Ninja 7 Hybrid

Ninja 7 Hybrid: Die Doppelherz-Kawasaki

Kawasaki hat mit der Ninja 7 Hybrid ein innovatives Motorrad auf den Markt gebracht. Doch lohnt sich der technische Aufwand? Ein Fahrbericht.

In der Autowelt gibt es den Hybridantrieb schon lange: Im Jahr 1997 brachte Toyota den Prius in Japan auf den Markt, im Jahr 2000 kam er auch nach Deutschland. Mittlerweile ist das Prinzip weithin bekannt, im Motorradbau tauchte es bislang aber noch nicht auf. Das ist nun vorbei.

Denn Kawasaki hat es erstmals übertragen und der Ninja 7 Hybrid eingepflanzt. Wie beim Pkw besteht das System aus einem Verbrennungs- und einem E-Motor, die sich unter dem Befehl einer Software vereinigen und miteinander kooperieren. Und die Frage drängt sich auf: Kann das auch beim Motorrad funktionieren?

Ninja 7 Hybrid
Zwei Herzen unter dem Tank: Kawasaki Ninja 7 Hybrid. Fotos: Mag

Doch vorweg einige technische Fakten: Der Zweizylinder-Verbrenner misst 451 Kubikzentimeter und leistet 59 PS und 43,6 Nm Drehmoment. Der E-Motor bringt sich mit zusätzlichen 9 PS ein, so dass beide in der Spitze 69 PS produzieren. Bei einem Motorrad ist natürlich das Gewicht weniger vernachlässigbar als beim Pkw. Der 1,4 kWh fassende Akku wiegt 13 Kilogramm, so dass die Ninja 7 Hybrid somit 227 kg auf die Waage bringt.

Einen Kupplungshebel gibt es nicht

Ninja 7 Hybrid
Über die Schalter am linken Griff werden die Modi ausgewählt.

Spannend ist auch der Blick aufs Getriebe: Auch wenn ein Kupplungsgriff sowie der Fußschalthebel fehlen, ein reines Automatikgetriebe kommt nicht unbedingt zum Einsatz. Am linken Lenkergriff finden sich zwei Paddels, mit denen man im Sport-Modus hoch- und runterschalten kann. Im Eco-Modus macht die Ninja das (auf Wunsch) automatisch, mit dem Ziel, möglichst viel Sprit zu sparen. Gar keinen Sprit verbraucht man freilich im reinen Elektro-Modus, der 10 Kilometer weit reicht – und das bis zu einem Tempo von 60 km/h.

Es gibt also so einiges zu planen als Fahrer auf der Ninja 7 Hybrid. Einfach aufsitzen, starten und losfahren – das geht zwar. Doc stets stellen sich Fragen wie: Will ich schalten? Genügt der E-Antrieb? Will ich eher sportlich unterwegs sein? Und so weiter.

Um das System besser zu beschreiben, zweiteilen wir es am besten. Im Sport-Modus fährt die Ninja konventionell per Verbrenner. Dessen 59 PS schieben tun sich mit den 227 Kilo ein wenig schwer. Die Gangwechsel geschehen per Paddels. Wem das zu langsam vorangeht, drückt den breiten Button links vom Gasgriff, dann packt der E-Motor zu und schiebt für fünf Sekunden mit zusätzlichen 20 Extra-Newtonmetern spürbar an. Angezeigt wird diese Möglichkeit mit einem großen blauen Schriftzug „E-Boost“ im Display.

Ninja 7 Hybrid: Mehr Power mit „E-Boost“

Mit ein wenig Eingewöhnung klappt das gut, die zusätzliche Power ist deutlich spürbar. Für Überholvorgänge auf der Landstraße ist dieser zusätzliche Schub beinahe unerlässlich.

Ninja 7 Hybrid
Das Display liefert viele Daten und ist stets gut ablesbar.

Aber: Während sich der Boost nahtlos in die Kraftentfaltung integriert, entstehen beim manuellen Schalten bisweilen harte Schubkraftunterbrechungen, auf die man als Fahrer keinen Einfluss hat und die je nach Zugkraft unterschiedlich stark ausfallen. Gekonnte Gangwechsel gehen anders. Und freilich zieht der Boost den Akku leer, doch dazu muss man schon viele Kilometer unterwegs sein und oft Gebrauch von ihm machen. Ist er aber mal leer, dauert es gute 50 Minuten im Fahrbetrieb, bis er wieder voll geladen ist.

