VW ID.3 Ulbrich

„Wir stehen am Beginn einer neuen Ära“

VW will in den kommenden Jahren Weltmarktführer in der E-Mobilität werden. Ein Gespräch mit Thomas Ulbrich, Vorstand für E-Mobilität.

„Wir stehen am Beginn einer neuen Ära, und Volkswagen geht dabei voran. Das Jahr 2020 ist das entscheidende Jahr des Systemwechsels hin zur E-Mobilität.“ Für Thomas Ulbrich, Vorstand für E-Mobilität der Marke VW, gibt es daran keine Zweifel. Der Konzern wird dafür in den kommenden fünf Jahren 33 Milliarden Euro investieren. 26 Millionen Fahrzeuge mit reinem E-Antrieb sollen im gleichen Zeitraum weltweit verkauft werden. VW geht davon aus, dass bereits bis 2025 etwa 1,5 Millionen Autos der neuen ID-Familie von den Bändern rollen.



Acht Werke sind für die Produktion vorgesehen. Die Vorreiterrolle übernimmt dabei der Standort Zwickau. Hier werden derzeit etwa 100 ID.3 pro Tag gebaut. 3.500 Fahrzeuge seien bereits fertig. Nach der kompletten Umrüstung auf E-Fertigung 2020 ist dort eine Fertigung von 330.000 Fahrzeugen im Jahr geplant. Ende Mai laufe definitiv der letzte Verbrenner in Zwickau vom Band.

Der „Golf des E-Zeitalters“

VW ID.3 Ulbrich
Thomas Ulbrich, Vorstand für E-Mobilität der Marke VW. Foto: Schäffer

Ulbrich: „Anschließend bleiben uns gerade mal drei Monate, um die zweite Produktionslinie auf E-Modelle umzubauen.“ Bis 2022 sollen auch in Emden, Hannover und Dresden, im tschechischen Mlad´a Boleslav, Anting und Foshan in China sowie in Chattanooga im US-Bundesstatt Tennessee Fahrzeuge auf der Plattform des Modularen E-Antriebs-Baukastens (MEB) produziert werden. „Kein anderer Autobauer geht den Systemwechsel ins E-Zeitalter so konsequent an wie wir“, ist Ulbrich überzeugt.

Gleichwohl betont er, dass es jetzt enorm wichtig sei, die E-Mobilität in der Mitte der Gesellschaft anzusiedeln. Der ID.3, den Ulbrich als „Golf des Elektrozeitalters“ bezeichnet, soll von diesem Sommer an genau das erreichen. „Wir halten konsequent an unserem Zeitplan fest“, unterstreicht der VW-Elektrochef, ohne sich auf einen konkreteren Termin festnageln zu lassen. „Sommer ist Sommer“, sagt er.

Die Software-Probleme im Griff

Von außen betrachtet dürfte es aber wohl eher Spätsommer werden. Ob der ID.3 nun zwei, drei Wochen früher oder später auf den Markt kommen, sei nach den Worten des E-Chefs bei einem Projekt dieser Größenordnung auch eher unerheblich. Die immer wieder angesprochenen Probleme mit der Software, bei einem Neuanlauf durchaus nicht ungewöhnlich, hätten die Techniker jedenfalls im Griff.

VW ID.3 Ulbrich
Die Akkus werden im Unterboden der ID-Fahrzeuge platziert. Foto: VW

Einen kleinen Beitrag dazu leistet Ulbrich selbst. „Seit Anfang des Jahres bin ich mit einem ID.3 unterwegs, fahre so gut wie jede Woche von Wolfsburg nach Zwickau und wieder zurück. Alles in allem habe ich inzwischen um die 7.000 Kilometer mit meinem Elektro-Dienstwagen zurückgelegt. Und ich muss sagen, ich komme deutlich entspannter am Zielort an als zuvor. Das Auto ist leiser und ich merke, dass ich aufgrund angepasster Geschwindigkeit durchaus gelassener unterwegs bin.“

Der oberste Versuchsfahrer

Und so bewegt der Vorstand der E-Mobilität sein zweites Dienstfahrzeug, einen VW Touareg inzwischen kaum noch, steigt lieber in den ID.3. Ein wesentlicher Grund dafür ist aber auch, dass Ulbrich seinen ID.3 bis in die letzte Details kennen will, sich irgendwie als eigenen Versuchsfahrer sieht. „Ich bin verantwortlich für den ID.3“, sagt er im Gespräch mit Puls, dem Online-Magazin von DMT. „Ich will und muss sicherstellen, dass der Kunde das bestmögliche Fahrzeug bekommt.“

