Microlino

Microlino & Co: Erobern Zwergautos die Städte?

Können Leichtbaufahrzeuge wie der Microlino oder der Twizy Mobilitätslösungen bieten? Bislang tun sie sich schwer.

L7e-Leichtbaufahrzeuge sind mittlerweile ein alter Hut und seit ihrer Einführung im Jahr 2011 randständig geblieben. Vielleicht gelingt es jedoch dem Elektrozwerg Microlino, etwas Schwung in das bislang lahmende Segment zu bringen. Immerhin handelt es sich um den optisch bislang reizvollsten und technisch vielleicht fortschrittlichsten Vertreter dieser Klasse. Im Rahmen seiner offiziellen Deutschland-Fahrpräsentation in Mainz sprachen seine Erschaffer, die Brüder Oliver und Merlin Ouboter, deshalb auch von einem neuen potenziellen Wegbereiter für die Verkehrswende und eine klimafreundlichere Mobilität.

Dass ressourcenschonende und verbrauchsarme Minimobile ökologisch sinnvoll sind, leuchtet ein. Daran, dass Autozwerge, auch wenn sie charmant wie ein Microlino daherkommen, in Deutschland zum Massenphänomen werden, scheinen gewisse Zweifel weiterhin angebracht. Doch zugleich mehren sich die Anzeichen, dass der Zwergenaufstand vielleicht doch noch gelingen könnte.

Kein Erfolg: der Renault Twizy

Dass sich die Gattung L7e bislang schwertut, verdeutlicht das Beispiel des Renault Twizy, der bereits 2012 die Verkehrswende in Deutschland einleiten sollte. Als das elektrische Mopedauto an den Start ging, ließen parallel auch erste seriös gemachte E-Autos die Hoffnung aufkeimen, individueller Pkw-Verkehr könnte schon bald umwelt- und klimafreundlich werden. Wohl auch deshalb wurden erste Exemplare des überdachten Elektro-Quads in Deutschland als Heilsbringer von vielen begeistert empfangen.

Microlino
Verkaufte sich nur schleppend: Renault Twizy. Foto: Renault

Doch der ersten Euphorie folgte schnell Ernüchterung. In den ersten sieben Jahren konnte Renault lediglich rund 5.000 Exemplare des Twizy in Deutschland absetzen. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Der spartanische Zweisitzer bewegt sich bei Komfort, Alltagsnutzen, Sicherheit, Prestige und Performance weit unter dem Niveau normaler Pkw. Das sprach sich bei seinem Start vor 11 Jahren schnell rum. Entsprechend gingen seine ohnehin niedrigen Verkaufszahlen bereits nach dem ersten Jahr drastisch zurück. Obwohl Renault das Minimobil auch aktuell noch anbietet, bleibt die Nachfrage weiterhin gering.

Das Problem: die Crashsicherheit

Merlin Ouboter glaubt, dass unter anderem die Abwesenheit von Türen und die entsprechend zu den Seiten offene Karosserie einen größeren Erfolg des Twizy verhindert haben dürften. Sein Microlino bietet eine geschlossene und als erster Vertreter seiner Klasse zudem selbsttragende Karosserie. Dieses Grundgerüst ist ein Pfund, mit dem der Microlino gegenüber anderen Vertretern seines Segments tatsächlich wuchern kann. Bislang basieren Fahrzeuge der L7e-Kategorie in der Regel auf Rohrrahmen, die dann mehr oder weniger stark eingekleidet werden. Die Blechhaut des Microlino ist hingegen tragende Struktur als auch Sicherheitszelle.

Ob der schützende Raum einen entscheidenden Vorteil bei Unfällen bringen wird, müssen Crashtests erst noch zeigen. Crashkampagnen des ADAC und EuroNCAP in den Jahren 2014 und 2016 haben jedenfalls deutliche Sicherheitsdefizite bei früheren Kleinstfahrzeugen attestiert. Der EuroNCAP-Chef Michiel van Ratingen kam deshalb 2016 zu dem Schluss, dass Umweltgründe keine Entschuldigung für unsichere Fahrzeuge sein sollten. Auch wenn der Microlino beim Crashtest besser als andere Vertreter der L7e-Szene abschneiden dürfte, fährt er in puncto Sicherheitsausstattung normalen Pkw meilenweit hinterher. ESP, ABS, Kollisionsverhinderer oder Airbags gibt es nicht. Ohne Akku dürfen L7e-Fahrzeuge nicht mehr als 450 Kilogramm wiegen, was eben auch die Möglichkeiten bei der Sicherheitsausstattung deutlich einschränkt.

Der Vorteil: Geringer Ressourcenverbrauch

In Hinblick auf Komfort und Fahreigenschaften sollten die Ansprüche ebenfalls nicht allzu hoch sein. Autos dieser Klasse sind hart und laut und müssen auf Komforterrungenschaften wie große Mengen Dämmmaterial, Klimaanlage, Servolenkung oder elektrische Fensterheber verzichten. Da macht der Microlino leider keine Ausnahme.