Der zweite Bereich ist der Eco-Modus. Aktiviert man hier die Automatik schaltet die Ninja flott hoch, um Sprit zu sparen. Auch hier sind die Gangwechsel ruckelig; der sechste Gang wird schon bei knapp 60 km/h erreicht. In diesem Modus ist die Ninja 7 zahm wie ein Lamm, er taugt mehr zum gemütlichen Cruisen. Der E-Boost steht nicht zur Verfügung. Aber auch hier kann man auf manuelles Schalten umstellen.

Elektrische Hilfe beim Rangieren

Ninja 7 Hybrid
HEV steht für „Hybrid Electric Vehicle“.

Und wie ist das mit dem Leerlauf? Die Elektronik erkennt, wenn das Bike steht und legt selbstständig den ersten Gang ein. Dann muss man nur noch am Gasgriff drehen – und die Kawa rollt los. Im Eco-Modus zunächst elektrisch, bevor sich der Verbrenner dazu schaltet. So ganz nebenbei hilft die Ninja übrigens beim Schieben. Über einen kleinen Knopf links aktiviert man den Schiebemodus (bis 3 km/h), der beim Rangieren hilft. Außerdem sollte man wissen, dass der Ninja eine Gangsperre fehlt und man sie lieber nicht am Berg parken sollte.

In den rein elektrischen Modus schalten kann man, wenn das Bike langsamer fährt als 25 km/h, am besten klappt das aber im Stand. Erwähnenswert ist vielleicht ein Gedanke, der uns beim Losfahren kam: Wegen der Automatik kann der Fahrer die Zugkraft des Motors nicht mehr über die Kupplung dosieren. Es gibt aber Fahrsituationen, in denen das sehr praktisch ist – wie etwa beim flinken Turnen durch enge Spitzkehren. Wie würde das Getriebe dann reagieren? Leider hatten wir keine Gelegenheit, dies auszuprobieren.

Verbrauch: 4,4 Liter auf 100 Kilometer

Ninja 7 Hybrid
Der Preis für die Ninja 7 Hybrid liegt bei 13.345 Euro.

In der Summe unserer Touren kamen wir auf einen Verbrauch von 4,4 Liter je 100 Kilometer, wobei wir meist im Sportmodus unterwegs waren. Das ist ein ordentlicher Wert. Doch Hand aufs Herz: Wer fährt Motorrad und achtet auf den Spritverbrauch?

Wir halten fest: Es steckt viel Technik in dieser Kawasaki – und eine Herausforderung für jede/n Fahrer/in bei der Umgewöhnung. Sollte man also 13.345 Euro für so viel Technik investieren? Immerhin liegen Motorräder wie die Honda Africa Twin 1100, die BMW F 900 XR oder auch die Kawasaki Ninja 1000SX in diesem Preisbereich. Letztlich muss das jede/r wohl selbst entscheiden. Wir raten indes zu einer ausführlichen Probefahrt – mit ausführlichem Studium zuvor. Titelfoto: Kawasaki

Kawasaki Ninja 7 Hybrid – Technische Daten:

Motor: Flüssigkeitsgekühlter Zweizylinder-Reihenmotor, 451 ccm Hubraum, vier Ventile pro Zylinder, 43 kW (60 PS) bei 10.500 U/min., Drehmoment 43,6 Nm bei 7.500 U/min; Einspritzung, 6 Gänge, Kette.

E-Motor: 3-Phasen-Drehstrommotor mit Dauermagneten, 7 kW (9,5 PS), Drehmoment 24 Nm bei 2.800 U/min., Akku: Lithium-Ionen mit 1,4 kWh Kapazität, Gewicht: 13 kg.

Fahrwerk: Stahl-Gitterrohrrahmen, USD-Telegabel ø 41 mm vorne, nicht einstellbar, 12,0 cm Federweg; Zweiarmschwinge, Zentralfederbein, Federvorspannung einstellbar, 14,0 cm Federweg; Reifen 120/70 R 17 (vorne) und 160/60 R 17 (hinten); 300 mm Doppelscheibenbremse mit Zweikolben-Schwimmsattel vorne, 250 mm Einscheibenbremse mit Zweikolben-Sattel hinten.

Maße und Gewichte: Radstand 1.535 mm, Sitzhöhe 795 mm; Gewicht (vollgetankt) 227 kg. Tankinhalt 14 l.

Fahrleistungen: Testverbrauch 4,4 l/100 km, Zuladung: 180 kg, Reichweite ca. 300 km, Lautstärke im Stand: 89 dB, Höchstgeschwindigkeit: 193 km/h.

Preis: 13.345 Euro (inkl. Überführung).

Niedriger Verbrauch

Gute Sitzposition

Leise

Elektrisches Fahren

Rangierhilfe

Hoher Preis

Viel Technik

Schaltruckeln

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