Auf die Frage, was er denn den Ingenieuren bisher an zusätzlichen Informationen habe geben können, sagt der oberste Versuchsfahrer: „Es gibt schon noch Themen. Und deshalb fallen mir Dinge auf, die aus Kundensicht vielleicht ein wenig anders funktionieren sollten.“ Darüber gebe es nach wie vor einen intensiven Austausch zwischen ihm und den Entwicklern. Um genau diese Themen aus Kundensicht weiter zu vertiefen, gehen in den kommenden Wochen bis zu 250 ID.3 an Mitarbeiter. „Deren Eindrücke und Feedback werden wir nutzen, um bis zur Markteinführung in einigen Monaten am Auto letzte Optimierungen vorzunehmen.“

„Die Softwareentwicklung ist nie abgeschlossen“

Für Thomas Ulbrich ist es dabei absolut unerheblich, ob bis dahin noch vier oder gar sechs Softwareschleifen gefahren werden müssten. „Das hängt letztlich davon ab, wo wir zusätzliches Verbesserungspotential sehen und wo wir auf Vorstandsebene sagen, das passt jetzt so.“ Klar ist seinen Worten zufolge aber auch, dass die Entwicklung auf Softwareebene nie abgeschlossen sei. „Wie bei allen Produkten, die auf Software basieren, wird es in diesem Bereich laufend Verbesserungen geben.“ Ob die dann in der Werkstatt oder wie beispielsweise beim Smartphone over the air eingespielt werden, lasse sich vermutlich nur von Fall zu Fall entscheiden.

Der ID.3 soll den Weg bereiten

VW ID.3 Ulbrich
Die Reihenfolge der Markteintritte. Foto: VW

Das gelte etwas später auch für das elektrische SUV von VW, den ID.4, der für Ende des Jahres avisiert ist, in größerer Stückzahl aber erst im ersten Quartal 2021 auf die Straßen rollt. Bis dahin aber soll der ID.3 schon einmal den Weg bereiten, „die E-Mobilität in die Mitte der Gesellschaft“ zu bringen. Thomas Ulbrich spricht damit die Bezahlbarkeit des Autos an. „Die Gesamtkostenrechnung zeigt: Der ID.3 ist in Anschaffung und Betrieb je nach Modellvariante günstiger als ein vergleichbarer Verbrenner. Die Basisversion mit 330 Kilometern Reichweite (WLTP) und der Batterie mit 45 Kilowattstunden (kWh) kostet nach Abzug der Umweltprämie in Deutschland weniger als 23.430 Euro und liegt damit mindestens, wenn nicht gar unter dem Preisniveau vergleichbarer Modelle wie zum Beispiel dem Golf Life 1,5 TSI oder dem Golf Life 2.0 TDI.

Geld sparen mit Elektromobilität

Der ID.3 mit der mittleren Batterie (58 kWh) und 420 Kilometern Reichweite startet bei weniger als 28.430 Euro nach Abzug der Umweltprämie. Spitzenmodell ist die Version mit dem großen Akku (77kWh), die auf gut 500 Kilometer kommen soll, dann jedoch die 40.000-Euro-Grenze überspringt. Zusätzlich sparen ID.3-Fahrer in Deutschland etwa 840 Euro im Jahr bei den laufenden Kosten. Unter anderem fällt keine Kfz-Steuer an, Ölwechsel sind nicht mehr nötig und der ID.3 wird in eine günstigere Versicherungsklasse (Klasse 17) eingestuft. Auch die Energiekosten sind niedriger.

Silke Bagschick, Leiterin Vertrieb und Marketing Baureihe e-Mobility, sagt: „Der Preis spricht nicht mehr gegen, sondern für das E-Auto. Leasing-Angebote machen den Umstieg einfach und reduzieren die Unsicherheit. In Zukunft wird das E-Auto auch ohne Förderung preislich attraktiv sein.“ Auf die Batterie gibt VW eine Garantie von acht Jahren oder 160.000 Kilometer.

„Wir benötigen Ladesäulen für alle“

Bei aller Euphorie für das E-Auto sind sich die VW-Verantwortlichen einig, dass es bei der Ladeinfrastruktur noch hakt. „Bislang findet der Ausbau noch überwiegend auf dem Papier statt. Da muss endlich der sprichwörtliche Knoten platzen. Wir benötigen Ladesäulen für alle sichtbar in der Fläche. Den Menschen muss die Ladeangst genommen werden. Industrie, Politik und Energiewirtschaft seien in der Pflicht, zu liefern“, bringt es Thomas Ulbrich auf den Punkt. D

er VW-Konzern werde bis 2025 an den eigenen Standorten und mit den Händlern europaweit 36.000 neue Ladepunkte errichten. Dazu gibt es günstige Wallboxen – ab 399 Euro. Und We-Charge-Ladekarten, die in ganz Europa an über 80 Prozent der öffentlichen Ladestationen (mehr als 150.000 Ladepunkte) funktionieren sollen. We-Charge-Kunden können zudem das Schnellladenetz von Ionity (ID.3 und 4 laden mit bis zu 125 kW) zu attraktiven Konditionen nutzen. Abhängig vom gewählten Tarifpaket starten die Preise bei 30 Cent pro kWh. Wolfgang Schäffer

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