Mit dem EX30 denkt Volvo das (E-)Auto neu. Vor allem die Bedienung fordert Umgewöhnung. Ein Fahrbericht.
Der EX30 ist für Volvo ein besonderes Auto. Nicht nur, dass man sich in die Kompaktklasse vorwagt, auch das Bedien- und Raumkonzept ist ein gänzlich neues. Anzeigen hinter dem Lenkrad gibt es keine mehr, Knöpfe und Schalter wurden weitgehend eingespart und wer die Geschwindigkeit ablesen will, muss den Blick ein wenig nach rechts richten, wo der zentrale Monitor das Tempo anzeigt. Ein Head-up-Display gibt es nämlich nicht mehr. Sogar die Außenspiegelverstellung wird über das Display angesteuert und per Tasten am Lenkrad ausgeführt.
Hier geht es zum Test-Tagebuch des Volvo EX30
An all dies (und noch mehr) muss man sich gewöhnen, und das dürfte sowohl für Volvo-Fahrer als auch für alle anderen gelten. Am ehesten erinnert das Bedienkonzept an das von Tesla. Wir wurden während unserer 14 Tage Testzeit nicht so richtig warm mit dem Konzept, wir geben aber auch zu, dass wir Freunde von Tasten und Schaltern sind, da deren Bedienung einfach weniger ablenkt als das ständige Tippen auf einem Touchscreen.
Vor allem die Tasten für die Scheibenheber suchten wir ständig am gewohnten Platz an der Tür – im EX30 verstecken sie sich nicht sehr griffgünstig an der mittleren Armlehne. Stattdessen tun sich vor Fahrer und Beifahrer weite Plastiklandschaften auf, die bisweilen anfällig sind für Schmutz und Abdrücke.
Volvo EX30: Neues Bedienkonzept
Diese Innenraumgestaltung ist freilich Geschmacksache – wenden wir uns indes den Fakten zu. Vorstellig wurde der EX30 in der Redaktion als Single Motor Extended Range, heißt: ein Permanentmagnet-Synchronmotor an der Hinterachse mit 200 kW Leistung, 343 Newtonmeter Drehmoment und ein Akku mit 69 kWh Kapazität, davon 64 kWh nutzbar. Als maximale Reichweite gibt Volvo 476 WLTP-Kilometer an, was sich ziemlich exakt mit den Angaben des Bordcomputers nach der Vollladung deckt. Diese Angabe hat er freilich nicht erreicht; wir steuerten die Ladesäule nach etwas mehr als 300 Kilometer an, mit 16 Prozent Rest-SoC. Dazu später mehr.
An Bord des Testwagens befand sich außerdem die Top-Ausstattung Ultra (3.600 Euro Aufpreis), die gleich einen 22-kW-AC-Bordlader mitbringt – für das Laden an öffentlichen Ladesäulen wegen der Blockiergebühr sehr praktisch.
Die 200 kW des Motors verleihen dem EX30 eine schöne Agilität, die vom oben und unten abgeflachten Lenkrad unterstrichen wird. Die Bremsen geben eine gute Rückmeldung; auf Wunsch kann man einen One-Pedal-Drive-Modus aktivieren. Dann bremst das Auto bis zum Stillstand. Das Fahrwerk ist eher auf Komfort ausgelegt, meistert aber auch schnellere Kurven souverän. Die Lenkung vermittelt ein gutes Fahrbahngefühl. Das Platzangebot vorne ist üppig, das Raumgefühl auch wegen des Glasdaches großzügig; allein die Beinfreiheit auf der Rückbank ist wie der Einstieg ein wenig eng.
Verbrauch: 19,7 kWh (mit Ladeverlusten)
Volvo gibt einen Normverbrauch zwischen 17 und 17,5 kWh je 100 Kilometer an. Auf unserer Messfahrt über 100 Kilometer (Stadt, Autobahn, Landstraße) kamen wir laut Bordcomputer letztendlich auf einen Verbrauch von 18,4 kWh. Bei Temperaturen von 18 Grad ist das durchaus okay. Dieser Wert bestätigte sich auch auf unseren täglichen Fahrten. Mit Ladeverlusten kamen wir letztlich auf einen Wert von 19,7 kWh.
Den Schnelllader (EnBW; 300 kW) haben wir mit einem Rest-SoC von 16 Prozent angesteuert. Laut Volvo soll der EX30 mit maximal 153 kW laden, was er an diesem Morgen nicht ganz schaffte. Nach verhaltenem Start schaffte er es auf maximal 144,8 kW. Danach ging es auch über die 80-Prozent-Schwelle hinaus gleichmäßig bergab – mit einem kurzen Einbruch, der davon herrühren könnte, dass ein zweiter Stromer an der Säule zu laden begann. Von 16 auf 80 Prozent SoC benötigte der EX30 31 Minuten, liegt also auf dem gleichen Ladeniveau vieler anderer E-Autos. Die durchschnittliche Ladleistung betrug 71,5 kW. Während des Ladevorgangs werden im Fahrzeug der SoC sowie die Kilometer angezeigt.
