Moto Guzzi hat die V85 TT überarbeitet und dabei Augenmaß bewiesen. Auf ein Übermaß an Elektronik wurde verzichtet.
Moto Guzzi hat nun die V85 TT überarbeitet, die 2019 das Licht der Welt erblickte. Nicht angerührt wurde freilich ihr pfiffiges Erkennungsmerkmal, das LED-Tagfahrlicht in Form ausgebreiteter Adlerschwingen, das sich über die kreisrunden Doppelscheinwerfer ausbreitet. Nach wie vor stellt es ein Design-Glanzlicht dar. Aber keinesfalls das einzige, das sich an der Moto Guzzi V85 TT und ihren Derivaten V85 Strada und V85 TT Travel findet. TT steht übrigens für „tutto terreno“ und heißt auf Deutsch „jeder Untergrund“.
Die TT stellt die bekannte, in der Mittelklasse angesiedelte Reiseenduro mit Kardanantrieb und luftgekühltem Zweiventil-V2-Motor dar. Die Strada wendet sich an jene, die an nicht asphaltierten Straßen kein Interesse haben; sie ist geringfügig leichter und mit reiner Straßenbereifung ausgerüstet. Den Gepäckträger der TT muss man bei ihr nachrüsten, sofern er wichtig erscheint. Die TT Travel stellt die All-Inclusive-Version der TT dar; sie weist neben einigen anderen Details Seitenkoffer und eine Sitzheizung auf. Die Strada liegt 1.000 Euro unter der ab 13.500 Euro teuren TT, die TT Travel 1.500 Euro darüber.
Moto Guzzi V85 TT: Überarbeiteter V2
Identisch bei den drei V85 sind sämtliche Leistungsdaten sowie alle Fahrwerksdetails. Neu an der Moto Guzzi V85 ist in allen Versionen der überarbeitete V2-Motor, der jetzt eine variable Ventilsteuerung aufweist. Sie erhöht die Maximalleistung zwar nur von 56 kW/76 PS auf 59 kW/80 PS, steigert aber das wichtigere Drehmoment über einen breiten Bereich. Beim Fahren verändern sich zwar keine Welten, aber die neueste V85-Generation fühlt sich ausgesprochen stimmig an. Die Gasannahme ist in jedem Drehzahlbereich geschmeidig, die Leistungsentwicklung gefällt. Und oben raus, also jenseits der 6.500 U/min, fühlt sich das Triebwerk scheinbar wohler, denn es dreht ein wenig freier.
Ebenfalls neu ist ein Klopfsensor, der bei unteroktanigem Sprit selbsttätig die Zündung verstellt, sowie eine neue Auspuffanlage; sie ist gefälliger geformt als die frühere und weist zudem eine dritte Lambda-Sonde zugunsten verbesserter Abgasreinigung auf. Auf den Benzinverbrauch, laut WLTP-Norm 4,9 l/100 km, sollen diese Maßnahmen keine Auswirkungen haben. Vom veränderten Motor künden die neugestalteten Zylinderhauben, die keck unterm Tank hervorschauen.
Neu an der V85 TT wie an der Strada ist der nun höhenverstellbare Windschild; er schützt gut, wird aber vom größeren Touren-Windschild der TT Travel noch übertroffen. Dieser halbiert den Druck auf den Fahrerhelm. Da die Speichen jetzt nicht mehr mittig an den Leichtmetallfelgen befestigt sind, können neuerdings schlauchlose Reifen montiert werden. Das Fahrverhalten der V85 TT ändert sich nicht, während die Strada-Version mit ihren reinen Straßenreifen deutlich leichter einlenkt; das liegt einerseits am Reifen selbst, aber auch am reduzierten Gewicht von Leichtmetallgussrad und Reifen. Ebenfalls nur an der Strada findet sich ein zusätzlicher, niedriger Kotflügel über dem Vorderrad. Nach wie vor werden für die V85 Räder mit 19 Zoll Durchmesser vorne und 17 Zoll hinten montiert; diese Kombination passt zum Fahrzeugtyp. Die einstellbare USD-Gabel wie auch das ebenfalls einstellbare Zentralfederbein bieten auch auf schlechten Strecken guten Komfort, die Grundabstimmung ist insgesamt eher straff.
