Die kleinen Elektroautos der Kategorie L7e fahren ökologischer und günstiger als „normale“ Elektro-Pkw. Die Leichtbau-Stromer haben aber auch Nachteile.
Die E-Mobilität nährt die Hoffnung, dass auch der Verkehrssektor in Zukunft einen substantiellen Beitrag zum Klimaschutz leisten könnte. Doch schon lange gibt es Diskussionen, ob der CO2-Fußabdruck neuer Elektroautos in der Gesamtbilanz entscheidend kleiner als bei klassischen Verbrennern und Hybriden ausfällt. Selbst wenn die E-Alternativen nach 10 Jahren und 200.000 Kilometer Vorteile für Klima herausfahren, scheint zumindest mit den viele hundert PS starken 2,5-Tonnern dennoch wenig für die Umwelt gewonnen. Eine Alternative könnten elektrisch angetriebene Autos der Kategorie L7e sein. Sie sind die wahren Ökos der Elektroszene. Bislang tun sich Vertreter dieser Autoklasse allerdings schwer, die Massen für sich zu begeistern. Einige Neuheiten könnten dem darbenden Segment bald schon mehr Schwung verleihen.
L7e ist nur eine von vielen Unterklassen der europäischen Leichtbau-Fahrzeugklasse L. Speziell bei Fahrzeugen der Klasse L7e handelt es sich um vierrädrige Kraftfahrzeuge, die mit 450 Kilogramm Leermasse und mit einer maximalen Nutzleistung von 15 kW/20 PS unterwegs sein dürfen. Die Leermasse klammert übrigens bei den elektrisch angetriebenen Vertretern die oft schwere Batterie aus. Handelt es sich um Nutzfahrzeuge zur Güterbeförderung, darf die Leermasse bis maximal 600 Kilogramm betragen.
Ökologisch in der Herstellung
Qua dieser Rahmenbedingungen sind die elektrischen Vertreter dieser Kategorie, auch Leichtelektromobile (LEM) genannt, als nachhaltige Mobilitätslösung prädestiniert. Bereits beim Herstellungsprozess fällt der CO2-Rucksack vergleichsweise klein aus. Wichtig ist außerdem der Energiebedarf im Fahreinsatz. Das auch dank zumeist kleiner Batterien geringe Gewicht sowie die moderate Leistung sorgen für einen relativ niedrigen Verbrauch. Zum Vergleich: Ein typischer Leichtbau-Stromer wie der 2012 in Deutschland eingeführte Renault Twizy 80 verbraucht für 100 gefahrene Kilometer gut 8 Kilowattstunden, während ein Nissan Leaf rund das Doppelte konsumiert. Ein VW Golf mit Benzinmotor, der etwa 6 Liter auf 100 Kilometer verbraucht, kommt auf eine umgerechnete Energiemenge von sogar 50 kWh.
Dabei sind elektrisch angetriebene L7e-Mobile nicht nur deutlich effizienter, sie sind überdies leise, lokal emissionsfrei und beanspruchen wenig Verkehrsfläche. Für den Nutzer selbst bieten sie noch den Vorteil geringer Anschaffungs- und Unterhaltskosten. Allerdings gibt es für L7e-Stromer keine staatlichen Anreize wie etwa der Umweltbonus bei elektrisch angetriebenen Pkw.
Problem Sicherheit
Doch der niedrige Preis der Leichtbau-Stromer hat auch seinen Preis. Die Zulassungsvoraussetzungen für Fahrzeuge der Kategorie L7e sind weniger anspruchsvoll als für normale Pkw: Die Crashnormen sind vereinfacht, Sicherheitssysteme wie ABS und ESP sind nicht verpflichtend. Im Jahr 2014 von EuroNCAP durchgeführte Crashtests haben das erhöhte Gefahrenpotenzial dieser Leichtbaukonstruktionen verdeutlicht. In der Regel sind die Fahrzeuge zudem klein und bieten deshalb für höchstens zwei Personen Sitzgelegenheiten. In einigen Fällen gibt es Einstiegstüren, andere Konstruktionen bleiben zu den Seiten offen.
