Das Deutsche Rote Kreuz in Frankfurt testet einen elektrischen Rettungswagen. Doch stellen Rettungsdienste besondere technische Anforderungen an ihre Fahrzeuge. Deshalb rüstet die Firma WAS Diesel-Sprinter auf elektrischen Antrieb um, statt direkt ein E-Fahrzeug zu verwenden.
Von außen gibt es am Rettungswagen wenig zu sehen. Bis auf das Blaulicht weist eigentlich kaum etwas darauf hin, dass es sich um ein Einsatzfahrzeug handelt. Drei Wochen lang wird die Spezialanfertigung der Firma WAS aus Emsbüren vom Deutschen Roten Kreuz in Frankfurt nun getestet. „Es ist wichtiger denn je, Maßnahmen zu ergreifen, um den Klimawandel bremsen zu können“, sagt die Stellvertretende Vorsitzende des DRK Frankfurt, Ursula auf der Heide, bei der Vorstellung des Fahrzeugs in der Rettungswache Bergen-Enkheim. „Die Autohersteller rüsten um und gerade im Großstadtraum ist ein Elektroauto voller Vorteile“, weiß sie.
Diesel-Sprinter wird zu E
Es gehe um die kleinen Bausteine, die langfristig zu einer positiven und ressourcenschonenden Zukunft beitragen. Das findet auch Christoph Stegemann. Er leitet die Marktenwicklung bei WAS Vehicles, die sich die Herstellung dieser Spezialfahrzeuge auf die Fahnen geschrieben hat. „Wir versuchen immer einen Schritt weiter zu denken und haben uns 2017/2018 über Elektromobilität Gedanken gemacht. Allerdings gab es damals kein E-Fahrzeug, das wir einfach umbauen konnten.“ Zwar sind mittlerweile einige E-Transporter auf dem Markt, doch sei es bei diesen technisch nicht so einfach möglich, für die benötigte Technik im Rettungswagen den Akku anzuzapfen.
„Wir ersetzen den Antrieb und die Technik von Mercedes-Sprintern komplett und bauen Batteriepakete ein.“ Diese befinden sich bei der Spezialanfertigung wie bei herkömmlichen Elektroautos vor allem im Fahrzeugboden, ein Teil in der Motorhaube. „Das Fahrzeug wird so mit allen vier Rädern gleichmäßig auf die Straße gedrückt. Ein klarer Vorteil im Fahrverhalten gegenüber Diesel- oder Benzinautos, die wegen des Motors deutlich mehr Last vorne tragen.“ Rund zwei Jahre habe die Entwicklung gedauert und mittlerweile habe man den E-Rettungswagen in vielen europäischen Städten getestet. „Und es funktioniert! In Hamburg sind wir 200 Einsätze in nur drei Wochen gefahren und das völlig ohne Probleme.“ Zudem seien die Sanitäter immer sehr angetan von dem guten Fahrverhalten des Stromers. Aus den Tests wisse man, die realistische Reichweite liege bei 200 Kilometern. Für die Innenstadt völlig ausreichend, denn in einer kompletten Schicht fahren Sanitäter maximal 100 Kilometer, weiß Stegemann.
Eisenphosphat-Akku
Der Akku fasst 87 kW und dabei handelt es sich nicht um den klassischen Lithium-Ionen-Akku, sondern eine Lithium-Eisenphosphat-Batterie. Man habe diese Form der Energiespeicherung gewählt, weil Eisenphosphat-Akkus sehr sicher seien, denn immer wieder werde man bei den Präsentationen des Spezialfahrzeugs auf das Brandrisiko angesprochen, erzählt Stegemann. Schnellladen kann der elektrische Rettungswagen mit 100 kW.
„Zumal das Fahrzeug im Normal- und im Schnelllademodus geladen werden kann. Zwischen den Einsätzen wird der Akku einfach in der Wache aufgeladen.“ Leider gibt es aktuell noch ein kleines Manko, das Kommunen oder Rettungsdienste vom Umstieg auf E-Rettungswagen abhalten könnte: So sind die Gesamtkosten für die Spezialanfertigung aktuell noch nicht nennbar, erklärt Christoph Stegemann. „Wir sind gerade dran, alles zu optimieren und können den Preis somit noch senken.“ Allerdings haben Elektroautos aufgrund der sehr simplen Antriebstechnik deutlich weniger Wartungskosten als Benzin- oder Dieselautos. Das gelte es auf lange Sicht bei der Anschaffung immer mit einzurechnen. Er sei sehr dankbar für die Testmöglichkeit in Frankfurt und freue sich auf die Erkenntnisse. NM/Titelfoto: Niklas Mag
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