Stimmiges Gesamtpaket
Ein sehr gutes Gefühl vermitteln die drei Scheibenbremsen, auch das ABS regelt zeitgemäß fix und hält die Guzzi sauber in der Spur. Jenseits des Asphalts, wo Reiseenduros ja durchaus gelegentlich bewegt werden, machen TT und TT Travel ihre Sache so gut, wie 17 Zentimeter Federweg und 21 Zentimeter Bodenfreiheit es eben zulassen. Ein großes Plus jenseits feiner Sandstraßen stellt der kräftige Alu-Motorunterschutz dar.
Insgesamt liegt der Guzzi cooles Enduro-Wandern mehr als rallyeartiges Treiben. Der Offroad-Fahrmodus ist nützlich. Er ermöglicht viel Schlupf am Hinterrad, deaktiviert das Hinterrad-ABS und lässt dem Vorderrad-ABS mehr Freiheiten. Die Ergonomie von Lenker, Fußrasten und Knieschluss im Stehen macht das sichere Dirigieren der V85 in kniffligen Situationen einfach. Da hilft zudem der stets gut durchziehende V2, der auch sehr niedertouriges Fahren klaglos erträgt.
Es sieht ganz so aus, als würde Moto Guzzi mit der Ausrichtung der V85 längerfristig Erfolg haben: Aktuelle Technik ja bitte, aber keine Voll-Elektronisierung mit Radar, Keyless und anderem Pipapo. Dafür bietet man die Produktion am einstigen Gründungsort der Firma am Comer See, also mitten in Europa, eine ordentliche Verarbeitungsqualität und vor allem ein stimmiges Gesamtpaket zu akzeptablen Preisen. SP-X
Moto Guzzi V85 TT (Strada und Travel TT in Klammern) – Technische Daten:
Motor: Luftgekühlter Zweizylinder-V-Motor (90°), 2 Ventile pro Zylinder, OHV, variable Ventilsteuerung, 853 ccm Hubraum, 59 kW/80 PS bei 7.750 U/min., 83 Nm bei 5.100 U/min; Einspritzung, 6 Gänge, Kardanantrieb.
Fahrwerk: Stahl-Gitterrohrrahmen; vorne USD-Telegabel ø 41 mm, Vorspannung und Zugstufendämpfung einstellbar, 17 cm Federweg; hinten Leichtmetall-Zweiarmschwinge, Zentralfederbein, Vorspannung und Zugstufendämpfung einstellbar, 17 cm Federweg; Leichtmetall-Kreuzspeichenräde (Strada: Leichtmetallgussräder); schlauchlose Reifen, vorne 110/80 R 19 und 150/70 R 17 (hinten). 32 cm Doppelscheibenbremse mit radialen Vierkolbenzangen vorne, 26 cm Einscheibenbremse mit Zweikolbenzange hinten.
Assistenzsysteme: variierbares Zweikreis-ABS, drei Fahrmodi, variierbare Antischlupfregelung, Tempomat.
Maße und Gewichte: Radstand 1,53 m, Sitzhöhe 83 (auch 81 oder 85) cm, Gewicht fahrfertig 230 kg (Strada 226 kg, TT Travel 243 kg); zul. Gesamtgewicht 449 kg; Tankinhalt 23 Liter.
Fahrleistungen: Höchstgeschwindigkeit 195 km/h. Normverbrauch 4,9 l/100 km.
Preis: ab 13.500 Euro (Strada ab 12.500 Euro, TT Travel ab 15.000 Euro).
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