Mit der Tiger Sport 660 bringt Triumph in der Mittelklasse eine Allzweckwaffe an den Start. Vor allem der Motor der Engländerin kann begeistern.
Zum Ende des vergangenen Jahres hat sich Triumph erneut seiner Einstiegsklasse zugewendet und der Trident 660 eine Schwester an die Seite gestellt, die Tiger Sport 660. Sie unterscheidet sich von der Trident vor allem durch eine Halbverkleidung und bietet damit auch auf längeren Touren oder Reisen mehr Komfort. Dass man gleich zwei insgesamt 57 Liter fassende Koffer sowie ein 47 Liter großes Topcase, das zwei Helme aufnimmt, als Extra anbietet, unterstreicht die Ambitionen der Tiger Sport.
Dabei stehen die Chancen, dass auch Nicht-Einsteiger sich der kleinen Tiger zuwenden, nicht schlecht. Sie ist leicht, verfügt über einen starken Motor und sieht wirklich gut aus – insbesondere die von uns gefahrene Version in Rot mit grauen Streifen. Und vor allem: Sie ist nicht teuer, und sie lässt sich auf 48 PS drosseln.
Toller Motor
Doch der Reihe nach, und beginnen wir beim Motor. Der Triple konnte schon in der Trident begeistern und schafft dies auch in der Tiger Sport. Der Abkömmling des formidablen 675er Triebwerks der ersten Street-Triple-Generationen überrascht mit seinen 81 PS vor allem beim Antritt aus dem Drehzahlkeller, und er legt ab der Drehzahlmitte sogar noch etwas zu, bevor er bei 11.000 Touren die Segel streicht. Damit bietet er beste Voraussetzungen für eine flotte Alpentour – und vor allem auch eine kommode Anreise. Fast über das gesamte Drehzahlband wirkt er kräftiger als es die nominell 81 PS erwarten lassen und verleiht dem Bike das gewisse Etwas.
Denn dank des niedrigen Gewichts von 209 Kilo genügt die Power auch auf Bergetappen allemal, um auch an hubraumstärkeren Bikes dran zu bleiben. Unterstützt wird der Antrieb von einem Schaltassistenten in beide Richtungen, der uns bisweilen aber im Stich ließ, so dass wir uns manuell um die Gangwechsel kümmern mussten. Kein Problem, denn das Getriebe arbeitet präzise, und die Kupplungskräfte überfordern niemanden. So lässt es sich also bequem durch die Stadt cruisen als auch mit Verve und johlendem Dreizylinder-Pfeifen die Landstraßen entlang jagen – klasse.
Ausgewogenes Fahrwerk
Das Fahrwerk spielt bei diesen Aufgaben weitgehend mit. Es bietet vorne wie hinten 150 Millimeter Federweg, und man kann die Federvorspannung an der Hinterhand per praktischem Handrad verstellen. Eine Einstellung von Dämpfung und Zugstufe gibt es nicht. Die Upside-Down-Gabel vorn bietet keine Einstellmöglichkeiten, das Fahrwerk insgesamt findet aber einen guten Kompromiss zwischen Reisen und flotten Touren. Lediglich bei voller Beladung und Zwei-Personen-Betrieb agiert es zu weich. Darüber sollte man angesichts der Klasse und des Preises aber großzügig hinwegsehen. So vermissten wir bisweilen auch einen Lenkungsdämpfer, denn das Vorderrad neigt etwas zur Nervosität. Kein Problem mit Gewicht oder Tempo haben die Nissin-Bremsen mit 310 beziehungsweise 255 Millimeter messenden Scheiben, wobei der Handbremshebel einstellbar ist.
Gute Konnektivität
In den heutigen digitalen Zeiten darf freilich die Konnektivität nicht fehlen. Das Multifunktionsinstrument mit TFT-Display ist für das Triumph-System vorbereitet und ermöglicht Navigation mit Pfeildarstellung. Außer den beiden Fahrmodi Rain und Road bietet die Tiger Sport 660 eine abschaltbare Traktionskontrolle und eine Ride-by-Wire-Motorsteuerung. Auch eine Anti-Hopping-Kupplung sowie eine Wegfahrsperre sind serienmäßig vorhanden. Die Menüführung mittels vier Tasten ist logisch aufgebaut und übersichtlich, das Display stets gut abzulesen. Allein der Strichbalken des Drehzahlmessers war uns zu klein geraten.
Wie überhaupt die Ausstattung für die Klasse recht ordentlich ist. Der eine oder andere würde sich für die Autobahn vielleicht einen Tempomat wünschen, den es aber auch gegen Aufpreis nicht gibt. Viel wichtiger aber: Einen Hauptständer gibt es leider auch nicht, das dürfte dem einen oder anderen Reise-Enduristen wegen der nötigen Kettenpflege auf Reisen etwas nerven, denn er lässt sich wegen des unter dem Motor angebrachten Auspufftopfes auch nicht nachrüsten. Die Frontscheibe lässt sich in sieben Stufen verstellen und schützt gut gegen den Fahrtwind.
Kein Hauptständer
Aufpreispflichtig sind Heizgriffe, Quickshifter, Reifendruckkontrolle und natürlich das wie immer bei Triumph reichlich vorhandene Zubehör wie etwa das erwähnte ein Koffersystem. Nettes Gimmick nebenbei: Die Blinker besitzen eine Funktion, die man schon länger bei Autos kennt: Einmal kurz antippen und dann wird dreimal geblinkt, fertig.
Für die von Triumph aufgerufenen 8.800 Euro (plus Nebenkosten) bekommt man also ein schickes, gut ausgestattetes und bestens motorisiertes (Einstiegs-)Motorrad. Der Preis lässt sich mit einigen Extras aber auch schnell über die 10.000-Euro-Grenze treiben. Der Verbrauch pendelte sich bei unseren Touren bei 4,9 Liter ein, womit man gut 300 Kilometer weit kommt. Einziges echtes Manko aus unserer Sicht: der fehlende und nicht nachrüstbare Hauptständer.
Fazit: Mit der Tiger Sport 660 ist Triumph ein schöner Wurf in der Mittelklasse gelungen, der viele Biker ansprechen dürfte, ein schicker Alleskönner zu einem vertretbaren Preis.
Triumph Tiger Sport 660 – Technische Daten:
Motor: Flüssigkeitsgekühlter Dreizylinder-Reihenmotor, 660 ccm Hubraum, vier Ventile pro Zylinder, 59 kW/81 PS bei 10.250 U/min., max. Drehmoment 64 Nm bei 6.250 U/min; Einspritzung, 6 Gänge, Kette.
Fahrwerk: Stahl-Rohrrahmen, Upside-Downgabel 41mm, 15,0 cm Federweg; Zweiarmschwinge aus Stahl, Zentralfederbein, 15,0 cm Federweg; Doppelscheibenbremse vorne 310 mm, Einscheibenbremse hinten 255 mm.
Maße und Gewichte: Radstand 1.418 m, Sitzhöhe 840 mm; Gewicht vollgetankt 209 kg, zul. Gesamtgewicht 430 kg, Tankinhalt 17,2 l.
Messwerte: Höchstgeschwindigkeit 196 km/h, Beschleunigung 0 – 100 km/h: 4,1 sek, Testverbrauch 4,9 l/100 km, Reichweite ca. 300 km.
Preis: ab 8.800 Euro.
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