Mit dem EX30 steigt Volvo in ein neues Segment ein. Ein wenig Umgewöhnung ist angesagt – wir haben ihn uns näher angesehen.
Bei Volvo tut sich derzeit einiges. Nicht nur, dass die Schweden mit dem EX30 ihren kleinsten Stromer auf den Markt bringen, sie ordnen auch die Nomenklatur ihrer E-Modelle neu: So wird aus dem XC40 Recharge der EX40, aus dem nur elektrisch angebotenen Coupé-Ableger C40 Recharge wird der EC40. Der bisher zur Identifizierung von E-Autos und Plug-in-Hybriden genutzte Namenszusatz „Recharge“ entfällt. Die Plug-in-Hybride sind künftig nur noch an der Antriebskennung T6 beziehungsweise T8 erkennbar.
Mit der Einführung des EX30 bietet Volvo zudem die Möglichkeit einer 24-Stunden-Probefahrt an. Interessenten können den Volvo EX30 bei teilnehmenden Händlern ab sofort bis zu 24 Stunden testen. Gegenüber einer herkömmlichen Probefahrt von einigen Stunden soll das Kompakt-SUV so „in den eigenen Tagesablauf integriert werden können“, wie der Hersteller mitteilt. Kunden sollen so ein Gefühl dafür entwickeln können, ob die Elektromobilität zu ihnen passt – laden inbegriffen.
Nicht zuletzt soll der EX30 in neue Kundensphären vorstoßen. Denn mit seinem kleinsten E-SUV und einem Einstiegspreis von 36.590 Euro brutto spricht man neue Kundengruppen an. Für dieses Geld gibt es den EX30 mit 200 kW starkem Single-Motor und LFP-Akku mit einer Kapazität von 51 kWh, womit eine WLTP-Reichweite von 344 Kilometern möglich sein soll. Der Akku lässt sich am Schnelllader mit 150 kW laden und schafft die Ladung von 10 auf 80 Prozent in 26 Minuten.
Zwei Akkus: LFP und NMC
Wem das nicht ausreicht, der darf zum Single Motor Extended Range greifen (ab 41.790 Euro) und bekommt einen NMC-Akku mit 69 kWh Kapazität, der 476 Kilometer schafft und den man ebenfalls mit 150 kW laden kann. Auch die Ladezeit von 10 auf 80 Prozent bleibt ähnlich.
Topmodell ist aber der Twin Motor Performance AWD, der 315 kW leistet und den EX30 in 3,6 Sekunden von Null auf 100 km/h schießt. Auch dieser besitzt den NMC-Akku – mit dem Unterschied, dass er mit 175 kW geladen werden kann und für die Ladung von 10 auf 80 Prozent 26,5 Minuten benötigt. Die Reichweite liegt hier wegen des Allradantriebs bei 450 Kilometern.
Angeboten wird auch ein 22-kW-Bordlader, der die Wartezeit an den städtischen Ladern halbiert. Diesen liefert Volvo allerdings erst in der 3.600 Euro teureren Version Ultra. Und die wiederum nur in Kombination mit der größeren Batterie, was den Preis der 272-PS-Version auf 48.990 Euro treibt. Eine Wärmepumpe ist bei den Modellen mit 69-kWh-Akku serienmäßig an Bord; für die Basisvariante gibt es sie nicht einmal gegen Aufpreis. Bidirektionales Laden gibt es im EX30 gar nicht.
Wärmepumpe nicht für die Basisvariante
Design und Abstimmung des EX30 stammen wie üblich von den Schweden, technisch jedoch basiert der kleine SUV auf der SEA-Plattform der chinesischen Konzernmutter Geely, die unter anderem der neue Smart nutzt. Im Interieur fällt besonders das Cockpit auf, das nach Tesla-Vorbild keinen Monitor hinter dem Lenkrad, sondern nur noch ein Pad in der Mitte bietet. Dort verstellt man auch die Außenspiegel und vieles mehr. Die Fensterheber lassen sich nicht mehr an der Armlehne verstellen, sondern in der Mittelarmlehne. Und das Lenkrad könnte mehr axialen Spielraum haben, denn die Knie großer Fahrer/innen stoßen schnell an die vordere Verkleidung.
Anders als in vielen Autos chinesischer Herkunft bevormunden die Assistenten den Fahrer nicht ständig, sondern greifen nur sanft ein. Klar, auch im EX30 bimmelt der mittlerweile gesetzlich vorgeschriebene Tempowarner, sobald ein km/h zu viel auf der Anzeige steht. Aber mit nur zwei schnellen Klicks ist er ebenso wie der Spurhalter stummgeschaltet. Gleiches gilt für den Aufmerksamkeitswarner, der ebenfalls erklingt, falls man den Blick zu lange von der Straße nimmt. Eine von beiden Abschaltfunktionen lässt sich aber auf die frei programmierbare Taste am Lenkrad legen. Schöne neue Welt.
