf die Ladeleistung kommt´s an

Viele E-Autos beschränken sich aus Kostengründen auf 3,6 beziehungsweise 7,2 kW Ladeleistung. Diese Geräte nutzen nur eine der bis zu drei Stromphasen, kosten dann aber den Hersteller auch nur rund ein Drittel an Material und finanziellem Aufwand. Zu finden sind die einphasigen Lader vor allem in Modellen aus den USA und Asien, wo das Haushaltsstromnetz gar nicht für höhere Leistungen ausgelegt ist.

Hierzulande wären netzseitig zwar problemlos auch 11 oder 22 kW möglich, viele Hersteller bieten entsprechende Lader aber gar nicht oder nur gegen Aufpreis an. Wer sich ein E-Auto zulegen will, sollte das beachten. Denn der Lader entscheidet, ob der Akku am Arbeitsplatz oder über Nacht überhaupt komplett geladen werden kann. Eine einfache Rechnung: Das Elektro-SUV Jaguar i-Pace lädt trotz eines Preises von rund 80.000 Euro nur einphasig mit maximal 7,4 kW. Wer rechnen will, wie lange es grob dauert, die 90 kWh große Batterie zu laden, teilt 90 durch 7,4 – und kommt auf 12 Stunden und ein paar Minuten. Ohne gelegentliches Schnellladen lässt sich die volle Batteriekapazität und damit die volle Reichweite in der Praxis also nur schwer nutzen.

Das Problem langsamer Lader

Dass das Laden von E-Autos nur langsam vonstatten geht, mag bei einem Luxus-SUV mit einer Reichweite von knapp 500 Kilometern aufgrund der üppigen Reserven vielleicht keine entscheidende Rolle spielen. Wer aber zuhause keine Lademöglichkeit hat und im Büro oder unterwegs laden will, sollte sich eine geringe Ladeleistung vor dem Kauf bewusst machen. Das kostenlose Laden an einer der immer zahlreicheren Supermarkt-Säulen etwa ist in solch einem Fall kaum attraktiv. Wer fummelt schon umständlich das Kabel aus dem Kofferraum, nur um Umsonst-Strom für ein paar wenige Kilometer Gratis-Fahrt zu tanken? An vielen öffentlichen Ladesäulen ist zudem die Parkdauer auf ein paar Stunden beschränkt. Mit einem langsamen Lader reicht das unter Umständen nicht einmal, um Strom für 100 Kilometer Fahrtstrecke zu tanken, während der Akkus eines Kleinwagens mit schnellem Lader möglicherweise schon voll ist.

Beim Schnellladen hingegen gelten andere Regeln. Dort spielt der Bordlader keine Rolle, weil direkt der vom Akku verwertbare Gleichstrom getankt wird. Allerdings sind die Säulen vergleichsweise selten, zudem ist der Strom meist teurer als an Normalladesäulen. Die Ladeleistung liegt bei älteren Geräten bei 50 kW, gelegentlich bei 100 kW. Die modernsten schaffen auch 350 kW, was selbst große Batterien in Rekordzeit komplett vollmacht. Auch dort ist allerdings das Auto der limitierende Faktor – diesmal in Form des Batteriemanagements.

Wenn es flott gehen soll

Diese Steuerungs-Software regelt, wie viel Leistung aktuell aufgenommen werden kann, ohne den Akku zu schädigen und dessen Lebensdauer zu beeinträchtigen. Wie hoch die akzeptierte Leistung ist, hängt einerseits von der grundsätzlichen Philosophie des Herstellers ab, andererseits von konkreten Faktoren wie der aktuellen Umgebungs- und Akkutemperatur. Je höher beide Werte sind, desto langsamer wird geladen. Bei teureren Modellen entlastet ein aktives Temperaturmanagement den Akku, günstigere E-Autos ohne Kühlung tanken im Zweifel nur sehr langsam, wenn die Batterie nach längerer Fahrt heiß geworden ist. Wer mit solch einem Auto plant, lange Strecken durch mehrmaliges Schnellladen absolvierbar zu machen, sollte bedenken: Spätestens beim zweiten Tankstopp tröpfelt der Strom nur noch. Aus einer halben Stunde Wartezeit werden dann schnell anderthalb Stunden oder mehr, bis ausreichend Energie für die nächste Etappe an Bord ist.

Mal schneller, mal langsamer

Darüber hinaus liegt bei keinem E-Auto über den gesamten Schnellladevorgang die maximale Ladeleistung an. In der Regel hält sie sich nur für wenige Minuten auf dem höchsten Level, um dann langsam, stufenweise oder rapide abzusinken. Meist wird nur wirklich schnell geladen, solange die Batterie noch sehr leer ist. Je voller sie wird, desto länger dauert es, zusätzliche Kilowattstunden zu verstauen. Wer regelmäßig lange Strecken fahren will, sollte sich vor dem Kauf daher über die Schnellladefähigkeiten seines Wunschmodells informieren. Weil die Hersteller-Datenblätter in dieser Hinsicht unvollständig bis irreführend sein können, lohnt dort besonders ein Blick in einschlägige Online-Foren. Dort teilen Fahrzeughalter eigene Erfahrungen und Messdaten zu einzelnen Modellen.

Idealerweise passen beim letztlich gekauften Wunschauto Akkukapazität, Bordlader und Schnellladefähigkeit zusammen. Wer beispielsweise einen Stadtwagen mit kleiner Batterie fährt, tankt oft gar nicht an schnellen DC-Säulen. Die Ladeleistung dort ist dann vernachlässigbar. Wer hingegen häufig auch längere Strecken fährt, sollte ein Modell mit gekühltem Akku und vielleicht auch ordentlichen Leistungen an der heimischen Wallbox wählen. Ist zuhause gar keine Auflademöglichkeit vorhanden, ist die Option eines flotten AC-Ladens umso wichtiger. Dann lassen sich auch bei kurzen Zwischenstopps schnell mal größere Energiemengen speichern. HM/SP-X

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