Anfang der 10er-Jahre erlebte das Segment mit der Einführung von Renault Twizy und dem Tazzari EV Zero einen ersten kleinen Boom. Doch letztlich blieben die kleinen Stromer Ausnahmeerscheinungen. L7e-Vertreter mögen witzig und sympathisch rüberkommen, können mit dem Komfort, Sicherheit und Performance klassischer Pkw-Typen allerdings nicht ansatzweise mithalten.
Viele neue Modelle
Obwohl eine größere Verbreitung bislang ausblieb, ist das Segment der Leichtbau-Stromer keineswegs tot. Unter anderem im Nutzfahrzeugbereich ist das Angebot elektrischer L7e-Modelle in jüngster Zeit sogar sprunghaft angestiegen. So startete 2019 in Deutschland der Elektro-Kleintransporter Ari 458 von Air Motors. In seiner rund 14.000 Euro teuren Pritschenversion bietet der 3,15 Meter kurze Zweisitzer eine Ladefläche mit Platz für eine Europalette sowie 450 Kilogramm Zuladung. Der 7,5 kW/10 PS starke Antrieb beschleunigt bis 78 km/h, abhängig von der gewählten Batterie sind 120 bis 150 Kilometer Reichweite möglich.
Ebenfalls vergangenes Jahr in Deutschland gestartet sind die nach L7e homologierten Leichtbau-Stromer G2 und G4 des französischen Herstellers Goupil, die in vielen Aufbauvarianten und mit unterschiedlichen Batteriegrößen bestellbar sind. Und seit Frühjahr 2020 lässt das US-Unternehmen Tropos seinen 3,70 Meter kurzen Mini-Transporter Able in Deutschland bauen. Zu Preisen ab rund 18.000 Euro bietet dieser 565 Kilogramm Nutzlast, einen 10 kW/13 PS starken Antrieb sowie abhängig von der Batteriegröße bis zu 260 Kilometer Reichweite.
eBussy: auf Wunsch als Wohnmobil
2021 will die deutsche Firma Electric Brands außerdem den vielseitig einsetzbaren eBussy (Titelfoto) auf den Markt bringen. Dieser soll trotz 3,65 Meter kurzer Karosserie sogar bis zu vier Sitzplätze und auf Wunsch auch einen Wohnmobilausbau bieten. Ein 15 kW/20 PS starker Antrieb erlaubt bis zu 90 km/h Höchstgeschwindigkeit, mit der bis 30 kWh großen Batterie sollen bis 600 Kilometer Reichweite möglich sein. Preise starten für die Basis bei rund 16.000 Euro.
Ebenfalls für 2021 hat die Firma Micro den Start des Zweisitzers Microlino angekündigt, der dank seiner auffälligen Isetta-Optik sogar ein breiteres Publikum ansprechen dürfte. Der 2,43 Meter kurze Zweisitzer kann dank eines 11 kW/15 PS starken Antriebs bis 90 km/h schnell und abhängig von der Batteriegröße 125 oder 200 Kilometer weit fahren. Den Basispreis geben die Schweizer mit 12.000 Euro an.
Wem L7e-Fahrzeuge zu teuer und zu ineffizient sind, kann ab Anfang 2021 alternativ auch in den Citroen Ami steigen, der allerdings in der schwächeren Klasse L6e antritt. Mit seinem 6 kW/8 PS starken Motor fährt der kleine Franzose maximal 45 km/h schnell und bis zu 75 Kilometer weit. Der rollende Würfel bietet trotz eines voraussichtlich vierstelligen Preises eine geschlossene Fahrgastzelle und zwei Türen. Seine kleine Batterie kann auf Ladeinfrastruktur verzichten, da sie sich an Haushaltssteckdosen laden lässt. Mario Hommen/SP-XTitelfoto: Electric Brands
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