Jaguar

Wie Jaguar sich neu erfinden will

Auch bei der britischen Traditionsmarke Jaguar steht eine komplette Neuorientierung an. Dabei geht es nicht nur um Fragen des Antriebs.

Fast alle etablierten Automobilmarken richten sich angesichts der künftigen Herausforderungen neu aus. So auch die britische Traditionsmarke Jaguar. Schon bis 2025 will die britische Marke ihr Portfolio vollständig auf vollelektrische Modelle umgestellt haben. Das Motto der ewig kriselnden Tochter aus dem indischen Tata-Konzern lautet: Alles muss raus, alles muss anders.

Alles muss anders

Wie man hört, soll bis auf den elektrischen I-Pace (Titelfoto) keines der aktuellen Modelle einen direkten Nachfolger erhalten. SUVs und Crossover überlässt Jaguar künftig der Schwestermarke Land Rover. Die Informationen zum neuen Design hören sich spektakulär an. Die kommenden Jaguar-Modelle sollen besonderes cool und dynamisch ausfallen, luxuriös, stilvoll und einzigartig und mit Materialien auf höchstem Niveau. Die Maxime lautet: Bloß keine klassischen Limousinen mehr. Diese dürfen durchaus traditionell sein, aber eben auch etwas völlig Neues. Luxusautos von morgen, die den Markenkern teilen, aber nichts imitieren. Nun ja, das wollen viele, und das kann so ziemlich alles sein. Rund, eckig, flach, halbhoch. Fragt man nach Details, schalten die Verantwortlichen aber auf Niedervolt.

Bloß keine klassischen Limousinen mehr

Fest steht: Jaguar erfindet sich gerade komplett neu. Die „Reimagine”-Strategie, noch vom ehemaligen Jaguar/Land Rover-Boss Therry Bolloré angestoßen, ist ebenso stringent wie ehrgeizig. Bis 2030 will JLR zu 54 Prozent klimaneutral agieren. Bis 2039 dann zu einhundert Prozent. Und zwar in der gesamten Lieferkette. Von den Rohstoffen über die Produktion, den Materialien im Innenraum bis hin zum Vertrieb und Service. Sogar die 12.000 Mitarbeiter in Gaydon werden dann CO2-neutral per E-Bus zum Werk kutschiert, verspricht Francois Dossa, Group Direktor Strategie und Nachhaltigkeit.

Zentral: die Formel E

Ein wesentlicher Eckpfeiler der totalen Transformation soll dabei die Formel E spielen. Die Briten haben sich für weitere vier Jahre zum Engagement in der elektrischen Rennserie entschieden und fahren im Januar in Mexiko City bereits in die neunte Saison. Ein teures Labor. Für zwei Jahre zahlt der Hersteller 25 Millionen Euro, weitere 13 Millionen das Team. Dieses heißt ab sofort Jaguar TCS Racing. TCS steht für Tata Consultancy Services, den künftigen Titelsponsor des amtierenden Vizemeisters.

Bei der Vorstellung des neuen Rennwagens I-Type 6 in London lässt Jaguars ebenfalls neuer Entwicklungschef Thomas Müller dann auch keinen Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Investitionen: „Wir lernen eine Menge in der Formel E”, sagt der ehemalige Audi-Mann, „und alles geht direkt in die Entwicklung unserer Straßenmodelle”. „Race to innovate“ oder auch „Race to road” nennen sie das bei Jaguar. Die Technologie der 350 kW/475 PS starken und bis zu 320 km/h schnellen Generation-3-Autos soll sehr eng mit der künftigen Panthere-Plattform verknüpft sein, die gerade exklusiv für kommende Jaguar-Modelle mit Hilfe von Magna entwickelt wird. Gemeinsame Plattformen mit Land Rover soll es nicht mehr geben.

Keine gemeinsamen Plattformen mehr

Wobei die Transfers vom Racer in die Serie wohl doch eher überschaubar sein dürften. Denn um Kosten zu sparen, treten alle Teams in der Formel E mit Einheitschassis an, Batterien und Großteile der Technik sind ebenfalls gleich. Die meisten Teile wie Elektromotoren, Wechselrichter, Getriebe, Kühlsystem sowie Komponenten der Hinterradaufhängung liefert Williams zu. Aber gerade Akkus, Inverter oder Getriebe wird Jaguar für seine Straßenmodelle definitiv von anderen Herstellern beziehen. Technisch besonders interessant am neuen, 850 Kilo leichten Rennwagen ist die Rekuperation. Sie agiert so leistungsstark, dass keine hydraulischen Hinterradbremsen eingebaut werden müssen. Diese Technologie in die Serie zu transferieren, dürfte aber schwierig werden.

Was bleibt von der Formel E?

So bleiben als Synergien Erfahrungen mit dem Schnellladen, der Stresstest für Akkus unter Extrembedingungen sowie die Weiterentwicklung von Hard- und Softwaretechnologien. Als Partner für Halbleiter ist Wolfspeed in der Formel E neu am Start. Mit den Amerikanern hat JLR gerade erst eine strategische Partnerschaft bekannt gegeben. Der Spezialist für Hochleistungs-Halbleiter hat bereits die Lieferung neuer Siliziumkarbid-Chips für die nächste Generation von Wechselrichtern für kommende Elektromodelle angekündigt.

Man darf also nicht nur gespannt sein, wie das Design und die Innenraumqualität der kommenden Jaguar-Modelle ausfallen, sondern auch darauf, welche Fortschritte die Raubkatzen-Marke ihren Kunden im Antriebsbereich offerieren wird. SP-X/Titelfoto: Jaguar Landrover

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