Erwähnenswert ist noch, dass der EX30 nicht über eine Batterie-Vorkonditionierung verfügt, was zur warmen Jahreszeit kein Problem darstellt. Die Google-Navigation berechnet auf längeren Strecken nur den Bereich auf der Karte, in dem ein Ladestopp nötig wird. Schön ist, dass bei der Zieleingabe auf der Ladestand am Ziel oder an den Zwischenstationen angegeben wird; so lässt es sich gut planen.
Die Warntöne lassen sich leicht abschalten
Schön gelöst hat Volvo übrigens das Thema Warntöne. Auch im EX30 erschallen diese, wenn man die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit um 1 km/h überschreitet. Man kann diese Funktion allerdings abschalten und diese Funktion auf eine Taste am Lenkrad legen – vorbildlich. Dafür nervte der Aufmerksamkeitsassistent zuletzt ein wenig, der schon früh ermahnt, den Blick nicht zu lange von der Straße zu nehmen. Zudem kann er verspiegelte Sonnenbrillen nicht durchdringen und nervt dann ausdauernd. Dann hilft nur, die Schildererkennung abzuschalten.
Wichtig zu wissen ist, dass der 4,23 Meter lange EX30 als Extended-Range-Version eine Anhängelast von 1.400 kg gebremst und 750 kg ungebremst besitzt. Der EX30 mit kleinem Akku (51 kWh/LFP) darf nur 1.000 kg gebremst ziehen. Die Twin-Motor-Variante wiederum 1.600 kg.
Die Stützlast für alle drei beträgt 100 kg. Der Laderaum fasst 318 bis 904 Liter; der Frunk fasst sieben Liter – genug für das Ladekabel. die Sitze lassen sich geteilt umlegen. Die Beinfreiheit auf der Rückbank ist zudem nicht gerade üppig bemessen und die Türöffnung recht schmal – der EX30 ist eben ein Kompaktfahrzeug.
Fazit: Der Volvo EX30 ist vom Bedienkonzept her ein mutiges Fahrzeug; Volvo betritt hier Neuland. Motorisierung, Reichweite, Verbrauch, Ladetempo entsprechen dem heutigen Stand in der Kompaktklasse. Das Volvo-typische Design hat man gekonnt übertragen. Im Fond geht es hingegen ein wenig eng zu. Und: Ein Schnäppchen ist der EX30 nicht. Titelfoto: Volvo
Hier geht es zum Test-Tagebuch des Volvo EX30
Volvo EX30 Single Motor Extended Range – Technische Daten:
Fünftüriger Kompaktwagen mit Hinterradantrieb; Länge: 4,23 Meter, Breite: 1,84 Meter (mit Außenspiegeln 2,03 m), Höhe: 1,55 Meter, Radstand: 2,65 Meter, Gewicht: 1.850 kg, Kofferraumvolumen: 318 – 904 Liter, Zuladung: 390 Kilogramm, Anhängelast: 1.400/750 kg, Dachlast: 75 kg, Stützlast: 100 kg, Frunk: 7 l.
Permanenterregter Synchronmmotor mit 200 kW/272 PS, max. Drehmoment 343 Nm, Automatikgetriebe, Lithium-Ionen Batterie mit 69 kWh., nutzbar 64 kWh, 0-100 km/h: 5,3 sek., Vmax: 180 km/h, max. Reichweite 462 – 476 km (WLTP, kombiniert), max. Ladeleistung 153 kW.
Messwerte: Max. Ladeleistung 11 kW AC, 144,8 kW DC, Ladeleistung (Durchschnitt) 71,5 kW, Ladezeit von 16 auf 80 % SoC: 31 Minuten.
Verbrauch: 17,0 – 17,5 kWh (WLTP), Testverbrauch: 19,7 kWh (Sommer) inkl. Ladeverlusten, Testrunde (100 km): 18,4 kWh, Alltagsverbrauch 18,5 kWh, Reichweite: ca. 350 km.
Preis: ab 41.790 Euro, Testwagenpreis: 52.165 Euro.
Gutes Raumgefühl
Gute Fahrleistungen
Ausgewogenes Fahrwerk
22-kW-Lader (Aufpreis)
Gute Verarbeitung
Enger Fond
Digitale Bedienung
Kein Head-up-Display
Add a Comment