Vom Sound der Elektroautos bis zum Akku-Lab: Wir haben bei Volvo einen Blick hinter die Kulissen geworfen.
Elektroautos sind leise und somit eine potenzielle Gefahr für Fußgänger, die sich daran gewöhnt haben, Autos mit dem Gehör zu orten. Deshalb gilt seit dem 1. Juli 2019 die Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates Nr. 540/2014: In neuen Typen von Hybridelektro- über reine Elektrofahrzeuge bis hin zu Brennstoffzellenautos muss ein akustisches Warnsignal (Acoustic Vehicle Alerting Systems, kurz AVAS) zum Schutz von Fußgängern installiert sein. In den USA gilt eine ähnliche Pflicht ab 2020. Genau zwei Jahre später gilt die in Artikel 8 festgehaltene Regel für alle neuen Hybrid- und Elektrofahrzeuge.
Unterschiedliche Vorschriften
Doch wie sollen die Töne klingen? Darüber machen sich die Hersteller freilich sorgfältig Gedanken. Wir waren zu Gast bei Volvo in Göteborg. Dort werden Töne komponiert, um Radler und Fußgänger zu warnen. Die Vorschriften für den Klangteppich allerdings sind nicht in allen Regionen der Welt gleich. In den USA muss das Auto beispielsweise bei laufendem Motor bereits im Stand zu hören sein und darf erst ab Tempo 30 verstummen. Anders die Gesetzeslage in Europa und China. Nach dem Losfahren bis einschließlich Tempo 20 ist ein Geräusch in einem hörbaren Bereich von 40 bis 60 Dezibel vorgeschrieben. Die Messpunkte liegen in einem Abstand von zwei Metern vorne seitlich vor dem Fahrzeug.
Reifen übertönen den Sound
Schon im Studio müssen die Ohren ziemlich gespitzt werden, um das sanfte Rauschen wahrzunehmen. Denn 60 Dezibel liegen sogar noch unter der Geräuschkulisse einer leisen Unterhaltung. Dementsprechend geht die am Computer komponierte Soundkulisse komplett verloren, wenn ein so ausgerüstetes Auto im Verkehr oder auf regennasser Fahrbahn vorbeirollt.
Deutlich wird das, als Sound-Designer Fredrik Hagman den Klangteppich im Freien ausrollt. Das künstlich erzeugte Motorengeräusch wird komplett davon überdeckt, dass die Reifen den Wasserfilm des Asphalts aufspritzen lassen. „An Töne dieser Art sind die Menschen gewöhnt. Sie erkennen deshalb, dass sich ein Auto nähert. Da müssen keine künstlichen Geräusche zusätzlich erzeugt werden“, sagt Hagman.
Wenn das bedrohliche Ping ertönt…
Anders die Situation beim Rückwärtsfahren. Hier ist es laut Hagman enorm wichtig, die Umgebung mit einem Warnsignal zu sensibilisieren. Bei Volvo steht dieses Signal in ganz enger Verbindung zum Film „Das Boot“. Dort erstarrt die Besatzung immer dann, wenn das bedrohliche „Ping“ ertönt. Zeichen dafür, dass ein Schiff an der Wasseroberfläche das U-Boot mit einem Sonar geortet hatte.
Und fast exakt so klingt es nun, wenn beim XC40 Recharge der Rückwärtsgang eingelegt wird. In kurzen Abständen sendet der Volvo nach dem Vorbild von Lastwagen dann das Warnsignal. Übermittelt werden die Töne von wasserfesten Lautsprechern, die unterhalb des hinteren Stoßfängers montiert sind. Die Fahrgeräusche werden von vorne liegenden Lautsprechern in Fahrtrichtung ausgestrahlt.
Von der Arbeit der Sound-Designer profitieren in Zukunft alle neuen Plug-in-Hybride und E-Fahrzeuge. Volvo hat in dem Zusammenhang bis 2025 pro Jahr ein neues Elektro-Auto angekündigt. Im Vergleich zu 2018 soll der CO2-Ausstoß der Volvo-Flotte dann um 40 Prozent reduziert worden sein. Einen Beitrag dazu leisten auch die Plug-in-Hybride, die in 2020 bereits 20 Prozent des Absatzes ausmachen sollen.
60 Millionen für ein Akku-Test-Lab
Das koreanische Unternehmen LEG und Chinas Vorzeigehersteller CATL sind die beiden Akkulieferanten, mit denen Volvo in Sachen Elektroautos und Plug-in-Hybriden zusammenarbeitet. Damit beide Zulieferer die Anforderungen an Qualität und Sicherheit erfüllen, hat der seit Jahren unter dem Dach des chinesischen Unternehmens Geely beheimatete schwedische Hersteller in Göteborg ein Battery Lab für 60 Millionen Euro eingerichtet.
Getestet werden hier sowohl die kompletten Batteriepacks, die darin verbauten Module sowie die in den Modulen eingesetzten Zellen. Außer der Sicherheit stehen Performance, Haltbarkeit und Ladezeit auf der Liste der zu analysierenden Punkte. Zwar sind beide Zulieferer vermutlich durchaus in der Lage, diese Tests in Eigenregie durchzuführen.
Enge Kooperation mit den Akku-Herstellern
Doch für Volvo ist es nach Angaben von Magnus Johansson, Senior Direktor im Battery Lab, überaus wichtig, wie sich die Akkus samt Zellen in Verbindung mit den Fahrzeugen und deren Software verhalten. „Wir wissen im Detail, was im Auto passiert, wie beispielsweise Elektronik und Kühlung ausgelegt sind.“ Das habe der Hersteller den Zulieferern voraus. Deshalb liefere eine entsprechende Simulation in Göteborg vermutlich bessere Ergebnisse als bei den Batterieexperten. Mit denen arbeite Volvo aber generell sehr eng zusammen, man sei immer im Erfahrungsaustausch.
Zwischen 16 und 18 Monaten im Dauerbetrieb laufen die Testeinheiten für die aus 27 Modulen mit jeweils zwölf Zellen bestehende komplette Batterieeinheit etwa des XC40 Recharge in Göteborg. Große Unterschiede bei der Auslegung der Zellen gebe es zwischen Plug-in-Hybriden und reinen E-Fahrzeugen. Erstere müssten das ständige Auf- und Entladen aufgrund der kleineren Akkus und der daraus resultierenden geringeren Reichweiten besser verkraften als solche, die jetzt beispielsweise im elektrisch angetriebenen XC40 oder auch in den Polestar-Modellen zum Einsatz kämen.
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