Laut einer Analyse hat sich der Fahrstrom erneut verteuert. Das Problem liegt laut LichtBlick in der Monopolbildung.
Das E-Auto unterwegs zu laden wird in Deutschland immer teurer. Jede geladene Kilowattstunde Strom an öffentlichen Ladesäulen kostet E-Mobilisten/innen durchschnittlich 55 Cent an Normalladepunkten (AC) und sogar 66 Cent an Schnellladepunkten (DC), so eine Auswertung des Stromversorgers LichtBlick. Für eine Reichweite von 100 Kilometern (bei 20 kWh Stromverbrauch) fallen damit Kosten in Höhe von 11,10 Euro/13,11 Euro für eine Stromladung an. Fahrer von Verbrenner-Autos kostet die gleiche Strecke nur 10,38 Euro (bei sechs Litern Benzinverbrauch) – klimaschädliches Tanken ist kann also günstiger sein als Laden unterwegs – je nach Verbrauch. Das geht aus dem heute veröffentlichten Ladesäulencheck 2024 hervor. Für die Analyse hat Statista im Auftrag von LichtBlick die Tarife führender Betreiber ausgewertet.
„Die Preise an den Tank- und Ladesäulen sorgen bei Autofahrern für Fehlanreize und fördern damit klimaschädliches Verhalten. Die Entwicklung ist fatal. Für die Verkehrswende ist der breite Umstieg von Verbrenner- auf E-Autos unerlässlich, ebenso wie verbraucherfreundliche Preise an öffentlichen Ladesäulen“, ordnet Markus Adam, Chefjurist von LichtBlick, die Ergebnisse der diesjährigen Untersuchung ein.
Unterwegs laden wird immer teurer
Die durchschnittlichen Preise pro geladener Kilowattstunde Strom seien im Vergleich zum letzten Ladesäulencheck weiter angestiegen, so die Untersuchung. Die Differenz liegt bei 3 ct/kWh (AC) und 4 ct/kWh (DC). Dabei ist der Durchschnittspreis für Haushaltsstrom im selben Zeitraum gesunken. Eine ähnliche Tendenz lässt sich beim Fahrstrom unterwegs nicht erkennen.
Darüber hinaus machen auch die Zugangsbedingungen an öffentlichen Ladesäulen den Umstieg aufs E-Auto unattraktiv. So müssen E-Mobilisten insbesondere bei überregionalen Fahrten auf verschiedene Anbieter zurückgreifen, die wiederum jeweils unterschiedliche Zugangsmöglichkeiten (Ladekarte, App) anbieten. Die Folge ist ein Wirrwarr an verschiedenen Ladekarten und -Apps, die Kunden für den Startvorgang bereithalten müssen. Das sogenannte Ad-Hoc-Laden, das mithilfe eines QR-Codes auf den Ladesäulen spontan gestartet werden kann, bietet für E-Mobilisten keine zufriedenstellende Alternative – die Preise sind teurer als für vertragsbasierte Fahrstromtarife, die E-Autofahrer mit den Anbietern direkt abschließen.
Lokale Monopolisten bestimmen Ladepreise
Ein Hauptgrund für die gestiegenen Preise an öffentlichen Normalladesäulen seien die Monopolbildung im Markt. Lokale Monopolisten haben über Jahre hinweg ihre hohen Anteile im Markt verfestigen können. Diese Monopolisten seien in der Regel die jeweiligen lokalen Energieversorger, die mit dem örtlichen Stromnetzbetreiber konzernrechtlich verbunden oder selbst Stromnetzbetreiber sind. Marktanteile von über 80 Prozent bei Normalladepunkten stellen den Normalfall dar – in der Spitze sichern sich Monopolisten sogar bis zu 93 Prozent der Marktanteile in ihrer jeweiligen Region.
Im aktuellen Marktmodell können Stromanbieter keinen eigenen Strom an der Ladesäule anbieten. Vielmehr bestimmt allein der Ladepunktbetreiber den Ladestromlieferanten – dies ist in der Regel der konzerneigene Vertrieb. Daher werden Ladebedingungen und -preise faktisch von den lokalen Monopolisten bestimmt. Diese können aufgrund des fehlenden Wettbewerbs ihren eigenen Kunden gegenüber nicht marktgerechte, überhöhte Fahrstrompreise durchsetzen.
Mit ihrer Marktmacht diskriminieren die lokalen Monopolisten zudem Drittanbieter wie LichtBlick und verlangen von diesen bis zu 89 Prozent höhere Entgelte für die Nutzung der Ladepunkte als von ihren eigenen Kunden für den Bezug von Fahrstrom, beklagt das Unternehmen. Um kostendeckende Fahrstromtarife an öffentlichen Ladesäulen anbieten zu können, müssen Drittanbieter den Fahrstromtarif des Roaming-Partners sowie das Roaming-Entgelt an ihre Fahrstromkunden weitergeben. Wettbewerbsgerechte Preise sind somit nicht möglich.
Zudem können sie die Erlöse aus den THG-Quoten nicht an ihre Kunden weitergeben. Dies bleibt exklusiv den Ladesäulenbetreibern oder dem vom ihnen bestimmten Ladepunktlieferanten vorbehalten. Die Folge: Dieser einseitige Kostenvorteil verschärft die Preisdiskriminierung und führt dazu, dass Drittanbieter mittelfristig aus dem Markt verdrängt werden. Die Monopolkommission hat in ihrem letzten Sektorgutachten ebenfalls bestätigt, dass die marktbeherrschende Stellung des lokalen Anbieters zu höheren Ladepreisen an Normalladepunkten führt.
Durchleitungsmodell für echten Wettbewerb
„Die Monopole im Normalladesäulenmarkt werden sich nicht von allein auflösen, der Markt benötigt dringend eine Reform. Darum schlagen wir bereits seit Jahren das Durchleitungsmodell vor. Die Folgen einer solchen Reform würden sich positiv auf die Preise auswirken“, sagt Adam. „Entsprechende Entwicklungen gab es etwa auch im Zuge der Liberalisierung der Bereiche Haushaltsstrom und Telekommunikation.“
Mit dem Modell erhalte jeder Energieversorger das Recht auf Durchleitung seines Stroms an öffentliche Ladesäulen. Damit sind Fahrstromlieferanten nicht mehr von Stromlieferung und Preisen der Ladesäulenbetreiber abhängig. Im Gegenzug erhalte der Betreiber ein Nutzungsentgelt für Installation, Betrieb und Wartung der Ladesäule, das ebenfalls eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals ermöglicht. Die Ladesäulen-Infrastruktur wird über die Nutzungsentgelte (mit-)finanziert und so unabhängig von staatlicher Förderung.
Wettbewerb entstehe durch die Möglichkeit zum Wechsel des Fahrstrom-Anbieters (analog zum Wechsel des Stromanbieters im Haushalt). Der Vorteil für E-Mobilisten: Sie können den Fahrstrom-Tarif des Anbieters ihrer Wahl an jeder öffentlichen Ladesäule nutzen. Preise und Stromqualität sind transparent, alle Ladevorgänge erscheinen auf einer Abrechnung. In einem gemeinsamen Pilotprojekt haben LichtBlick, 50Hertz und Stromnetz Berlin die Durchleitung an öffentlichen Ladesäulen bereits erfolgreich getestet. Titelfoto: Mag
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