EX30: Umweltfreundliche Materialien
Natürlich wird es kein Käufer bei den Einstiegspreisen belassen. Zu lang ist die Liste der Optionen, die vom riesigen, UV-geschützten Glasdach über die Zweifarbenlackierung mit schwarzem Dach bis zu Radkasten füllenden 20-Zöllern reicht. Fast alle Extras sind in den beiden Ausstattungslinien Plus und Ultra gebündelt, die Volvo neben der Basisversion Core auflegt. Wobei der Begriff „Basis“ relativ ist: Alles fürs reine Fahren Notwendige ist auch hier an Bord, samt den üblichen Fahrassistenten und der Google-basierten Navigation, die sich einfach per Sprache bedienen lässt. Natürlich aktualisiert sich die Fahrzeugsoftware Over the Air, lassen sich viele Funktionen wie Standheizung per App fernbedienen.
Zudem gibt sich Volvo Mühe, auch in der Produktion und bei den Materialien umweltfreundlicher zu werden. 17 Prozent des verwendeten Stahls, ein Viertel des Aluminiums und 17 Prozent der Kunststoffteile des Autos bestehen aus wiederverwerteten Materialien, darunter Fischernetze, ausrangierte Fensterrahmen, Kork oder alte Kunststoffflaschen. Der Innenraum ist lederfrei; je nach Geschmack sind die Sitze mit glattem Vinyl oder wohnlich weichen Wollstoffe bezogen.
Auf einem ersten Trip rund um Hamburg macht der EX30 auch mit dem Single Motor einen sehr spritzigen Eindruck. Seine Größe macht ihn enorm wendig, vom Antrieb ist nichts zu hören. Das Fahrwerk meisterte alle Fahrbahngegebenheiten ohne zu murren. Etwas lauter wird es lediglich auf der Autobahn wegen des Fahrtwindes. Wegen der Möglichkeit des One-Pedal-Drive braucht man die Bremsen nicht nur in der Stadt kaum. Die Sitze machen einen gemütlichen Eindruck, dies zu beurteilen benötigt es freilich mehr Kilometer am Steuer.
Volvo EX30 – Technische Daten:
Kompaktes SUV; Länge: 4,23 Meter, Breite: 1,84 Meter (mit Außenspiegel: 2,03 Meter), Höhe: 1,55 Meter, Radstand: 2,65 Meter, Wendekreis: 10,7 Meter, Kofferraumvolumen: 318 – 904 Liter, Frunk 7 Liter.
Single Motor:
Batterie: Lithium-Ionen, Kapazität 51 kWh (nutzbar: 49 kWh), max. Ladeleistung 11 kW (AC)/150 kW (DC). Heizung über Wärmepumpe.
Antrieb: Ein Elektromotor hinten, 200 kW/272 PS, maximales Drehmoment: 343 Newtonmeter, 0-100 km/h: 5,7 s, Vmax: 180 km/h, Hinterradantrieb, Normverbrauch: 16,7 kWh/100 Kilometer, Reichweite: 344 km, Preis: 36.590 Euro (Core).
Single Motor Extended Range:
Batterie: Lithium-Ionen, Kapazität 69 kWh (nutzbar: 64 kWh), max. Ladeleistung 22 kW (AC)/175 kW (DC). Heizung über Wärmepumpe.
Antrieb: Ein Elektromotor hinten, 200 kW/272 PS, maximales Drehmoment: 343 Newtonmeter, 0-100 km/h: 5,3 s, Vmax: 180 km/h, Hinterradantrieb, Normverbrauch: 17,0 kWh/100 Kilometer, Reichweite: 476 km, Preis: 41.790 Euro (Core).
Twin Motor Performance AWD:
Batterie: Lithium-Ionen, Kapazität 69 kWh (nutzbar: 64 kWh), max. Ladeleistung 22 kW (AC)/175 kW (DC). Heizung über Wärmepumpe.
Antrieb: Zwei Elektromotoren, 315 kW/428 PS, maximales Drehmoment: 543 Newtonmeter, 0-100 km/h: 3,6 s, Vmax: 180 km/h, Allradantrieb, Normverbrauch: 17,5 kWh/100 Kilometer, Reichweite: 450 km, Preis: 48.490 Euro (Plus).
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