Das vergleichsweise niedrige Gewicht und der damit einhergehende Verzicht auf anspruchsvollere Technik hat allerdings auch positive Kehrseiten: L7e-Fahrzeuge verbrauchen bei der Herstellung deutlich weniger Ressourcen, außerdem bewegen sie sich im Fahreinsatz beim Energieverbrauch weit unter Pkw-Niveau. 50 Prozent weniger Teile sollen etwa für den Bau des Microlino im Vergleich zu einem E-Pkw nötig sein. Bereits beim Herstellungsprozess fällt der CO2-Rucksack also vergleichsweise klein aus. Ebenfalls deutlich niedriger ist der Energiebedarf im Fahreinsatz.

Der Trumpf: Geringer Verbrauch

Das auch dank kleiner Batterien niedrige Gesamtgewicht sowie die moderate Leistung sorgen für relativ kleine Verbräuche. Zum Vergleich: Der 12,5 kW/17 PS starke Microlino konsumiert auf 100 Kilometer gut 6 Kilowattstunden, während ein Fiat 500e mehr als das Doppelte verbraucht. Ein VW Golf mit Benzinmotor, der etwa 6 Liter auf 100 Kilometer verfeuert, kommt auf ein Energieäquivalent von sogar 50 kWh. Dabei sind elektrisch angetriebene L7e-Mobile nicht nur deutlich effizienter, sie sind überdies lokal emissionsfrei und beanspruchen wenig Verkehrsfläche.

Renault-Tochter Mobilize will mit dem Bento einen Nachfolger für den Twizy bauen. Foto: Renault

Und dann sind L7e-Fahrzeuge außerdem noch vergleichsweise günstig in der Anschaffung. Ein Twizy liegt aktuell bei 11.450 Euro, der Estrima Biro bei 13.500 Euro, während die künftige Basisversion des Microlino bei 17.690 Euro starten soll. Zum Vergleich: Ein Smart Fortwo ED ist ab rund 22.000 Euro zu haben, Fiat 500e oder MG 4 kosten 31.000 beziehungsweise 32.000 Euro. Zwar klafft hier zwischen L7e-Auto und Elektro-Pkw eine deutliche Lücke, die allerdings aktuell in Deutschland durch die E-Auto-Förderung großzügig gefüllt wird. Mit dem Geld der Bafa lassen sich die Neuwagenpreise von E-Autos derzeit um über 7.000 Euro absenken. 2022 waren es sogar noch rund 9.600 Euro.

Das Problem: Die Umweltprämie

Aufgrund der großzügigen Prämie fällt der finanzielle Mehraufwand für Elektro-Pkw im Vergleich zu den auf Bundesebene nichtgeförderten L7-Stromern gering aus. Schaut man aufs Preis-Leistungs-Verhältnis, haben die großen E-Autos aktuell jedenfalls die Nase klar vorn. Immerhin finden sich regional einige wenige Fördertöpfe für L7e-Fahrzeuge. Bei Microlino ist man guter Dinge, dass sich zeitnah noch weitere Kommunen und Städte einbringen werden, um die Anschaffung von umweltfreundlichen Kleinfahrzeugen auch finanziell zu stützen. Sollte die Bafa-Förderung für E-Pkw wegfallen und Autohersteller ihre Preise weiter so kräftig wie in jüngster Zeit anheben, könnten L7e-Fahrzeuge auch in finanzieller Hinsicht eine sogar interessante Alternative werden.

Das Angebot regionaler Förderprogramme für L7e-Fahrzeuge könnte auch aufgrund eines größer werdenden Angebots entsprechender Modelle steigen. Dass die Auswahl von L7e-Fahrzeugen in nächster Zeit wächst, zeigt sich unter anderem beim Personal eines für die Homologation des Microlino verantwortlichen Dienstleisters. Laut Merlin Ouboter gab es hier zunächst lediglich einen für L7e-Fahrzeuge abgestellten Mitarbeiter. Mittlerweile wurde die Abteilung auf fünf Personen aufgestockt.

Die Zukunft: Der Renault Duo

Eines der kommenden neuen L7e-Modelle wird der Twizy-Nachfolger Duo sein, den Renaults Mobilitätsmarke Mobilize voraussichtlich 2024 sogar mit Türen auf den Markt bringen wird. Auch sonst dürfte der Zweisitzer einiges besser als der Twizy machen. Laut Merlin Ouboter steht Microlino aktuell im Austausch mit Renault, mit dem Ziel, bei der Produktion von L7e-Fahrzeugen mögliche Synergien heben und künftig bessere Komponenten für den Microlino beziehen zu können. In den nächsten Jahren wird sich jedenfalls zeigen, ob im Segment der Leichtbaustromer das Potenzial schlummert, in Auto-Deutschland eine größere Zahl von Herzen zu erobern. Mario Hommen/SP-X/Titelfoto: Microlino

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